Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
ist, nehme ich es auch. Wenn es ein Junge ist..."
Creb zuckte mit den Achseln.
Sinnend betrachtete Brun das Bild, das der Mog-ur ihm entworfen hatte. Ja, es war gut. Eine Erleichterung für alle. Weshalb aber wollte Creb das tun? Iza hatte ihn immer gepflegt, ganz gleich, wessen Feuer sie teilte. Weshalb wollte ein Mann, der so viele Monde gesehen hatte wie er, plötzlich die Bürde kleiner Kinder auf sich nehmen? Weshalb wollte er sich abmühen, ein Kind von fremder Art großzuziehen und zu unterweisen?
Brun erfüllte die Vorstellung, das Mädchen in den Clan aufzunehmen, mit Unbehagen, das körperlich war, so, als hätte er Steine im Bauch. Er wünschte, diese Frage wäre nie aufgetaucht. Noch weniger gefiel ihm der Gedanke, dass ein Fremdling mit ihnen zusammenleben sollte, jemand, der nicht zum Clan gehörte und der nicht seiner Gewalt unterstand. Am besten war wohl, das Mädchen aufzunehmen und so zu erziehen, wie es sich für eine Frau gehörte. Und wenn Creb dazu bereit war, dann sah Brun keinen Grund, es ihm zu verwehren.
Brun senkte die geöffnete Hand.
"Gut, wenn du ihr Totem entdeckst, nehmen wir die Kleine in den Clan auf, Mog-ur. Beide sollen dein Feuer teilen, bis Iza ihr Kind bekommt."
Und zum ersten Mal hoffte Brun nicht auf die Geburt eines Jungen. Als er die entscheidende Handbewegung gemacht hatte, war es Brun plötzlich sehr leicht ums Herz geworden. Dass Iza so allein war, hatte ihn gequält, aber zunächst war die Bleibe für den Clan vordringliche Sorge gewesen. Creb hatte mit seinem Vorschlag nicht nur Brun, dem Clan-Führer, einen Ausweg aus einer bedrückenden Lage gezeigt, sondern auch Brun, dem Familien-Vater. Denn seit dem Erdbeben, bei dem Izas Gefährte verschüttet worden war, hatte er es in sich hin und her bewegt, was mit Iza zu geschehen habe. Und stets hatte Brun nur den einen Gedanken fassen können: Iza und das Kind, das sie erwartete, und auch Creb waren an seinem eigenen Feuer aufzunehmen. Aber da saßen doch bereits Ebra, seine Gefährtin, Broud und Oga. Das waren einfach zu viele und zu verschiedene, als dass sich alle vertrügen. Es wurde nur böses Blut geben.
Ebra verstand sich zwar recht gut mit Iza, aber wie würde es werden, wenn sie gemeinsam an einem Feuer lebten? Brun hatte schon verspürt, dass Ebra eifersüchtig war auf Izas höheren Rang, und Ebra war die Gefährtin des Clan-Führers; in den meisten Clans wäre sie die höchstgestellte Frau gewesen, doch Iza war der hohe Rang angeboren, sie hatte ihn nicht durch ihren Gefährten erworben. Als nun seine Schwester sich des Findlings angenommen hatte, war Brun die Befürchtung aufgestoßen, er müsse auch noch für diesen Sorge tragen. Aber dass es so kommen würde, wie es sich jetzt ergeben hatte, dass der Mog- ur sein eigenes Feuer entzünden und Iza und die Kinder unter seine Fittiche nehmen würde, das wäre früher nie in seinen Kopf gegangen.
Brun begab sich zu den Clan-Leuten, die schon ungeduldig von einem Fuß auf den anderen traten und darauf warteten, dass er ihnen bestätigte, was sie schon ahnten.
"Wir haben eine Höhle gefunden. Wir bleiben."
"Iza", sagte Creb und nahm die Schwester sachte am Arm, während sie den Trank aus Weidenrinde für Ayla bereitete. Heute würde er nichts essen.
Diese neigte zustimmend den Kopf, denn sie wusste, dass der Mog- ur mit den Geistern Zwiesprache halten wollte, und das musste man mit leerem Magen.
Inzwischen begannen die anderen neben dem Bach, etwas unterhalb des sanft abfallenden Hanges, die Lagerstatt aufzuschlagen. Erst wenn die Höhle durch des Mog-urs heilige Handlungen geweiht worden war, konnte Einzug gehalten werden. Obwohl es eigentlich nichts Gutes verhieß, wenn man sich allzu ungeduldig zeigte, fand jeder einen Vorwand, sich nahe genug an sie heranzumachen, um vom Innern einen Blick zu erhaschen. Frauen, die Nahrung suchten, arbeiteten sich wie zufällig bis zur Öffnung vor, gefolgt von den Männern, die vorgaben, ihr Tun zu überwachen. Die Clan-Leute waren erregt, aber heiterer Stimmung. Die Ängste, die sie seit dem Erdbeben heimgesucht hatten, waren mit einemmal verflogen, denn das, was sie von der neuen großen Behausung sahen, sagte ihnen zu; zwar konnte man nicht sehr weit in das dämmrige, lichtlose Loch hineinblicken, doch immerhin erkannte man, dass sie weiträumiger war und viel luftiger als die frühere Höhle. Voll Freude wiesen sich die Frauen auf das moosbewachsene Becken hin, gleich neben der Höhle, welches das Quellwasser auffing; nicht
Weitere Kostenlose Bücher