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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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schüchtern: »Wie weit ist es denn bis in das nächste Dorf ?«
    »Oje, drei Stunden sicher«, antwortete die Frau. »Da findet ihr nicht hin im Finstern. Ihr seid ja fremd hier !« Aber dann kam der Frau ein anderer Gedanke. »Wißt ihr was !« sagte sie. »Ich bring euch auf unsere Waldwiese hin, da sind Heustadeln, die sind warm. Da schlaft ihr gut. Und morgen in der Früh, da sehen wir dann schon weiter !«
    So stiegen nun die Jungen mit der Müllerin den steilen Berg hinan durch die stille Nacht zur Waldwiese mit den Heustadeln hin. Ganz oben auf der Höhe lagen sie. Über ihnen brauste der Wind in den Eichen und heulte in den Lüften. Es war eine böse Nacht. Seufzend schleppten die »Verstoßenen« sich den Berg hinauf, Ludwig gab auf Karo acht, Willem aber und der dicke Emil keuchten mit dem Leiterwagen hinterher. Endlich sagte die Frau: »So, ihr Buben, da wären wir! Schaut euch die Stadeln an. Seid vorsichtig mit dem Licht! Das Heu ist noch vom letzten Jahr! Kriecht hinein und schlaft euch aus. Betet aber erst euer Nachtgebet, und betet dabei für meinen armen Vater !« Willem gab der Müllerin die Hand, dann beteten die »Verstoßenen« ihr Nachtgebet. Es war das dritte, seit sie von Obermauelsbach weg waren. Dann krochen sie ins Heu. Der Sturm brauste im nahen Wald; am Himmel war kein Stern zu sehen. Huiih ! wie pfiff der Wind über die Höhe. Da konnte man nicht einschlafen, wenn man noch so müde war. Ludwig hockte draußen vor dem Heustadel in der wilden Nacht und hatte Karo zu Füßen, der unermüdlich sein krankes Bein leckte. Neben Ludwig saß Mäxchen Voß. Beide waren in Decken gehüllt. Schweigend schauten sie von der Höhe über die nächtlichen Wälder. Nach einiger Zeit ging der Mond jenseits der Höhen auf; er war im Abnehmen und warf bisweilen sein bleiches Licht gespenstig durch die zerfetzten Sturmwolken. Dann sah man einen Augenblick lang über die schwankenden Baumwipfel hin in die Täler und über die Berge des großen Waldes, wie sie brausend in der Nacht da lagen voll wogender Unrast.
    »Ob wir wohl jemals nach Heiligkreuz kommen !« fragte Mäxchen nach langer, langer Zeit. »Manchmal kommt es mir vor, als wären wir schon eine ganze Ewigkeit von Hause weg .«
    »Mir geht es genau so«, antwortete Ludwig. Und nach einer neuen langen Schweigezeit fügte er hinzu: »Es war ein rechter Blödsinn, daß wir von Hause weggelaufen sind. Daß es uns jetzt so dreckig geht, ist gar nichts anderes als Gottes Strafe !«
    »Meinst du J« fragte Mäxchen.
    »Ja, das mein ich! Und wenn ich erst daran denke, was die jetzt daheim eine Angst um uns haben, dann wird mir ganz schlecht. Wir Rindviehcher haben ja nicht einmal nach Hause geschrieben, wo wir sind. Junge, was haben wir uns eingebrockt !«
    »Aber Willem ist doch nun nicht allein an allem schuld, wie der dämliche Emil manchmal sagt !« meinte Mäxchen wieder nach einer erneuten Pause. »Quatsch! Schuld sind wir alle! Er hätte ja daheim bleiben können, der Hampelmann, dann würde auch nicht soviel gemeckert !«
    » Jaja !« gähnte Mäxchen und bekam kaum den Mund mehr zu. Aber da packte ihn Ludwig plötzlich beim Arm. »Du«, flüsterte er, »es ist jemand hier in der Nähe !« Karo hatte nämlich plötzlich seine Wunde lecken aufgehört und horchte scharf in die Nacht... Die Jungen horchten mit. Sie hörten aber nichts. Auch als Karo leise zu knurren begann, hatten sie noch immer nichts vernommen. Es mußte jemand in der Nähe sein. Das war sicher. »Ob wir Willem wecken sollen ?« fragte Mäxchen leise. »Na, laß mal !« flüsterte Ludwig.
    In diesem Augenblick sah der Mond wieder einen Augenblick lang durch die Wolken. Aber der Augenblick hatte genügt für Ludwig. Er sah eine Gestalt tief geduckt unten auf der Wiese stehen. »Unten ist einer !« flüsterte er wieder. »Wo ?« fragte Mäxchen. »Unten neben dem letzten Stadel, in dem Hermann, Philipp und der kleine Theo schlafen .«
    »Was mag er denn wollen ?«
    »Weiß nicht«, flüsterte Ludwig, »aber es wäre gut, wenn wir ein paar Steine hätten !«
    In diesem Augenblick flammte unten gleich neben dem letzten Heustadel ein kleines Flämmchen auf, da zündete jemand ein Streichholz an, aber gleich erlosch es wieder... Dann brannte ein zweites auf. Karo knurrte jetzt wieder... »Mensch, merkst du was ?« flüsterte Ludwig, »da will einer Feuer anlegen! Was machen wir jetzt bloß ?«
    Wieder flammte unten ein Streichholz auf. Diesmal brannte es ein paar Sekunden lang, ehe es

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