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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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»Oder sie sind einen andern Weg gegangen«, vermutete der kleine Theo. Nun, das ließ sich jetzt nicht entscheiden, die »Verstoßenen« marschierten weiter zum nächsten Dorf. Das nächste Dorf hieß Mömerzheim . Auch da hatte niemand die Obermauelsbacher gesehen, soviel die elf Buben auch danach fragen mochten. Dann kam Entenpfuhl, dann Litzenrath , alle die Dörfer lagen auf dem Wege nach Heiligkreuz, aber durch keines waren die »ändern« gekommen. Sie mußten einen neuen Weg gegangen sein. Jetzt war Mittag und die »Verstoßenen« hatten Hunger. Also beschlossen sie, zu lagern und die neue Lage zu beraten.
    Weil heute Freitag war, gab es zum Mittagessen die Rollmöpse aus Hermanns Geleebüchsen, die Kieler Sprotten und den Limburger Käse von Fritz. Der neue Plan blieb der alte. Wenn man die Obermauelsbacher verloren hatte, dazu konnte man deswegen jetzt nicht mehr gut zurückgehen. »Da müssen wir uns in Gottes Namen allein bis Heiligkreuz durchschlagen«, meinte Mäxchen Voß, und Willem, der diesmal lieber zurückgegangen wäre, selbst bis nach Dickendorf, wurde überstimmt. Schön, nach dem Mittagessen wurde noch ein halbes Stündchen gerastet, dann ging es mit Gebet und Lied eine Stunde weiter. Und da kam ein Kreuzweg. Links oder rechts! Das war hier die Frage für die »Verstoßenen«. Beide Wege waren gangbare Fahrstraßen, beide sahen gleich aus. Zum Fragen war niemand da. Die Jungen waren auf der kahlen Höhe eines weitgestreckten Bergzuges, auf dem nichts wuchs als Heidekraut und Wacholder. Also, was tun? Die Beratung dauerte lange. Willem war wieder dafür, zurückzugehen. Und wenn ihm auch jetzt nicht mehr so heftig widersprochen wurde wie vorhin, er konnte doch keinen dazu bringen, seinem Vorschlag zu folgen. Also: rechts oder links; Willem weigerte sich, seine Stimme zu geben. »Das ist mir zu riskant«, sagte er. »Wenn’s falsch ist, bin ich wieder der Dumme !«
    Die andern meinten: dann könne man immer noch zurückgehen. Da trat der dicke Emil einmal wieder auf den Plan. Und er setzte seine ganze Autorität dafür ein, daß man rechts gehen müsse. Seine Autorität war ja nun nicht allzu groß, aber wenn man über Willem böse war, und jetzt war man es einmal wieder, hatte der dicke Emil meistens gewonnen. So entschied man sich für rechts. Natürlich war es falsch. Als die »Verstoßenen« aber merkten, daß sie falsch waren, da war es zum Umgehen schon zu spät, da saßen sie bereits wieder dicke in einem neuen Abenteuer drin.

Abenteurer im großen Wald

    Ja, dieser große Wald! Es ist nicht ganz geheuer darin, und er steckt voller Geheimnisse. Wie ein dunkles, dichtes Tierfell breitet und faltet er sich über Bergkuppen und Höhenzüge, wild und finster, wie verfilzt von der Dauer der Jahrhunderte. Freilich, hier und da haben die Zeit und die Menschen ein Loch in seinen Pelz gebrannt, und wenn ihr wie die Krähen, die mit trägem Flügelschlag über den Baumwipfeln hinschweben, oder auch wie die Wildgänse, die im Herbst hoch unter dem dünnen Blau des Himmels mit heiserem Schrei nach Süden fliegen, von oben her auf den dunkeln Wald niedersehen könntet, dann sähet ihr bisweilen die nackte Erde aus dem dunkeln Fell hervorleuchten. Da liegen dann karge Acker und spärliche Wiesen um ein paar Strohdächer und ein kleines Holzkirchlein. Keine große Straße, nur einzelne Karrenwege und Fußsteige winden sich durch die düsteren Täler und klettern über die Berge des großen Waldes zu diesen kleinen Dörfern hin. Nur selten geht ein Mensch auf diesen Pfaden. Wenn aber einer einmal auf dieser Seite unter den finsteren Eichen verschwindet und geht sehr rüstig, dann braucht er doch vier Tage, ehe er zum anderen Ende wieder herausspaziert.
    Im großen Wald, da kann man den Wind mächtig in den Bäumen orgeln hören. Er steckt voller Geheimnisse in seinen Tiefen, und mancherlei Ungeziefer steckt in seinem wilden Pelz, Füchse, auch Luchse und Eber. Ja, vielleicht auch zweibeiniges Ungeziefer, sagen die Dörfler, die um den Wald herum im bergigen Lande wohnen. Darum gehen auch nur so wenige Menschen hinein. Und von denen, die in den kleinen Dörfern tief drinnen wohnen, kommt noch seltener jemand heraus.
    Die Wallfahrt der Obermauelsbacher nach Heiligkreuz war noch niemals durch den großen Wald gepilgert. Wozu auch? Es wäre ja ein mächtiger Umweg gewesen. Wenn man hinter dem Dorf Litzenrath noch eine gute Stunde über die Höhe gepilgert war, wo Heidekraut wuchs und Wacholderbüsche

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