Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Kind, in dem immer noch Fieberträume rasten, so dass es wild um sich schlug und Laute ausstieß, die, die Frau nie zuvor gehört hatte. Fest hielt Iza das Kind an sich gedrückt, als sie zum Lager zurückkehrte, und versuchte, es mit leisen, kehligen Murmellauten zu beruhigen.
Behutsam, doch mit der Gründlichkeit langer Erfahrung, wusch Iza die Wunden mit einem Stück weicher Kaninchenhaut, das sie in einen Sud tauchte, in welchem die Iriswurzeln gekocht hatten. Dann schöpfte sie das Wurzelfleisch ab, legte es auf die blutigen Stellen am Bein des Kindes, deckte Kaninchenhaut darüber und umwickelte das Ganze, damit nichts verrutschte, mit Hirschhaut, die in Streifen geschnitten war. Mit einem gegabelten Zweig holte die Medizinfrau dann den zerdrückten
Klee, die zerfaserte Erlenrinde und zuletzt die Steine aus der Knochenschale, die neben die Schüssel mit der heißen Brühe zu liegen kamen, damit sie abkühlen konnten.
Creb deutete auf die Schüsseln, nicht um zu fragen, denn selbst ihm war das Wissen wollen über Izas Zaubermittel untersagt, sondern um zu zeigen, dass er ihr Tun achten wolle. Iza störte dies nicht, war der Bruder doch mehr als jeder andere imstande, ihr Wissen zu würdigen, gebrauchte er doch selbst
einige der Kräuter, die auch sie verwendete.
"Das hier wird die bösen Geister vernichten, die Vergiftung bringen", bedeutete ihm Iza und wies auf den reinigenden Sud aus Iriswurzeln. "Und hiervon die Wurzeln auf die Wunde gelegt, zieht das Gift heraus." Sie nahm die knöcherne Schüssel, tauchte einen Finger hinein und prüfte, wie heiß der Aufguss noch war. "Schau, der Klee hier stärkt das Herz, damit die Kleine sich gegen die bösen Geister zu wehren vermag."
Hin und wieder verwendete Iza Gesprochenes, um sich mitzuteilen, besonders aber dann, um dem, was sie meinte, Gewicht zu verleihen, denn die Clan-Leute waren nicht imstande, so unterschiedliche und fein abgestufte Laute oder Verbindungen von Lauten zu artikulieren, als dass man hätte sagen können, sie hätten eine Sprache, die, vom Ohr erhört, in ihrem Sinn entschlüsselt würde. Nein, diese nicht. Vielmehr drückten sie das, was sie mitteilen wollten, häufiger durch Gesten und Bewegungen aus, doch ihre Zeichensprache war umfassend und reich an Bedeutungsmöglichkeiten.
"Klee ist Nahrung. Wir essen ihn oft", machte Crebs Hand. "Ja", nickte Iza, "auch heute. Des Zaubers Kraft liegt in der Zubereitung. Ein großes Büschel Klee wird in wenig Wasser gekocht. Ihm wird entzogen, was nötig ist. Die Blätter werden weggeworfen." Creb nickte bezeichnend.
"Erlenrinde", deutete sie an, "reinigt das Blut und treibt die bösen Geister aus, die es vergiften."
"Du hast aber etwas aus dem Beutel da genommen."
"Ja, gemahlenen Hopfen; hier, die reifen Zapfen mit den feinen Härchen. Das beruhigt, und sie kann schlafen. Denn während die Geister miteinander kämpfen, braucht sie Ruhe", machte Iza und deutete auf das Mädchen.
Creb nickte wieder bedächtig. Dass Hopfen schnellen und tiefen Schlaf brachte und - anders bereitet - auch milde Wirbel im Kopf, und den ganzen Körper leichter machte, wusste auch er. Obwohl auf Izas Zubereitungen immer neugierig, verriet er nur selten freiwillig etwas über die Art, wie er die Zauberkraft der Kräuter einsetzte. Dieses Wissen war geheim, nur den Mog urs und ihren Gehilfen gestattet. Für Frauen war es nicht bestimmt, nicht einmal für Medizinfrauen. Zwar wusste Iza mehr über die wundersamen Kräfte von Pflanzen als er, und es stand zu befürchten, dass sie allzu viel erriet, aber es konnte auch nichts Gutes bringen, wenn sie sich zuviel über seine Kunst merkte.
"Und die andere Schüssel?" Sein Armstumpf hob sich in deren Richtung.
"Da ist nur Brühe drin. Das arme Kind ist ja halb verhungert. Was ihm wohl geschehen ist? Woher kommt es? Wo sind seine Leute? Es muss viele Tage allein umhergewandert sein."
"Das wissen die Geister", antwortete Mog-ur. "Glaubst du, dein Heilzauber wird bei ihr wirken? Sie gehört nicht zum Clan."
"Ich glaube schon. Die Fremdlinge sind uns ähnlich. Mutter hat uns doch von dem Mann erzählt und seinem gebrochenen Arm, den ihre Mutter dann geheilt hat. Und bei ihm wirkte der Clan-Zauber auch, wenn es auch etwas länger dauerte, bis er nach dem Schlafmittel wieder die Augen aufschlug."
"Es ist traurig, dass du sie nie gesehen hast, Iza, die Mutter unserer Mutter. Sie war eine gute Medizinfrau. Auch Leute anderer Clans sind zu ihr gekommen. Jammervoll,
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