Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
kleinen Beutel an getrockneten Blättern, Blumen, Wurzeln, Knöllchen, Körnern und Rindenstückchen enthielten, war nur das Allernötigste. In der neuen Höhle war Platz für mehr.
Endlich erblickte Iza die hinkende Gestalt des alten Zauberers. Erleichtert sprang sie auf, um dem Bruder das Essen zu wärmen und Wasser heiß zu machen für seinen Kräutertrank. Schlurfend kam er heran und ließ sich neben ihr nieder, als sie gerade ihre kleinen Beutel wieder wegsteckte.
"Was macht das Kind?" Creb deutete auf das Fellbündel, das sich regelmäßig hob und senkte.
"Sie hat einen ruhigeren Schlaf und kaum noch Schmerzen. Sie hat dich noch mal beim Namen genannt, Creb."
Der Mog- ur brummte erfreut. "Mach bei Sonnenaufgang ein Amulett für sie, Iza."
Die Frau neigte den Kopf. Dann sprang sie wieder auf, nicht nur, um nach Essen und Wasser zu sehen; die Freude, dass Ayla bliebe, ließ sie einfach nicht still sitzen bleiben. Creb hat mit ihrem Totem Verbindung aufgenommen, dachte Iza, und ihr Herz klopfte laut vor Erregung. Die Mütter der beiden anderen Kinder hatten heute Amuletts gemacht. Und jeder sollte es sehen. Bald, bei der Höhlenweihe, würde ihnen das Totem ihrer Kinder offenbart. Oh, alles ließ sich so gut an! War Creb deshalb so lange weggewesen? Es musste schwer gewesen sein für ihn. Gerne hätte Iza gewusst, welchen Schutzgeist Ayla hatte, doch sie unterdrückte ihre Neugierde. Creb würde es ihr ohnehin nicht sagen, und sie würde ihn bald genug erfahren.
Sie brachte dem Bruder das Essen und stellte auch sich noch etwas zu trinken hin. Ruhig saßen die Geschwister beieinander. Zuweilen krachte es im Feuer, als ein Stück Holzkohle heraussprang, oder etwas Rauch quoll auf, als kleine, gelblichgrüne Flammen frischgebrochene Äste umzüngelten. Sie waren die einzigen, die noch wachten.
"Bei Tagesanbruch ziehen die Jäger aus", meinte Creb. "Wenn sie gute Beute machen, wird die Höhle am Tag danach geweiht. Bist du bereit?"
"Ja, ich bin bereit."
Iza hielt ihm einen Beutel vors Gesicht. Er war anders als die übrigen. Sie hatte ihn aus der Haut eines Höhlenbären gefertigt und in das Fett, mit dem die Haut bearbeitet worden war, feinzerstampften roten Ocker gemischt, so dass die Haut in einem tiefen Rotbraun glänzte. Keine der anderen Frauen nannte einen Gegenstand im heiligen Rot ihr eigen; jeder allerdings trug in seinem Amulett ein Stück des roten Ockers.
Und dieser Beutel war das Kostbarste, was Iza besaß.
"Ja, Creb, wenn die Nacht um ist, werde ich mich fertig machen."
Der Bruder brummte zustimmend; die übliche Antwort der Männer auf die Bemerkung einer Frau, mit der bekundet wurde, dass man sie zwar gehört habe, aber auf eine Stellungnahme verzichte.
Eine Zeitlang verharrten beide stumm und reglos. Dann stellte Creb die kleine Schale nieder, aus der er getrunken hatte, wandte sein Gesicht langsam zur Schwester und blickte sie durchdringend an.
"Der Mog-ur wird dir und Ayla Schutz und Nahrung geben und auch deinem Kind, wenn es ein Mädchen wird. In der neuen Höhle sollst du mein Feuer teilen, Iza", schloss der Zauberer, griff nach seinem Stock, stemmte sich hoch damit und humpelte zu seinem Schlafplatz.
Iza hatte sich erheben wollen, doch als sie Crebs Entschluss vernommen, sank sie wie vom Donner gerührt zusammen. Alles hätte sie erwartet. Aber dass ihr Bruder... Ja, sie hatte es hin und her gewendet im Kopf und wohl bedacht, dass nun, da ihr Gefährte vom Beben zermalmt und eine neue Höhle gefunden war, ein anderer Mann für sie sorgen musste. Doch was sie fühlte, hatte nichts zu sagen. Brun hätte sich nicht mit ihr beraten, und er hätte sie jedem der Männer geben können.
Droog zum Beispiel; der war allein, seit Goovs Mutter bei dem Beben getötet worden war. Iza achtete Droog. Er fertigte das beste Werkzeug im Clan. Ein jeder der Männer verstand zwar, einen Brocken Flintstein zu behauen, um sich daraus eine grobe Handaxt oder einen Schaber zu machen, aber Droog besaß besonderes Geschick. Er wusste den Stein so vorzuformen, dass die Splitter, die er herunterhieb, gena u die Form und Größe besaßen, die er wünschte. Seine Stichel, Schaber, Kratzer, Bohrer und Klingen wurden hoch gerühmt. Wenn Iza unter den Männern des Clans hätte wählen dürfen, dann hätte sie Droog genommen.
Aber Iza hatte es sich schon im Kopf zurechtgelegt, dass man Droog wohl mit Aga zusammengeben würde. Aga war jünger als sie und schon Mutter zweier Kinder, und ihr Sohn Vorn würde bald von einem Jäger
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