Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
und die niedrige Stirn wirkte noch länger unter dem schütteren Haar. Und es war tiefer Schmerz, der sein einst leuchtend braunes Auge verdunkelte, der sie mitten ins Herz traf. Was hatte sie ihm nur angetan? Oh, wäre sie doch nie bei den Mog-urs gewesen, wünschte sie sich. Die Qual, die sie darob um Creb durchmachte, wenn sie sah, wie sein Körper von Schmerzen gepeinigt wurde, war nichts im Vergleich mit der Qual, die ihr der Schmerz in des Mog-urs Herz machte.
"Was ist, Ayla?" fragte er kurz.
"Mog-ur, ich... ich... " Sie geriet ins Stocken und sprach mit hastigen Händen weiter. "Ach, Creb, ich kann es nicht ertragen, dich so voller Schmerz zu sehen. Was kann ich tun? Ich will zu Brun gehen, wenn du es wünschst. Ich will alles tun, was du mir befiehlst. Nur sag mir, was ich tun soll."
Was kannst du denn tun, kleine Ayla? dachte er. Kannst du etwas daran ändern, dass du so bist, wie du bist? Kannst du den Schaden, den du angerichtet hast, ungeschehen machen? Die Leute des Clans werden untergehen, nur du und die Leute deiner Art werden bleiben. Wir sind eine uralte Art. Wir haben uns an Brauch und an das Überlieferte gehalten, wir haben die Geister und den Großen Höhlenbären geehrt, aber für uns ist es vorbei. Das Ende ist da. Vielleicht hat es so sein sollen. Vielleicht warst nicht du es, Ayla, sondern die Leute deiner Art. Bist du uns darum gebracht worden, es mich wissen zu lassen? Die Erde, die wir zurücklassen, ist vielfältig, grausam und schön; sie hat uns alles gegeben, was wir brauchten. Und jetzt nimmt sie uns zu sich.
Creb schaute zu Ayla herab.
"Es gibt nur eins, was du tun kannst, Ayla", gab der Mog-ur mit langsamer Geste zurück, und sein Auge wurde kalt. "Du darfst nie wieder davon sprechen."
Hochaufgerichtet stand er auf seinem gesunden Bein und mühte sich, seinen Körper nicht allzusehr auf den Stock zu stützen. Dann wandte er sich mit steifer Würde von Ayla ab und hinkte aus der Höhle.
"Broud!"
Der junge Mann ging hinüber zu dem anderen Erdling, der ihn gegrüßt hatte. Die Frauen von Bruns Clan beeilten sich, den Morgenverzehr zu bereiten. Sobald alle gegessen hatten, wollten sie aufbrechen. Die Männer nutzten die Gelegenheit, noch einen letzten Gruß mit den Leuten zu tauschen, die sie nun so lange nicht wiedersehen würden. Manche von ihnen würden sie überhaupt nicht wiedersehen.
"Du hast gut gekämpft diesmal, Broud, und beim nächsten Treffen wirst du Clan-Führer sein."
"Beim nächsten Miething werdet ihr vielleicht ebenso gut kämpfen", gab Broud mit freundlicher Gebärde zurück. "Wir hatten das Glück auf unserer Seite."
"Ja, ihr habt das Glück auf eurer Seite. Euer Clan ist der oberste, euer Mog- ur ist der höchste, selbst eure Medizinfrau steht an erster Stelle. Ja, ihr müßt das Glück auf eurer Seite haben, weil Ayla bei euch ist. Nicht viele Medizinfrauen gibt es, die sich furchtlos einem Höhlenbären entgegenstellen, um einen Jäger zu regten."
Brouds Miene verdunkelte sich. Dann aber erspähte er Voord und lief zu ihm hinüber.
"Voord!" rief er und machte eine Geste des Grußes. "Du hast gut gekämpft diesmal. Es hat mich gefreut, als du vor Nouz erwählt wurdest. Er war gut, aber du warst besser."
"Aber du hattest es verdient, als erster erwählt zu werden, Broud. Dein ganzer Clan verdient den ersten Platz. Selbst eure Medizinfrau ist die beste, auch wenn ich zu Anfang Zweifel verspürte. Sie wird dir eine gute Medizinfrau sein, wenn du Clan-Führer bist. Ich wünsche nur, sie wächst nicht noch höher. Mir wird seltsam zumute, wenn ich zu einer Frau die Augen heben muß."
"Ja, die Frau ist zu hoch gewachsen", gab Broud mit steifer Gebärde zurück.
"Aber so schlimm ist das nicht, wenn sie eine gute Medizinfrau ist."
Broud brachte nur mit Mühe etwas Bejahendes zustande. Dann entbot er noch einen Gruß und ging davon.
Ayla, Ayla, immer nur Ayla, ich habe genug von dieser Ayla, dachte er, während er über den freien Platz schritt.
"Broud", rief ein Erdling, der ihm entgegenkam. "Ich wollte vor eurem Aurbruch noch mit dir sprechen", bedeutete der Mann. "In meinem Clan ist eine Frau mit einem Mädchen, das mißgestaltet ist wie der Sohn eurer Medizinfrau. Ich habe bei Brun angefragt, und er hat sich bereit gezeigt, sie aufzunehmen, aber er wünschte, dass ich auch dich frage. Du wirst wohl bald der Clan-Führer sein. Die Mutter hat gelobt, ihre Tochter zu einer guten Frau zu erziehen, die es würdig ist, dem ersten Clan anzugehören und die Gefährtin des
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