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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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wie der Ochsenwagen sie gemütlich hin- und herschaukelte, daß man meinen konnte, zur hohen See zu fahren.
    Aber einstweilen ging es noch immer durch den großen Wald. Mächtig wölbten sich die Äste der herbstbunten Eichen und Buchen über dem ausgefahrenen und aufgeweichten Karrenweg, auf dem man in vielen Windungen talwärts schaukelte. Das muntere Auf und Nieder des holprigen Weges, das Schwanken des langsam dahinwackelnden Wagens machte die »Verstoßenen« unter ihren Regendächern recht vergnügt. Das war eigentlich noch schöner als die Fahrt auf dem Lastauto von vorgestern abend. Wäre nicht Willem gewesen, der, unterstützt von Mäxchen Voß und Ludwig, heftig zum Beten mahnte, weil man doch immer noch auf Wallfahrt sei, so wäre der Ochsenkarren von Hintertuxers Florian bald mit lauter Übermut beladen gewesen. So aber mußte nun einmal wieder der Rosenkranz heran und das Diözesan-Gebet- und Gesangbuch. Aber mit dem Liedersingen war das doch eine bedenkliche Sache. Das Schaukeln und Wackeln des Wagens erzeugte mitten in den frommsten Melodien ein solches Glucksen der feierliebsten Töne, daß man vom Singen bald wieder Abstand nehmen mußte.
    Der Regen trommelte mit eintönigem Geräusch auf die drei großen Schirme. Florians Wagen schaukelte wie ein Schiff auf hoher See, und das alles tat seine Wirkung bei unserer Jungenwallfahrt. Das Gebet wurde müder und matter von Viertelstunde zu Viertelstunde. Als Willem endlich eine Pause einlegte, wurde sie nicht mit Hallo, sondern mit stiller Dankbarkeit hingenommen. Der kleine Theo gähnte zuerst, dann der dicke Emil. Ein wenig später fragte Jupp, ob er das Kreuz nicht ein bißchen hinlegen dürfte und noch ein wenig später war die gesamte Wallfahrt eingeschlafen. Selbst Herr Hintertuxer vorne auf dem Kutscherbrett döste vor sich hin; denn Buff und Bemsel , seine Ochsen, kannten den Weg nach Oderbach alleine. Auch Karo hatte seinen Kopf auf die Vorderpfoten gelegt und träumte von Schinkenknochen und Hundekuchen. Rubedibum ! Das war ein heftiger Stoß. Finchens roter Schirm ging über Bord und mitten in den Matsch. Ein Wasserguß von prachtvoller Ergiebigkeit stürzte auf Willem, Ludwig und Mäxchen nieder. Mit einem Schlag waren sie alle munter.
    »He, Florian«, schrie Willem und versetzte den Hintertuxenschen Rippen einen kräftigen Schups, »he du mußt mal anhalten, da hinten liegt Finchens roter Schirm im Dreck .«
    Nach einer Weile hatte Florian begriffen und sagte: » Heeejup !« und der Ochsenwagen stand still. Willem turnte übers rechte Hinterrad zu Boden, lief schnell zurück. Auf halbem Weg aber erstarrte er wie weiland Lots Weib zur Salzsäule. Er riß die Augen schreckhaft auf, kniff sic wieder zu und tat sie nochmals auf, dann tappte er, ein Bild des Jammers, auf seine erstaunten Kameraden los und sagte mit jammervoller Stimme: »So ‘ne Sauerei! Guckt mal, der Leiterwagen ist futsch !« »Wie, futsch?«

    Auf Florians Ochsenkarren wurde es plötzlich unheimlich lebendig. Zehn Jungen und ein Hund drängten sich an die Rückfront des Wagens und guckten über Bord. Da baumelte ein Strick und schleifte meterweise durch den Dreck, aber sein Daseinszweck, der Leiterwagen, war nicht mehr da! Peinliche Pause! Dann ertönte des dicken Emil lang vermißte Stimme: »Wat denn nu ?«
    »Rindvieh! Wat denn nu ?« erboste sich Willem, »der Wagen muß wieder ran! Den müssen wir jetzt suchen gehen! Los, da hilft alles nichts !«
    »Wer geht denn suchen ?« fragte der dicke Emil, und seine Stimme wurde seltsam spitz. »Ich auf keinen Fall, das können die tun, die den Wagen angebunden haben !«
    »Gut«, sagte Willem, »wer hat das denn gemacht ?«
    Zuerst wußte es keiner mehr, aber dann grinste der rote Philipp ein bißchen dreckig und sagte ganz ergeben: »Das war ich, und geholfen hat mir der dicke Emil !«
    O, wie brüllten die »Verstoßenen«! Emil wurde bleich! Tatsächlich, jetzt fiel es ihm wieder ein, den Leiterwagen hatte er mit Philipp angeseilt. Das war Pech!
    »Also komm, mein Junge !« krähte Philipp! Und seufzend mußte der dicke Emil in den Matsch hinunter. Willem schloß sich hochherzig an.
    Es dauerte über eine halbe Stunde, ehe die drei mit dem verlorenen Sohn zurückkamen. Als der Wagen wieder gut vertäut war, sagte Philipp: »Der Rollschinken ist heidi, den hat ein Fuchs geklaut. Wir konnten ihn gerade noch wegschnüren sehen !« Philipp drückte sich immer waidgerecht aus. Der Jagdhüter Mais war sein Patenonkel.
    »Wo war die

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