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Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Zwölf Wasser Zu den Anfängen

Titel: Zwölf Wasser Zu den Anfängen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Greiff
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…«
    Kersted trat ein, auch er seltsam bleich im Fackelschein. Er machte eine knappe, verneinende Kopfbewegung, sagte: »Die Katze ist tot, Kimmed hat sie zur Strecke gebracht. Das Mädchen   –«
    »Silla«, unterbrach Marken.
    »Ja, Silla   …« Kersted holte tief Luft. »Sillas Genick ist gebrochen. Der Sedrabra hat ihr das Gesicht weggebissen.«
    Marken schloss kurz die Augen. Sie war zwölf Soldern alt gewesen.
     
    Felt sah das Durcheinander im Lager, das Flackern der Feuer, sah geöffnete Münder, hörte Rufe, blökende Nukks, das Weinen der Kinder   – und sah und hörte dennoch nichts. NichtsWesentliches. Nicht Estrid und Strem, nicht Ristra. Es war, als hätte er eine Schablone vor den Augen, und erst wenn er sehen würde, was in diese Schablone passte   – Estrid, Strem, Ristra   –, dann würde er auch wieder wahrnehmen können, was nun verdeckt war.
    »Herr Offizier!«
    Felt ging weiter. Es war so dunkel. Wo war der Mond? Warum hatte sich die Welt derart gegen sie verschworen?
    »Herr Offizier.« Jemand fasste ihn bei der Schulter. »Herr Offizier Felt.«
    Zerfurchtes Gesicht, schweißgebadet. Gerder. Wachsoldat. Sein bester Mann. Nahm Haltung an, hielt eine Fackel.
    »Ich bitte Euch, mir zu folgen.«
    Ein stählernes Band legte sich um Felts Herz, zog sich zu. Der Schmerz war so plötzlich, so heftig, dass er sich nicht bewegen konnte. Er atmete tief ein, das Band fiel ab. Gerder wandte sich zum Gehen, sagte: »Gleich hier vorn.«
    Felt folgte, dachte: Mein Herz schlägt nicht und ich kann trotzdem gehen.
    Zwei Soldaten. Einer stehend, der andere kniend. In seinem Schoß der Kopf eines Jungen, zurückgelegt, Mund, Kinn, Hals blutüberströmt. Aber atmend, flach. Zu den Füßen des anderen eine Decke. Darunter ein Körper. Nicht groß.
    Gerder sprach, dumpf, wie hinter einer Wand: »Der Sedrabra ist zwischen die Nukks gesprungen und die waren sofort in Panik. Haben drei Fackelträger überrannt. Basten, der die Biester zuerst gesehen hat: Arm gebrochen, sonst soweit in Ordnung, wird versorgt. Der hier«, er wies mit dem Kinn auf den blutenden Jungen, »Nase gebrochen, wahrscheinlich Rippe angeknackst. Das wird wieder. Wird schon wieder, Junge.«
    Gerder gab die Fackel an den Stehenden, nahm sich den Helm ab, strich sich die schweißnassen Haare aus der Stirn.
    »Aber hier   … hier ist nichts mehr zu machen, Herr Offizier.«
    Er beugte sich vor, griff nach der Decke.
Er würde nicht trösten, er durfte nicht bedauern. Aber er musste die Tatsache aussprechen   …
    »Fenled ist tot.«
    Das kleine Gesicht war entspannt und friedlich, aber so blutleer, dass es fast durchsichtig wirkte. Felt wollte sich zu dem Jungen hocken, fiel aber stattdessen auf die Knie, seine Beine hatten ihn nicht mehr gehalten.
    Gerder sprach weiter, irgendwo über Felt: »Basten hat’s gesehen. Hat’s erzählt. War wirr, muss aber ungefähr so gekommen sein: Die Nukks sind durchgedreht, Fenled ist nur hingefallen, hat sich wieder aufgerappelt. Dann war da ein Schatten vor ihm, groß, grau. Er hat wie wild mit seiner Fackel rumgefuchtelt, hat gebrüllt wie am Spieß, aber der Katze war das egal. Ist einfach immer auf ihn zu. Hat Fenled die Fackel weggerissen. Und den Arm gleich mit. Er ist verblutet. Der Junge   …« Gerder stockte, Felt sah auf. »Er war der Jüngste. Acht.«
    Gerder presste die Lippen aufeinander, eine tiefe Falte stand zwischen seinen Augenbrauen. Er wandte sich ab, blickte auf in den schwarzen Himmel.
    »Die hatten keine Angst vor den Fackeln, vor Feuer.« Gerders Stimme war rau. Felt bedeckte Fenleds bleiches, stilles Gesicht. »Die haben sich draufgestürzt. Nicht auf die Nukks. Auf die Kinder.«
    Am Rand seines Gesichtsfeld nahm Felt ein Schimmern wahr.
    »Wir haben versucht, den Sedrabra zu erwischen«, sagte der kniende Soldat. Seine große Hand lag an der Seite des röchelnden Jungen in seinem Schoß und hielt ihm den schmerzenden Brustkorb. »Aber wir wissen nicht genau, ob’s geklappt hat.«
    »Hab’s noch nicht rausgefunden, Herr Offizier.« Gerder setzte sich den Helm auf. »Die Aussagen widersprechen sich. Angeblich hat einer das Biest mit dem Speer erwischt. Könnte sein, der Speer ist noch nicht gefunden. Vielleicht hat er auch nur ein Nukk getroffen. War alles dunkel und ein großes Durcheinander. Ist es immer noch.«
    Felt erhob sich, sah ein silbernes Leuchten im Augenwinkel.
    »Bringt sie in die Hütte. Wie heißt du, Junge?«
    Der Kleine gab ein gurgelndes Flüstern von

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