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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. L. Greiff
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mitten in Pram, die Welsin mit den flammend roten Haaren, die Faust am Herzen. Da stand sie abermals, wutentbrannt, beim abendlichen Fest, und klagte den Fürsten an. Und Sardes fühlte eine Sehnsucht, die mehr schmerzte als die sich versteifenden Gelenke. Denn die Welsin erinnerte ihn an die brennende Asing und in ihr wiederum hatte er seine geliebte Asli gesehen   – die so anders war als ihre Schwester und ihr doch zum Verwechseln ähnlich. Er hatte mit angesehen, wie sie zerfiel und wie ihr Herz barst. Da hatte er das Wasser überquellen lassen. Im Grunde waren sie alle gleichzeitig gestorben, alle drei, auch wenn zwischen dem Tod der Schwestern und dem seinen mehr als hundert Soldern lagen.
    Was war die Zeit? Wehmut, mehr nicht.
    Im schwarzen, stillen Wasser spiegelte sich das weiße Licht, das die Undae in die Halle getragen hatten. Als Sardes den schweren Steindeckel über sich schloss, behielt er den Anblick der weißen Flamme vor den Augen: Asli. Sie hatte Erbarmen gehabt. Siewar zu ihm zurückgekehrt und würde ihn nie wieder verlassen. Das war das letzte Bild, die letzte Gewissheit. Das war das Ende und es war nicht schrecklich. Sardes haderte nicht mehr. Diese Welt, diese Zeit ging ihn nichts mehr an.
11
    Die Brände fraßen sich langsam von den Wäldern um Bosre durch die Vorstadt bis nach Pram. Es war jedes Solder dasselbe: Jemand war nicht vorsichtig genug, ein wenig Glut, die vergessen wurde, einige Funken, die nicht verloschen, während der Wind sie weitertrug   – schon brannte der Wald, denn er war trocken, er wollte geradezu brennen am Ende des langen, heißen Lenderns. Man kam damit zurecht und der Eldron war nah.
    Diesmal aber drohte das Feuer außer Kontrolle zu geraten. Zwischen Bosre und Pram stand eine himmelhohe Wand aus undurchdringlichem Qualm; immer mehr Menschen drängten auf der Flucht vor den Bränden aus der Vorstadt nach Pram hinein. Langsam entfärbte der herüberziehende Rauch das Blau der letzten Lenderntage und Ascheflocken trudelten durch die Luft, legten sich auf Schultern und Scheitel. Sie waren leicht wie Schmetterlinge, aber wenn man sie wegwischen wollte, zerfielen sie sogleich zu schwarzem Schmier. Schuld an alldem war nicht der lange Lendern, nicht die Hitze, davon war man in Pram überzeugt. Und erst recht keine unvorsichtigen Holzfäller, denn die kannten ihren Wald und brauchten ihn und wären die Letzten, die ihn in Brand setzen würden. Schuld war die Fremde, die Welsin. Ganz sicher kannte diese Frau, die so groß gewachsen und so unheimlich schön war, einige Zauber, um sich an den alten Feinden zu rächen. Man erzählte sich, sie habe aus purer Bosheit den Fürsten versengt, als der ihr   – respektvoll und in freundlicher Absicht   – die Hand auf den Arm legte. Heiß wie ein glühendes Holzscheit sei ihr Arm gewesen und schwer verletzt seitdem die Hand des Fürsten. Das konnte schon sein, man musste sich nur diese feuerroten Haare ansehen, solche Haare gab es eigentlich nicht. Jedenfalls sollte es sie nicht geben, nicht hier, nicht in Pram. Es war gut und richtig, wie sie es seit Langem hielten: Den Welsen war der Zutritt zur Stadt versagt. Die Fremde, das böse Zauberweib, musste weg.
    Belendra amüsierte sich königlich über die raunende Stimme des Volkes, jedes noch so leise Flüstern wurde ihr von ihren Spitzeln hinterbracht. Sonst war sie oft trübsinnig und verfiel in eine eigenartige Starre, sobald die Kinder nicht in der Nähe waren. Nun umspielte stets ein Lächeln die vollen Lippen, was Estrid schier wahnsinnig machte. Mehr als eine Zehne nach ihrem Ausbruch beim Fest war sie immer noch tief beschämt und wusste sehr wohl, welchen Bärendienst sie ihrem Volk erwiesen hatte. Man sah Estrid nun als Gefahr für Stadt und Fürst, hielt sie für eine böse Zauberin   – sie hatte Misstrauen und Feindschaft neu entfacht, statt Annäherung zu erreichen. Estrid war letztlich doch zu stolz, zu stur, zu sehr Welsin, um diplomatisch zu sein.
    »Ihr habt gewusst, dass es so kommen würde, habt mich in voller Absicht dazu getrieben!«, warf sie Belendra vor, deren Lächeln nicht aus dem Gesicht wich. Sie wanderte durch den abendlichen Garten und fütterte die Vögel mit Obst. Estrid folgte ihr auf Schritt und Tritt.
    »Die Bücher! Ihr habt sie ausgesucht, mich aufgehetzt!« Sie fauchte und Belendra schwieg zu den Vorwürfen, was Estrid noch mehr anstachelte.
    »Ich bin sicher: Alles habt Ihr so geplant. Alles! Von Anfang an! Habt mich halb nackt auf den

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