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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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genug.«
    »Und ich sage«, warf Saiph rasch ein und seine gelben Augen strahlten hypnotisch, »wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Sie hatten einen Euler, das steht fest. Jemand hat überlebt, das steht auch fest. Kein noch so verrückter Kwother würde einen Euler einfach so freilassen. Außerdem ist er zu wertvoll, um ihn zurückzulassen. Und wir alle wissen: An Land schwächt er sich ab. Ich glaube: Er ist da, auf der Insel. Wir müssen ihn im Grunde nur abholen.«
    »Freiwillig werden die den nicht rausrücken!« Kinnig, der Bootsmann, war aus Prinzip auf der Seite seines Kapitäns. Rigl verschränkte die Arme. Saiph hatte im Grunde keine Chance, sich durchzusetzen.
    »Das wäre sehr unwahrscheinlich«, musste Saiph beipflichten. Dabei grinste er allerdings fröhlich in die Runde. Ihr Schiff ankerte in sicherer Entfernung zu den schwarzen Felsen, auf denen das kwothische Wrack nun wieder fast trocken lag.
    »Ja, was denn nun?«, fragte Kinnig an Saiph gerichtet. »Willst du den Euler holen gehen oder nicht?«
    »Kinnig, was sind das für Inseln dort?«, fragte Saiph zurück.
    »Na, die Königsfluchten-Inseln«, antwortete der mit gerunzelter Stirn. Worauf wollte Saiph hinaus?
    »Und was ist auf den Königsfluchten-Inseln?«
    »Na, nichts. Gräber. Die Gräber der kwothischen Könige.«
    »Ganz genau«, sagte Saiph zufrieden, sprach aber nicht weiter.
    »So langsam ist auch meine Geduld erschöpft«, warnte Rigl.
    Saiph hob entschuldigend die Arme. Er und Rigl fuhren seit vielen Soldern gemeinsam zur See; er wusste, wie sanftmütig sein Kapitän war. Aber auch Rigl konnte streng werden und man verscherzte es sich besser nicht mit ihm. Denn Rigl hätte in kürzester Zeit einen neuen Steuermann auf seinem Schiff   – kein Seemann war beliebter, kein Schiffsführer erfolgreicher als er. In Rigls Mannschaft zu sein war eine Ehre. Und außerdem sehr lukrativ.
    »Es ist doch sonnenklar, was ich meine«, beeilte sich Saiph zu sagen. »Das sind arme Schweine, die da Schiffbruch erlitten haben. Auf der Insel ist nichts, nur Gräber und Bäume. Paar Vögel noch. Die, die überlebt haben, wissen genau: Den Firsten können sie dort ohne Hilfe nicht überstehen. Das ist keine Insel zum Leben. Sondern eine für den Tod.«
    Mit erwartungsvoll aufgerissenen, strahlenden Augen schaute er seine Kameraden an. Die kleine, im auffrischenden Wind dicht zusammengedrängte Gruppe der Passagiere beobachtete aus einiger Entfernung die Unterhaltung der Seeleute.
    »Die kommen freiwillig mit«, sagte Rigl endlich und Saiph nickte heftig. »Wird wohl kaum einer nach ihnen suchen, bei der momentanen Lage. Wir retten die überlebenden Kwother und streichen dafür einen Euler als Bergelohn ein. Nicht schlecht.«
    »Was ist also nun?«, fragte Saiph mit vor Aufregung vibrierender Stimme. »Wer ist dafür, dass wir uns den Euler holen?«
    Die Arme der Männer schnellten hoch.
    Rigl lächelte seinem Steuermann zu und nahm ihn beiseite.
    »Deine Beweisführung steht auf sehr wackligen Füßen, Saiph, das wissen wir beide. Aber auch ich sehe die Gelegenheit. Dennoch: Du wirst den Landgang durchführen; du hast die Verantwortung. Die Verzögerung, einen Tag, ziehe ich dirvon der Heuer ab, so oder so. Und du wirst auch unseren Passagieren erklären, warum wir sie nicht   – wie vereinbart und wofür wir eine Menge kassiert haben   – so schnell wie möglich so weit wie möglich von diesem Krieg wegbringen. Sondern warum wir ihre Feinde an Bord holen und sie ihnen vor die Nase setzen.«
    Saiph schloss kurz die Augen und seufzte. Rigl klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Er sah nicht zu den nord-kwothischen Frauen und Kindern, die vom Heck aus die Abstimmung der Seeleute aufmerksam verfolgt hatten und mit großen, fragenden Augen herübersahen. Diese Beschimpfungen konnte sein Steuermann sich selbst abholen.
17
    Saiphs Aufregung nahm zu, als er die umgeknickten und abgeschlagenen Äste sah. Er drehte sich um und grinste: Wenn das kein Euler gewesen war, was dann? An der Stange hatten sie ihn hinter sich hergezogen wie einen tollwütigen Hund, Saiph konnte es sich lebhaft vorstellen. Kinnig, der Saiph folgte, grinste zurück und fuhr mit der Zungenspitze in seine Zahnlücke. Eine regelrechte Schneise war ins Unterholz des dichten Walds geschlagen. Der Euler war stark, aber an Land besser zu kontrollieren als draußen auf See. Wenn sie ihn doch schon hätten! Saiph, Kinnig und zwei junge, kräftige Matrosen folgten der Spur ohne Mühe, aber mit

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