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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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hinter ihre Maske schauen lassen.
    Ohne Sorge, Sohn des Friedens. Nichts ist ohne Grund. Schleier werden fallen.
    »Babu, wir müssen gehen. Die Sonne steht schon hoch.«
    »Was? Ja. Aber wie   … und Felt?«
    Er lag da, mit seiner verbundenen Hand, und träumte vor sich hin.
    »Ich nehme ihn«, sagte Reva und hockte sich zu Felt. Sah ihn an. Sprach leise mit ihm. Ob Felt den Sinn der Worte begriff, war nicht ersichtlich, aber als Reva sich langsam erhob, kam auch Felt schwerfällig auf die Füße. Als er endlich stand, wirkte Reva noch kleiner. Sie machte einen Schritt rückwärts, ohne Felt aus den Augen zu lassen. Er folgte. Zwei Schritte, er folgte, gehalten und gezogen von ihrem Blick. Sie lächelte und begann rückwärts den Pfad hinaufzugehen.
    »Du wirst selber laufen müssen, Babu«, rief sie, die hellen Augen fest auf Felt gerichtet. »Ich kann nur einen führen. Aber ich wäre dir dankbar, wenn du achtgibst, dass ich nicht in den Berst falle.«
    Babu raffte Felts wenige Habseligkeiten zusammen und warf sie in die Tasche, trat das Feuer aus und nahm auch noch mit, was vom Holz übrig war, für alle Fälle. Dann lief er den beiden hinterher.
    »Gehen wir nun zur Stadt?«
    »Was dachtest du, wohin dieser Pfad führt? Natürlich gehen wir nach Wiatraïn. Nur etwas langsamer als gedacht.«

TEIL FÜNF

 
    ERSTES KAPITEL
WUNDERT EUCH
     
    Felt kam aus dem Tritt. Er sah nichts, hatte aber das Gefühl, gleichzeitig vorwärts und rückwärts zu gehen. Er strauchelte.
    Er wurde gestützt. Aufgefangen.
    Er hörte eine Stimme: »Felt!«
    Er hörte eine andere Stimme: »Ist er wach? Ist er zurück? Er ist schwer!«
    Er versuchte sich zu bewegen. War er gefesselt? Nein. Doch. Halb. Er konnte sein Schwert nicht greifen. Er tastete mit der Linken, da war es.
    »Was hast du vor? Bist du verrückt? Lass das Schwert stecken!«
    »Felt, komm zu dir!«
    »Wo bin ich? Ich sehe nichts.«
    »Du hängst in meinen Armen. Aber nicht mehr lange.«
    Er wurde geschoben, er spürte Hände im Rücken.
    Er stand.
    Revas Gesicht tauchte aus dem Dunkel auf, blieb noch schemenhaft, aber Felt konnte erkennen, wie sie zu ihm aufschaute. Er drehte sich um.
    Hinter ihm stand Babu und keuchte. Seine verschwommeneGestalt nahm mehr und mehr Kontur an und allmählich verzog sich die Dunkelheit vor Felts Augen. Aber als er schließlich sehen konnte, was hinter Babu war, weit hinter ihm, warf es Felt beinahe wieder aus dem gerade zurückgewonnenen Gleichgewicht.
    Aus einem dunstigen Weiß erhob sich auf einem mächtigen Stamm die entlaubte Krone eines Baums. Eines Baums von solch gigantischem Ausmaß, dass Felt glaubte, sein Gefühl für Entfernungen, für Größenverhältnisse habe ihn verlassen. Denn wenn nicht, dann musste dieser Baumriese hoch wie die Randberge sein, und die knorrigen Äste, die sich teils weit hinauf in ein unendliches Blau streckten und teils bis hinab auf den gleißend hellen Grund reichten, mussten länger sein als   …
    Er gab es auf. Es gab nichts in Felts Welt, das einem Vergleich standgehalten hätte.
    »Beeindruckt?«, fragte Babu mit einem Lächeln. »Ich hatte schon Zeit, mich an diesen Anblick zu gewöhnen. Von dort sind wir gekommen. Erst dachte ich, wir wären auf einem Berg.«
    »Was?«
    »Du hast den Steig gefunden, Felt. Den Vergessenen Steig. Den man nur finden kann, wenn man nichts von ihm weiß. Nicht einmal dann, man muss
sich selbst vergessen
, dann findet einen der Weg   … Reva hat es mir erklärt, sie durfte dir vorher nichts sagen, sonst hätte es nie geklappt. So oder so hast du etwas Unmögliches geschafft. Du hast uns aus dem Nebelwald heraus- und ein gutes Stück diesen steinernen Baum hinaufgetragen, aber daran erinnere ich mich nicht. Als ich aufwachte, waren wir bereits dort, auf diesem gewaltigen Stamm, und alles Land war verschwunden.«
    Felt schwankte, denn nun glaubte er zu erkennen, worauf er stand   …
    »Jedenfalls«, sprach Babu weiter, »sind wir dann über einenmächtigen Ast weitergegangen, der wie eine lange, gebogene Brücke war. Bis wir hierhergelangten, auf die   …«
    »…   Wolken«, vervollständigte Felt. Sie standen auf Wolken. Er hatte das Gefühl, ins Bodenlose zu fallen. Felt schnappte nach Luft. Er stand im Nichts. Oder im Berst. Aber das Nichts und der Berst, das war eins.
    Babu wollte gerade noch etwas sagen, als sich eine heftige Bö auf die drei stürzte. Felt machte instinktiv einen Ausfallschritt, um einen besseren Stand zu haben, Reva duckte sich. Der

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