Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
gemächlichere Gangart ein, weil er hoffte, das würde es Creb leichter machen. Doch der war wie ausgebrannt. Den wenigen abendlichen Feiern, die auf Bruns Betreiben abgehalten wurden, fehlte die Kraft. Der Mog- ur wirkte widerwillig, seine Gesten schienen steif, als wäre er mit dem Herzen nicht dabei. Auch fiel es Brun auf, dass Creb und Ayla auf Abstand hielten, und wenn auch Ayla keine Mühe hatte, das Tempo mitzuhalten, so hatte doch ihr Schritt seine federnde Leichtigkeit verloren. Irgend etwas ist zwischen den beiden, mutmaßte er.
Seit der Mitte des Vormittags waren sie durch hohes dichtstehendes Gras gelaufen. Brun warf einen Blick nach rückwärts. Creb war nirgends zu sehen. Er wollte einen der Männer ein Zeichen geben, doch dann hatte er einen Einfall. Er lief nach hinten zu Ayla.
"Kehr um und such den Mog-ur", bedeutete er ihr.
Sie sah ihn erstaunt an, dann bejahte sie mit kurzer Geste seinen Befehl. Sie gab Durc an Uba weiter und eilte den schmalen Graspfad zurück. Weit hinten entdeckte sie Creb. Langsam, schwer auf seinen Stock gestützt, humpelte er heran mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ayla wusste, dass schier unerträgliche Schmerzen ihn seit Tagen peinigten, doch jedes ihrer Angebote, ihm zu helfen, hatte er abgelehnt. Nach den ersten Zurückweisungen hielt sie sich zurück, doch das Herz blutete ihr um ihn. Creb blieb stehen, als er sie sah.
"Was willst du?" fragte er barsch.
"Brun hat mich geschickt."
Creb knurrte nur und setzte sich wieder in Bewegung. Ayla blieb hinter ihm. Sie beobachtete seine mühsamen, schmerzgehemmten Bewegungen, bis sie es nicht mehr ertragen konnte. Sie lief an ihm vorbei und ließ sich ihm zu Füßen fallen, so dass er anhalten musste. Lange Zeit blickte Creb starr auf die junge Frau hinunter, ehe er ihr einen leichten Schlag auf die Schulter gab.
"Will der Mog-ur mich nicht wissen lassen, warum er zürnt?"
"Ich zürne nicht, Ayla."
"Warum erlaubst du mir dann nicht, dir zu helfen?" fragte sie mit flehenden Händen. "Nie zuvor hast du es mir verweigert." Ayla bemühte sich, ihre Fassung zu bewahren. "Ich bin eine Medizinfrau. Ich habe gelernt, jenen zu helfen, die Schmerzen leiden. Zu helfen ist meine Aufgabe. Es schmerzt mich, den Mog- ur leiden zu sehen... Ach, Creb, erlaube mir, dass ich dir helfe. Spürst du nicht, dass mein Herz dir gehört? Du bist für mich wie der Gefährte meiner Mutter. Du hast mir Nahrung und Schutz gegeben, du bist für mich eingetreten, dir verdanke ich mein Leben. Es ist mir verborgen, warum du mich aus deinem Herzen verstoßen hast. Aber ich habe dich nicht verstoßen. Mein Herz gehört immer noch dir."
Tränen hoffnungsloser Verzweiflung strömten ihr über das Gesicht.
Wie kommt es, dass ihre Augen sich immer mit Wasser füllen, wenn sie glaubt, dass ich ihr mein Herz verschlossen habe? Und wie kommt es, dass ich beim Anblick ihrer schwachen Augen immer das Verlangen spüre, etwas für sie zu tun? Haben alle, die zu den Fremdlingen gehören, diese Schwäche? Es ist richtig, nie zuvor habe ich mich gegen ihre Hilfe gestemmt. Warum sollte, es jetzt anders sein? Sie gehörte nicht zum Clan, auch wenn die anderen sie als Clan-Glied aufgenommen haben. Sie wurde den Fremdlingen geboren, und sie wird bis ans Ende ihrer Tage zu ihnen gehören. Sie weiß es selbst nicht. Sie glaubt, sie ist eine Frau des Clans, und sie glaubt, dass sie eine Medizinfrau ist. O ja, sie ist eine Medizinfrau. Mag sein, dass sie nicht von Izas Stamm ist, aber sie ist eine Medizinfrau, und sie hat sich geplagt, eine Frau des Clans zu werden, so schwierig es für sie auch manchmal war. Wie schwer mag es ihr wohl geworden sein? Viele Male haben sich ihre Augen mit Wasser gefüllt, aber wie viele Male hat sie darum gekämpft, das Wasser zurückzudrängen? Immer wenn sie glaubt, dass mein Herz sich ihr verschlossen hat, kann sie es nicht zurückhalten. Kann sie das so heftig schmerzen? Würde mir das Herz weh tun, wenn ich wüßte, sie hätte sich von mir abgewandt? O ja, es würde weh tun. Wenn sie die gleiche Wärme in ihrem Herzen spürt wie ich, kann sie dann so anders sein?
Creb bemühte sich, sie als Fremde zu sehen, als eine Frau, die zu den Fremdlingen gehörte. Aber sie blieb Ayla, das Kind der Gefährtin, die er niemals gehabt hatte.
"Machen wir schnell, Ayla. Brun wartet. Trockne dir die Augen. Wenn wir rasten, bereitest du mir einen Weidenrindentrank, Medizinfrau", bedeutete er ihr.
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Ayla sprang auf und nahm wieder ihren
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