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Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären

Titel: Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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An dem Tag, an dem sie auserwählt war, einen Hauch vom Geist aller Clan-Glieder und - über den Höhlenbären - des gesamten Groß-Clans in sich aufzunehmen, war ihr Leib mit der schwarzen Salbe gezeichnet worden, die gemengt war aus zerstampftem Braunstein und heißem Fett. Nur zur Feier der höchsten Feste wurde der Leib der Medizinfrau mit diesen schwarzen Zeichen bedeckt; und nur sie durfte den schwarzen Stein in ihrem Amulett tragen.
Ayla wünschte sich von Herzen, Iza würde mit ihnen ziehen. Es machte sie unruhig, zu wissen, dass die Medizinfrau zurückblieb. Allzu häufig wurde ihr ausgemergelter Leib von heftigein Husten geschüttelt.
"Iza, achte gut auf dich", mahnte Ayla mit bittender Gebärde, nachdem sie die Frau umarmt hatte. "Dein Husten ist schlimmer geworden."
"Er ist immer schlimmer, wenn es kalt ist. Du weißt es doch, wenn die Sonne scheint, wird es wieder besser mit mir. Und du und Uba habt mir solche Berge von Alantwurzeln gesammelt, dass es hier gewiß keine Pflanzen mehr geben wird. Sorge dich also nicht um mich", gab Iza mit beschwichtigender Hand zurück.
Doch Ayla wusste, dass Kräuter und Pflanzen die Schmerzen der Medizinfrau nur vorübergehend linderten. Über lange Zeit hinweg hatte Iza ihre Krankheit ständig damit behandelt; die Schwindsucht in ihr war zu weit gediehen, als dass sie noch eine starke Wirkung haben konnten.
"Geh hinaus ins Freie, wenn die Sonne scheint und gönne dir viel Ruhe", drängte Ayla. "Es wird hier nicht viel Arbeit geben. Holz und Nährendes sind in Fülle da. Zoug und Dorv können das Feuer unterhalten, das Tiere und böse Geister abwehren hilft. Und Aba kann das Kochen besorgen."
"Ja, ja", stimmte Iza zu. "Macht jetzt schnell. Brun ist zum Aufbruch bereit."
Ayla nahm ihren gewohnten Platz ganz hinten ein, während alle sie ansahen und warteten.
"Ayla", rief Iza. "Sie können nicht aufbrechen, solange du nicht an deinem richtigen Platz bist", mahnte sie.
Hastig eilte Ayla an die Spitze der Frauengruppe. Ihr war unbehaglich, als sie sich noch vor Ebra einreihte. Sie machte der Gefährtin des Clan-Führers ein Zeichen, das um Vergebung bat, doch Ebra hatte sich längst an ihren zweiten Platz gewöhnt. Dennoch mutete es sie seltsam an, nicht Iza, sondern Ayla vor sich zu sehen; die Frage ging ihr durch den Kopf, ob sie wohl auf dem Zug zum nächsten Miething des Groß-Clans noch dabei sein würde.
Iza und die drei Leute, die zu betagt waren, um die lange Wanderung mitzumachen, begleiteten den Zug bis zum Grat. Dort hielten sie an und blickten den Clan-Leuten nach, bis sie nur noch als kleine dunkle Punkte in der Weite der Steppe auszumachen waren. Dann kehrten sie in die öde gewordene Höhle zurück. Aba und Dorv waren schon zum letzten Miething nicht mitgezogen und waren beinahe verwundert darüber, dass sie noch am Leben waren und noch ein zweites Treffen versäumten. Iza und Zoug jedoch blieben das erste Mal zurück. Immer noch zwar streifte Zoug hin und wieder mit seiner Schleuder durch die Wälder, aber er kehrte jetzt häufiger mit leeren Händen zurück. Dorvs Augenlicht hatte sich so getrübt, dass er gar nicht mehr ausziehen konnte.
Obwohl der Tag warm war, drängten sich die vier Zurückgelassenen eng um das Feuer vor der Höhle. Aber keiner hob auch nur die Hand, um ein Gespräch in Gang zu bringen. Plötzlich wurde Iza von einem Husten gepackt, der ihren ganzen Körper schüttelte. Blutiger Schleim kam ihr von den Lippen. Sie lief in die Höhle und verkroch sich tief in die Schlafmulde. Bald trotteten auch die anderen herein und ließen sich stumm an ihren Feuerstätten nieder. Sie ahnten, dass es lange währen würde, bis die Abwanderer wieder zurückkehrten. Unerträglich lange.
Von der milden Frische des jungen Sommers, der oben im Bergland eben erst aufgeblüht war, konnten die Clan-Leute in den weiten, heißen Ebenen der Steppe nichts mehr spüren. Statt üppig belaubter Bäume und Büsche, statt Tannen und Fichten, deren neue Triebe noch im lichten Grün an Zweigen und Ästen leuchteten, dehnten sich hier bis ins Unendliche bereits brusthoch stehende Gräser und Kräuter, aus denen die Sonne das Grün schon herausgesogen hatte. Dicht verfilzte Matten vorjährigen Wachstums polsterten den Boden und dämpften den Schritt der Clan- Leute, deren kleiner Zug sich schlangengleich durch das grüngoldene Land wand. Selten trübten Wolken den grenzenlos weiten Himmel über ihnen, es sei denn, irgendwo in der Ferne ballte sich ein Gewitter zusammen.

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