Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
Vom Netzwerk:
Sollte Willem sich getäuscht haben? Schon glaubte er es, aber da knackte es schon wieder in den Zweigen, ein Stein brach oben irgendwo los und polterte ein paar Meter den Hang hinab.
    »Halt! Bleibt mal stehen !« sagte Willem plötzlich mit halblauter Stimme.
    Die »Verstoßenen« sahen verwundert auf und machten halt. »Habt ihr nichts gehört ?« fragte Willem nach einer Weile. »Mir war, als müßte da oben jemand sein !«
    Spähend schauten die Jungen rundum. Aber alles war still, nur das Rauschen des Baches klang von unten aus dem Tale herauf. »Ich hab’ nichts gehört !« meinte Jupp. » Bst ! Seid doch mal ruhig !« sagte Willem wieder und lauschte den Hang hinauf. Oben blieb alles still. Schließlich sagte der rote Philipp: »Du hast dich sicher vertan! Oder es war ein Tier, ein Dachs vielleicht !«
    »Kann sein«, sagte Willem und atmete auf. »Wir wollen weiter !« Langsam kamen die »Verstoßenen« wieder in Gang, aber sie waren nun doch unsicher geworden. Sie äugten dauernd den Hang hinauf und schauten immer wieder nach rückwärts. Der dicke Emil sagte gar nichts mehr, und der kleine Theo suchte Willems Nähe. Unwillkürlich gingen alle schneller, und immer noch hatte Willem das unheimliche Gefühl: Ein Mensch schleicht hinter uns her und belauert uns! Das ließ sich einfach nicht vertreiben. Knack! Da krachte es schon wieder, diesmal hinter den »Verstoßenen«. Diesmal hatten es alle gehört und drehten sich erschrocken um. — War da nicht eine Gestalt plötzlich im Gebüsch verschwunden? Die »Verstoßenen« standen still, und der kleine Theo sah seinen »Hauptmann« mit sonderbaren Augen an. »Kommt weiter !« sagte Willem leise.

    Unruhig eilten die Jungen weiter. Jupp und Franz waren an der Spitze und zogen den Leiterwagen. Dann kam Ludwig, der das Wallfahrtskreuz trug. Der ging heute schon den ganzen Tag für sich und sprach kaum ein Wort. Die andern ließen ihn in Ruhe, sie wußten, daß er um den zurückgelassenen Karo trauerte. Ihm folgten die übrigen »Verstoßenen«, und den Schluß machte Willem, der »Hauptmann«, den kleinen Theo dicht zur Seite.
    »Hast du Angst ?« fragte der Hauptmann leise seinen kleinen Adjutanten.
    »So ein bißchen schon«, gab der zurück. »Ich wollt, wir kämen endlich einmal in ein Dorf .«
    »Sieh mal, Willem, kommt da nicht eine Karrenspur ?« rief Franz plötzlich von vorne.
    »Ja, natürlich, ein bißchen alt schon, aber noch gut zu sehen !«
    »Die geht sicher in ein Dorf !« frohlockte Jupp.
    »Ganz gewiß !« antwortete Willem, »nun aber lustig, ihr Leute, da müssen wir noch hin, ehe es ganz düster ist!«
    Mit frischem Mut wanderten die »Verstoßenen« weiter, mochte hinter ihnen her lauern, wer wollte. Sie kamen ja bald in ein Dorf, oder doch wenigstens in ein Haus, und dann...
    Eben bogen die elf Jungen um eine vorspringende Flanke des Berghanges, da rauschte es rechts im Gesträuch. Da sprang und rutschte jemand den Berg hinab, schlug sich durch das Dickicht, kam auf die Jungen zu, Steine rollten nach... Erschrocken blieben die »Verstoßenen« auf der Stelle gebannt.
    Durch das Unterholz kämpfte sich mit verzweifeltem Bemühen eine Gestalt. Ein Kopf wurde über den Zweigen sichtbar, kaum zu erkennen in der tiefen Dämmerung. Er trug das Gesicht eines alten Mannes. Schweißüberronnen und blutiggerissen von dem dürren Geäst. Ein verwildeter Bart hing ihm ums Kinn. Der Mann hatte offenbar eine entsetzliche Angst. Er keuchte und drängte sich mit aller Kraft durch die dornige Wildnis. Zwei Schritte vor den Jungen sprang er auf den Pfad... und wäre fast hingestürzt, als er die Jungen sah. Er warf die Hände vor das Gesicht, lallte ein paar Worte wie vor irrsinniger Todesangst, die nur der rote Philipp verstand. Erst später erzählte er es seinen Kameraden. »Das Kreuz, das Kreuz! Tut doch das Kreuz weg !« habe er gesagt. Dann, als habe er sich besonnen, raffte er sich auf und schrie, daß es den entsetzten Jungen durch Mark und Bein fuhr: »Lauft, lauft weg! Er wird euch holen, er ist hinter mir her !« Dann war der alte Mann zur anderen Seite des Gebüschs verschwunden, rannte, rutschte und stolperte in die tiefe Talschlucht wie gehetzt von hundert Feinden. »Lauft... lauft !« schrie es noch einmal aus der Tiefe herauf.
    Da überkam auch die erschrockenen Jungen ein grausiges Entsetzen. Sie Hefen, Hefen, als wäre der Tod ihnen auf den Fersen. Das Herz schlug ihnen rasend, die Brust keuchte, aber sie Hefen und ließen nicht nach. Der

Weitere Kostenlose Bücher