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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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Verzweiflung gehört. Das hat mir sehr leid getan. Auch dich habe ich bedauert, denn du bist auf eine Art noch entwurzelter als er. Babu hatte seinen Platz noch nicht gefunden, du wohl. Nun musst du dich neu finden, und ob das gelingen wird, kann niemand wissen. Aber ich traue dir viel zu, Felt, denn dein Wille ist sogar noch stärker als dein Körper. Du warst sehr geschwächt, als du hierankamst, und Babu war fast tot. Er lebt noch, weil du es so wolltest   – verstehst du?«
    Felt nickte. Teleias Augen waren von einem fast magischen Blau.
    »Nun«, fuhr sie fort, »vieles wäre einfacher, wenn er gestorben wäre. Du hast ihn davon abgehalten; du musst nun mit den Folgen zurechtkommen. Babu selbst ist nicht schlecht, aber durch ihn kommt Schlechtes in die Welt. Das hat er erkannt und er will das nicht zulassen. Er ist ungestüm, er ist unvernünftig   – er ist noch jung   – und er ist sehr traurig. Mir ist niemals jemand begegnet, der eine solche Traurigkeit mit sich herumschleppt. Er ist ganz schwer von all der Traurigkeit. Es wird ihm aber nicht gelingen, sich selbst zu richten; der Falke hält ihn zurück und der Falke ist stark. Du jedoch kannst es tun. Wenn Babu also dich bittet, ihn zu töten, dann musst du wissen, dass es darauf keine richtige oder falsche Antwort geben kann. Es kann nur deine Antwort darauf geben.«
    Sie stützte sich mit ihren kräftigen Armen auf und erhob sich. Felt war nicht in der Lage, sich zu rühren.
    »Sei gewiss, Babu wird fragen. Deine Antwort, Felt, wird entweder sein Leben retten oder das vieler anderer.«
14
    Felt hatte seine Rüstung angelegt, sein Schwert genommen und war den Bachlauf hoch bis zur Quelle gegangen. Seit zwei Zehnen hatte er weder Brustschutz noch Waffe angerührt, aber die Zeit des Wartens, Ruhens, Zuhörens war vorüber. Oberhalb der kleinen Badehütte sprang das Wasser zwischen großen Steinen hervor, von denen einer rund war wie ein krummer Rücken. Die Tage waren kurz geworden und die Sonne standschon tief im Westen, obwohl es noch lange nicht Abend war. Die Unda ging langsam neben dem Bachlauf her, das gefrorene Gras knirschte über dem Glucksen des Wassers. Reva hatte die Kapuze in die Stirn gezogen und irgendetwas erinnerte Felt an das Höhenlager und wie die drei Undae dort in den Lendernbächlein gewandert waren. Es schien eine halbe Ewigkeit her zu sein. Hier gab es keine Sedrabras und auch die Landschaft war viel lieblicher als die Westflanke der Randberge   – zudem verflachten diese Hügel nicht zu einer Aschewüste, sondern wurden zum Tal der Weißen Aelga, die schließlich in den Eldron mündete. Felt sah über die mit Raureif und Schnee bestäubten Hügelkuppen, sah in den Senken den Abend sich dehnen und sein Kommen vorbereiten. Er konnte gut nachfühlen, dass man diesen Ort niemals verlassen wollte. Nur war es nicht Felts Ort, sondern ganz allein Teleias. Er musste fort von hier, er war entwurzelt, sie hatte recht, und ob er je wieder nach Hause konnte, war fraglich.
    »Wigo hat in vielem richtig gelegen«, sagte Reva, ohne Felt anzusehen. »Er muss sich lange mit der Bedrohung beschäftigt haben. Es stimmt, wir Undae wussten nicht, wo Asing ist und was sie geworden ist. Wir wussten nicht einmal, dass ihr Dämon der Grund für all das Übel ist. Das Feuer ist uns verschlossen. Sie konnte sich darin vor uns verbergen.«
    Reva schob sich die Kapuze aus der Stirn und sah Felt mit ihren hellen Augen bekümmert an. Er setzte sich auf den runden Quellstein und Reva hielt kurz eine Hand in das eisige Wasser.
    »Wahrhaftigkeit mag verzichtbar erscheinen, wenn Friedfertigkeit, Gerechtigkeit oder Liebe zu versiegen drohen. Die Fähigkeit zur Freundschaft ist bereits verloren und etwas sagt mir, dass auch die Selbstlosigkeit vergangen ist.«
    »Sardes? Tot?«
    Es war keine Überraschung, dennoch legte Trauer eineschwere Hand auf Felts Brustbein. Er musste tief atmen, um den Druck loszuwerden.
    »Ob Sardes tot ist, das lässt sich kaum eindeutig sagen. Er ist hinter den Stein gegangen und Prams Quelle ist versiegt. Ja, das ist geschehen und das kann man ›tot‹ nennen. Endgültig diese Welt verlassen wird er jedoch erst, wenn alles Wasser, das er gesammelt hat, wieder mit den Wassern des Kontinents vereint ist. Es wird aber immer unsicherer, ob das noch geschehen kann.«
    Sie wandte sich wieder ab und schaute in die untergehende Sonne. Im sanften, rötlichen Licht wurden die Narbenranken auf Revas Gesicht fast unsichtbar.
    »Du weißt, ich

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