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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Ayla. Der Mog-ur trifft jetzt die Vorbereitung und beschwört all jene Geister, deren Namen unaussprechlich sind und welche nur der Mog- ur kennt. Wenn er zu Ende ist, wirst du sterben. Ayla, Mädchen im Clan des Bären, du bist verflucht, du bist zum Tode verflucht."
    Ayla spürte, wie das Blut ihr aus dem Gesicht wich. Iza schrie auf, und der Schrei wurde zu einem langgezogenen Wimmern, einer jammervollen Klage um ein verlorenes Kind. Als Brun die Hand hob, brach ihr Wimmern ab, als wenn Iza eine Axt getroffen hätte.
    "Ich bin noch nicht am Ende", bedeutete der Clan-Führer. In der plötzlichen Stille tauschten die Leute verwunderte Blicke. Was mochte Brun denn noch zu sagen haben? "Nach dem Clan-Brauch ist dieses Mädchen zum Tode verflucht. Doch nirgends ist uns überliefert, wie lange es zu dauern hat." Brun wandte sich zu dem Mädchen. "Ayla, du bist für einen vollen Mond zum Tode verflucht. Gestatten dir die Geister aus dem Jenseitigen zurückzukehren, wenn der Mond einmal all seine Wandlungen vollzogen hat und uns wieder sein Antlitz zeigt, mit dem er uns heute nacht bescheint, dann sollst du wieder unter uns leben." Heftige Erregung schüttelte die Clan-Leute. Das war völlig unerwartet.
    "Richtig", pflichtete Zoug mit verhaltener Gebärde bei. "Es gibt kein Gebot, das verlangt, dass der Fluch für immer gelten soll."
"Aber wie kann denn einer so lange tot sein und dann wieder zu den Lebenden zurückkehren?" wollte Droog wissen. Wären es nur wenige Tage, könnte es noch angehen, meinte der Mann. "Wäre der Fluch nur über wenige Tage verhängt, so erfüllte er nicht das Gebot der Bestrafung", bedeutete ihm Goov. "Es gibt Mog- urs, die glauben, der Geist wandert nie hinüber in die nächste Welt, wenn der Fluch nur für kurze Dauer ausgesprochen wird. Er schwebt dann unter den Lebenden und wartet darauf, dass die Tage verstreichen, damit er zurückkehren kann. Wenn der Geist in der Nähe der Lebenden bleibt, dann
bleibt auch das Böse. Brun hat einen Todesfluch verhängt, dessen Dauer bemessen ist; doch er erstreckt sich über so viele Tage, dass er ebensogut für immer ausgesprochen sein könnte.
Das Gebot ist erfüllt." Broud schubste Goov etwas zur Seite, damit besser zu sehen wäre, was er dazu meinte. 
    "Warum hat er sie dann nicht einfach verflucht?" fuhr seine Hand zornig durch die Luft. "Der Brauch berichtet nichts über einen bemessenen Fluch für jene, die ein Vergehen wie diese da begangen haben", und zeigte abschätzig auf Ayla. "Das Gebot will, dass sie dafür sterben soll. Der Todesfluch soll ihr den Tod bringen. Für immer."
"Glaubst du denn, er wird ihn ihr nicht bringen, Broud? Glaubst du denn, sie wird zurückkehren?" fragte Goov, der sich dem jungen Jäger leicht entgegenstellte.
"Ich glaube gar nichts. Ich möchte nur zu gerne wissen, warum Brun sie nicht einfach verflucht hat. Kann er denn keinen klaren Entscheid mehr treffen?"
Goovs gezielte Frage hatte Broud durcheinandergebracht. Sie deutete das an, worüber sich alle insgeheim Gedanken machten: Hätte Brun einen bemessenen Todesfluch verhängt, wenn er
nicht glaubte, dass das Mädchen wieder zum Leben käme? Die ganze Nacht hatte der Clan-Führer um einen Entscheid gerungen. Ayla hatte das Leben des Kindes gerettet; es war nicht recht, dass sie dafür sterben sollte. Brun liebte den kleinen Jungen, und er empfand dem Mädchen gegenüber ein tiefes Dankgefühl. Doch der Brauch verlangte ihren Tod. Aber ein anderes Gebot wartete noch auf Erfüllung: das der Verpflichtung. Ein Leben für ein Leben. Denn seit dem Vorfall trug sie nun ein Stück von Bracs Geist in sich und hatte Anspruch auf eine Gegengabe, die ihr gliche - sie hatte Anspruch auf ihr Leben.
Erst als der schwache Schimmer des Morgens heraufgezogen war, hatte er endlich einen Ausweg gefunden. Es war schon vorgekommen, dass Männer oder Frauen, über die ein bemessener Todesfluch verhängt worden war, zu den Lebenden zurückgefunden hatten. Es war ein Hoffnungsfunke. Als
Gegengabe für das Leben des Kindes schenkte er Ayla ein Fünkchen Hoffnung. Das war alles, was in seiner Macht stand. 
Es war nicht genug, doch mehr konnte er ihr nicht geben, und es war besser als gar nichts.
    Totenstille hatte sich inzwischen ausgebreitet. Der Mog-ur stand an der Höhlenöffnung. Er sah aus wie der Tod selbst. Uralt, grau und ausgemergelt. Er brauchte kein Zeichen zu geben. Es war getan. Der Mog-ur hatte seine Pflicht erfüllt. Ayla war

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