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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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erhoben, und staunte. Er spürte es deutlich, er war jetzt an dieses Schwert gebunden und es an ihn. Er würde in seinem Leben keine andere Waffe mehr führen als diese, und wenn dieses Schwert zerbrechen würde, wenn es verloren ginge, ihm im Kampf abhandenkäme   – dann wäre auch der Soldat Felt Vergangenheit.
    Er hatte den Arm sinken lassen und auf die gesenkten Häupter der Männer geblickt. Es war wie ein kurzer, tiefer Traum gewesen: Remled, Borger, Dem und Marken waren auf die Knie gefallen. Felt sah sich einen Wimpernschlag lang über den anderen stehen, das lange Schwert in der blutenden Hand   – es war ein Blick durch einen Spalt in der Zeit, der sich sogleich wieder geschlossen hatte.
    Borger pfiff. Felt zuckte. Drei junge Burschen schleppten eine gerüstete Strohpuppe heran und verschwanden ebenso schnell wieder in den Schatten der Hadred, wie sie gekommen waren.
    »Zeig uns, was Anda kann«, sagte Marken.
    Nur zu gern. Es war immer gut, auf etwas einzudreschen, das machte den Kopf klar. Felt hieb auf den Helm. Er schlug auf das Schulterstück. Er stach in die Brust. Die Klinge ging durch den Stahl der Panzerung wie durch gespannte Leinwand.
    »Ich denke«, sagte der blinde Schmelzer, »Ihr habt gute Chancen, zu uns zurückzukehren, Wachmeister.«
    »Nun, Meister Dem«, sagte Felt, »wir suchen Quellen auf, wo auch immer die sein mögen und was auch immer das bewirken mag. Wir ziehen nicht in den Krieg.«
    Im Schweigen der Männer klangen Felts Worte hohl. Dennoch, es war an der Zeit, wieder auf den Boden zu kommen. Die Männer hatten eine Art, geheimnisvoll zu tun, die Felt seltsam anging. Die Waffe war beeindruckend, aber es war keinZauber, der sie so mächtig erscheinen ließ, sondern vollendete Handwerkskunst und dazu lebenslanges Training, das ihn, Felt, befähigte, sie zu führen.
     
    Das jedenfalls hatte er sich eingeredet, als er durch die stille Stadt nach Hause ging, und das sagte er sich auch jetzt wieder, als sie in der blassen Morgensonne den Pfad zum Pass hinaufritten. Ein Schwert ist ein Schwert ist ein Schwert. Er löste seine Gedanken von Anda, ließ die Schultern kreisen und reckte den Hals, aber es half nicht viel, die Anspannung blieb im Körper hängen. Sie zogen nicht in den Krieg, sie gingen nach Pram   – und dann weiter, zu den Quellen, zu den Anfängen. Die scheinbare Schlichtheit dieser Aufgabe stand in merkwürdigem Widerstreit zum Druck, den die Undae ausgeübt hatten, zur Eile, die sie forderten, zum Unwohlsein, das Felt mit sich schleppte. Aber Felt konnte diese Empfindung nicht herauslassen wie Kersted, das war nicht seine Art. Er richtete sich im Sattel auf, sah nach vorn, lenkte die Gedanken auf das, was einfacher erfassbar war, was direkt vor ihm lag: Heute noch würden sie den Pass überqueren und das Höhenlager an der Westseite der Randberge erreichen.
    Die Westhänge zeigten ein vollkommen anderes Gesicht als die Ostseite, an der die Welsen lebten. Sanft, in langen Wellen floss das Gebirge in die Ebene, und kaum dass der Schnee geschmolzen war, überzog ein Teppich aus frischem Grün, blühenden Kräutern und Blumen die Kuppen und Senken. Die Nukks wussten das, es war nicht nötig, sie anzutreiben. Als der Treck die First Bligren passierte und von den hohen Türmen herab mit einem doppelten Stoß aus langen Hörnern gegrüßt wurde, beschleunigten die Reittiere die Gangart. Immer noch stand ihnen die Sonne im Rücken und ließ sie in ihre eigenen, lang gezogenen Schatten treten. Vier Stunden war der Tag erstjung, aber nun würden sie laufen, laufen, bis das Abendrot die tiefen Ebenen der Aschenlande in ein Meer aus glühendem Staub verwandelte. Mit Sonnenuntergang würden sie das Höhenlager und die Vegetationsgrenze erreicht haben und dort bleiben, drei oder vier Tage, bis die Nukks sich so satt gefressen hatten, dass sie zum Weitergehen bewegt werden konnten. Dort würden auch die Welsen rasten und für die trostlose Passage Kräfte sammeln. Sie würden in den Himmel sehen, denn es war schmerzhaft, hinunter in das verwüstete Land zu schauen, das sich vom Fuß der Berge gen Westen bis zum blassen Band des Eldrons erstreckte. Der Fluss war verborgen hinter dem Horizont und nur sichtbar für ein inneres Auge, das sich nach dem großen Strom sehnte.
    Auf die Zeit im Lager hoffte Felt; in diesen paar Tagen konnte, musste er mit Estrid sprechen. Am Grundsätzlichen ließ sich zwar nichts mehr ändern, aber eine Versöhnung, ein Einverständnis, sich

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