Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
Sohnes der Medizinfrau zu werden. Hast du Einwendungen, Broud?"
"Nein", entgegnete Broud mit kurzer unwirscher Geste und machte auf der Ferse kehrt. Wäre er nicht so wütend gewesen, so hätte er vielleicht Einwendungen erhoben. Aber er hatte keine Lust, sich auf ein neuerliches Lobgerede über Ayla einzulassen.
Als er zur Höhle stampfte, sah er zwei Frauen in eifriger Unterhaltung. Er wusste, er hätte wegblicken sollen, doch er hielt die Augen weiter geradeaus gerichtet und tat so, als sähe er die beiden nicht.
"... Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Sie eine Frau des Clans? Und als ich ihr Kind sah... Aber wie sie so furchtlos an den Höhlenbärenverhau herangetreten ist? Gerade so, als hätte sie zu Norgs Clan gehört. Sie zeigte keine Furcht. Ich hätte das nicht gewagt."
"Ich habe eine Weile mit ihr beisammen gesessen. Sie beträgt sich ohne Fehl. Nur einen Gefährten wird sie wohl niemals finden. Sie ist so hoch gewachsen. Kein Mann will eine Gefährtin, zu der er die Augen heben muß. Auch wenn sie eine Medizinfrau von höchstem Ansehen ist."
"Einer der Clans hat sie im Auge, aber es war keine Zeit zur Beratung. Sie wollen einen Läufer schicken, wenn sie sich entschieden haben, sie aufzunehmen."
"Aber leben sie nicht in einer neuen Höhle? Ayla hat sie gefunden. Sie ist groß... "
Broud stampfte an den beiden Frauen vorüber und musste sich sehr beherrschen, die beiden Nichtstuerinnen nicht zu schelten. Doch sie gehörten nicht zu Bruns Clan, und es war nicht ratsam, Frauen eines anderen Clans zurechtzuweisen, ohne vorher die Erlaubnis ihrer Gefährten oder des Clan-Führers eingeholt zu haben.
"Unsere Medizinfrau hat mich wissen lassen, dass sie hohes Geschick besitzt", bedeutete Norg gerade, als Broud in die Höhle trat.
"Sie ist Izas Tochter", gab Brun zurück. "Und Iza hat ihr gute Unterweisung gegeben."
"Es ist ein Jammer, dass Iza nicht kommen konnte. Sie ist krank, ja?"
"Ja, und darum will ich schnell fort. Wir haben einen langen Weg vor uns. Dies war eines der besten Miethings. Es wird lange in uns lebendig bleiben", bedeutete Brun.
Broud wandte den Männern den Rücken zu. Ayla, Ayla, Ayla. Alles dreht sich hier um Ayla. Als hätte keiner außer ihr auf diesem Miething etwas getan. War sie denn Ersterwählter? Wer stand hoch oben auf dem Kopf des Bären, während sie sicher und geschützt auf der Erde weilte? Ist es so eine große Tat, dass sie dem Jäger das Leben rettete? Er wird wohl nie wieder laufen können. Sie ist häßlich, und sie ist zu hoch gewachsen, und ihr Sohn ist eine Mißgeburt, und die Leute hier sollten wissen, wie aufsässig sie daheim ist.
Gerade in diesem Augenblick lief Ayla mit mehreren Bündeln vorüber. Brouds Blick sprühte so brennenden Haß, dass sie zusammenzuckte. Was habe ich getan? schoß es ihr durch den Kopf. Seit wir hier sind, habe ich Broud kaum zu Gesicht bekommen.
Broud war ein ausgewachsener, kräftig gebauter Mann, doch die Bedrohung, die von ihm ausging, war schlimmer, als von ihm geschlagen zu werden. Er war der Sohn der Gefährtin des Clan-Führers; dazu bestimmt, selbst eines Tages ein solcher zu werden. Ähnliches ging ihm durch den Sinn, während er zusah, wie Ayla ihre Bündel vor der Höhle niederlegte.
Nach dem Verzehr packten die Frauen flink die wenigen Geräte, die sie noch gebraucht hatten, zusammen. Brun hatte es eilig aufzubrechen. Ayla tauschte noch einige Grüße mit den anderen Medizinfrauen und Norgs Gefährtin, dann hüllte sie ihren Sohn in das Tragfell und hastete an ihren Platz an der Spitze der Frauengruppe von Bruns Clan. Brun gab das Zeichen, und schon zogen sie über den großen freien Platz vor der Höhle davon. Vor der ersten Wegbiegung hielt Brun an, und sie alle wandten sich noch einmal zur Höhle zurück. Norg und sein ganzer Clan standen auf dem großen Vorplatz.
"Möge der Geist des Großen Höhlenbären euch begleiten", wünschte Norg.
Brun gab den Gruß zurück, und dann nahm man den Heimweg unter die Füße.
Es kam so, wie Brun vorausgesehen hatte - der Heimweg wurde Creb beschwerlich. Nicht mehr beschwingt von Vorfreude, niedergedrückt von dem dumpfen düsteren Wissen, das er für sich alleine behielt, verlangte jeder Humpelschritt dem alten Mann Mühe und Anstrengung ab. Bruns Unbehagen vertiefte sich; niemals hatte er den alten Zauberer so mutlos gesehen. Häufig blieb dieser zurück, so dass Brun einen Jäger ausschicken musste, ihn zu suchen, während der Zug wartete. Der Clan-Führer schlug eine
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