Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
verpackt, unter Herrn Täppers gastlichem Scheunendach und taten keinen Muckser mehr. Nur der arme Karo jaulte bisweilen leise in seinem Hundeschlaf und leckte sein krankes Bein, nachdem er Theos Taschentuch, das lästige, endlich herunter bekommen hatte.
Keineswegs aber schlief das Dorf Dickendorf, ein Kilometer westlich. Da brannten noch alle Lichter in den Häusern, und da wartete eine auch müdgewanderte Wallfahrt aus Obermauelsbach in tausend Ängsten auf zwölf Buben. Als sie am Abend in Dickendorf angekommen waren, war ihnen dort gleich der Herr Pastor entgegengekommen, um den überraschten Obermauelsbachern von dem Telephongespräch Mitteilung zu machen, das der Pastor von Hinterkessenich am Mittag dieses Tages mit ihm geführt hatte. Die Obermauelsbacher waren sprachlos. Was sollten das für ein Dutzend Jungen sein, die eine Wallfahrt für sich machten? Sie überlegten hin und her und kamen zu keiner vernünftigen Erklärung. Immerhin, der Abend mußte die Lösung des Rätsels bringen. Die zwölf »Verstoßenen« hatten ihr Geheimnis so gut gehütet, daß vorab nicht einmal der Herr Pastor von Obermauelsbach auf den Gedanken kam, das könnten seine zwölf Meßbuben sein. Die Obermauelsbacher waren geneigt anzunehmen, daß die zwölf rätselhaften Wallfahrtsbuben vielleicht gar nicht aus Obermauelsbach waren. Also wartete man vorerst einmal bis zum Abend. Je später es aber wurde, um so besorgter wurden die Obermauelsbacher . Wenn es doch Jungen aus dem Dorf waren? Nach dem Abendessen hatten sich sogar ein paar kräftige Männer aufgemacht, und waren ein Stück die Landstraße hinabgegangen auf die Stadt zu, um die Erwarteten in Empfang zu nehmen. Aber niemand kam. Das Auto des Herrn Täpper war an diesen besorgten Vätern ahnungslos vorbeigefahren.
So lagen die elf »Verstoßenen« schon längst in gerechtem Schlaf, als die Obermauelsbacher mit ihrem Pastor immer noch überlegten, was zu tun sei. Kurz vor Mitternacht wurde dann auch noch einmal der Herr Pastor von Hinterkessenich angerufen, und das Ergebnis dieses Gespräches war, daß ja die Jungen, die der Pastor von Hinterkessenich auf der Wiese angetroffen, auch kleine Schwindler sein konnten, wiewohl sie ein Wallfahrtskreuz bei sich führten. Und die Obermauelsbacher beschlossen, erst einmal zur Ruhe zu gehen. Die Obermauelsbacher Mütter und Väter schliefen in dieser Nacht längst nicht so gut in den Scheunen von Dickendorf wie die elf »Verstoßenen« ein Kilometer östlich in der Scheune des Herrn Täpper . Der nächste Morgen kam. Kaum hatten die Obermauelsbacher in der Kirche von Dickendorf die heilige Messe gehört, da brachte das Telephongespräch mit dem heimatlichen Dorfe die ganze Geschichte der »Verstoßenen« ans Tageslicht.
Fünf von den Zwölf Ausreißern hatten zu Hause den von Willem vorgeschlagenen Zettel hingelegt: »Bin auch nach Heiligkreuz !« und schnell waren die gesamten Übeltäter darauf im Dorfe bekannt. Es waren des Pastors Meßbuben, die da Schule schwänzten und auf und davon waren. Dazu fehlte auch Müllers Karo. So, nun war man im Bilde. Aber wo die zwölf Kerle steckten, das wußte man damit noch immer nicht. Für die Obermauelsbacher Wallfahrt war jetzt guter Rat teuer. Sollte man weiterziehen, und es wurde mächtig Zeit dazu, — oder sollte man nach den zwölf verlorenen Schafen Ausschau halten? Man kam zu dem Entschluß, noch bis Mittag auf sie zu warten und dann mit oder ohne sie weiter zu wallen. »Denn schließlich«, so meinte der Herr Pastor, »sind es ja keine kleinen Kinder mehr .« Nach den Berichten des Pastors von Hinterkessenich und den Telephonaussagen aus Obermauelsbach hatten unsere Übeltäter ihre Wallfahrt gut organisiert und verproviantiert, so daß sie wahrscheinlich nicht zugrunde gehen würden. Einmal mußten sie ja an Land kommen! Solche Meßdiener, nein, hatte der Herr Pastor von Obermauelsbach noch nicht gehabt. Und er wußte nicht, ob er sich mehr über sie erbosen oder freuen sollte. Er neigte aber ganz im stillen mehr zu dem letzteren. Die übrigen Obermauelsbacher aber waren entschlossen, diesen »Saubengels«, falls sie bis Mittag eintreffen sollten, einen »Empfang« zu bereiten, den sie ihr Lebtag nicht vergessen würden . Hingegen die sechs »Auserwählten« platzten vor Neid und Ärger, denn wenn sie auch untereinander sehr entrüstet taten über die Schandtat ihrer Mitbrüder am Altar, so sagte sich doch jeder still für sich, daß die Wallfahrt der zwölf Einzelgänger
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