Zwölf um ein Bett
in allen scheußlichen Einzelheiten schildern. Ich möchte dir nur von der Nachtschwester erzählen, die da war. Sie hatte von vorn und von hinten die gleiche Figur, trug eine gelbe Hornbrille und hatte eine Nase wie ein Bootshaken. Ehe ich überhaupt den Mund aufgemacht hatte, sagte sie schon: »Nein, wir erlauben kein Geschrei. In jeder Minute bekommt eine Frau ein Kind, Tag und Nacht, darum brauchen Sie sich nicht für etwas Besonderes zu halten. Ich
wünsche kein Geschrei.< Ich wollte gar nicht schreien.
Ich wollte sie nur darum bitten, mir meine Nachtsachen aus dem Koffer zu geben, änderte aber meine Meinung.
Ich war praktisch nahe am Zusammenbruch, aber sie stand über mir, beobachtete mich beim Ausziehen und hatte nur einen verächtlichen Blick für meine Unterwäsche, obgleich ich fest davon überzeugt bin, daß sie besser war als ihre. Als ich zum Bett gegangen war und mich hingelegt hatte, entdeckte ich, daß ich mein Taschentuch vergessen hatte, mußte also wieder aufstehen und mir eins holen. Und denk dir, dies verdammte Weib sah mir zu, wie ich mich zum Schrank hin und zurück schleppte. Bei Gott, wenn sie jemals ein Baby bekommen sollte, wünschte ich ihr nichts Gutes, aber sie wird natürlich nicht, höchstens wenn sie ihr mit Reagenzgläsern kommen.
Brauche ich noch zu sagen, daß sie nicht rechtzeitig den Arzt rief? Das ist ein Lieblingstrick von denen. Sie haben es gern, wenn sie den Arzt gleich mit dem frischgeborenen Baby begrüßen können. Nicht, daß die Schwestern bei mir und David irgend etwas falsch gemacht hätten, aber ich bezahlte ja den Doktor, und er hätte vielleicht die Nachtschwester daran gehindert, mir in einem entscheidenden Moment einen Klaps ins Gesicht zu geben.
Sie wollten mich John am nächsten Tag nicht sehen lassen. Ich hörte ihn vor dem Fenster pfeifen, ehe sie ihn fortjagten. Ich pfiff zurück, aber er konnte mich natürlich nicht hören, und ich wagte nicht aufzustehen, wenn ich es auch gekonnt hätte. Als sie ihn endlich hereinließen, war bereits Teezeit. Er hatte einen schlimmen Tag hinter sich und noch keinen Lunch, darum läutete ich und bat bescheiden um eine zweite Tasse. Die Schwester war nicht eigentlich grob, aber die Tasse brachte sie nicht. Als ich nochmals läuten wollte, hinderte mich John daran; Vorschriften, siehst du. Immerhin, als sie ihn fortschickten, war er so tollkühn, die Schwester zu fragen, ob sie ihm nicht einmal seinen Sohn bringen könnten. Ins Zimmer? Sie war entsetzt. Er könnte mitkommen und David durch ein Glasfenster sehen, wenn er wollte. Beim nächsten Besuch erzählte er mir, sie hätten ihm das Baby hinter einem gläsernen Verschlag gezeigt und es ungefähr eine halbe Minute vor ihm geschaukelt. Der Beschreibung nach war es bestimmt nicht David.
Das sind nur ein paar von den schönen Sachen, die ich da erlebte. Das allerschlimmste war, daß John nicht aufmuckte. Ich redete auf ihn ein, doch Krach zu schlagen. Es war wirklich rührend mitanzusehen, wie er von zwei Gefühlen hin und her gerissen wurde — der Kavalierspflicht mir gegenüber und der Abneigung gegen jede Unannehmlichkeit. Ein einfacher Mann hätte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt. John folgte seinem Gott-segne-die-Demütigen-Prinzip. Damals wurde mir zum erstenmal seine Unzulänglichkeit klar und ihm die meine, als ich nach Hause kam und er merkte, was für eine unfähige Mutter ich war. Jetzt bin ich eine viel bessere. Ich weiß, du denkst, ich mache einen Kult daraus, aber bei meinem Wort Ollie, hör auf niemanden, der dir erzählen will, daß man sich um Kinder kümmern und nebenher noch etwas anderes tun kann. Und das ist auch ein Grund, warum ich ein bißchen Angst vor Johns Rückkehr habe. Ich könnte gleichzeitig eine gute Ehefrau und eine gute Mutter sein, wenn ich nur ein Baby hätte. Wie wird das mit zweien werden? Er ging immer gern mit mir aus, wie du weißt, und nachdem ich meine alte Figur wieder hatte, wäre ich auch gern mitgegangen, aber ich würde nie einen fremden Menschen gegen Bezahlung auf David aufpassen lassen. Schließlich sagte ich, ich wollte es des Geldes wegen nicht, was auch fast der Wahrheit entsprach, aber in Wirklichkeit wollte ich niemandem David anvertrauen. Ich traute kaum John. Ließ ich sie beide allein, weil ich Einkäufe machen mußte, und schrie David bei meiner Rückkehr, gab ich John Schuld daran. Es war nicht sehr anständig, denn er ging besser mit dem Baby um als ich. Allerdings war er närrisch, er setzte ein
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