Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
gemessenen Schritts vor den heiligen Mann und wartete, bis Grod die Tochter seiner Gefährtin zu ihm führte. Ukas Gesicht zeigte gemischte Gefühle
- stolz darüber, dass ihre Tochter einen so guten Gefährten bekam, und Trauer darüber, dass sie nun das Feuer der Familie verließ. Und Ovra, die einen frisch gesäumten Umhang trug, hielt die Augen zu Boden geschlagen, währenddessen sie Grod nach vorne folgte und mit gekreuzten Beinen sich vor Goov niederhockte.
Und wiederum rief der Mog-ur die Geister an. Dann tauchte er den mittleren Finger in die gelbe Schale hinein und zog über die Narbe von Goovs Totemzeichen langsam das von Ovra. Und nochmals senkte er den Finger in die Schale und übermalte ihr Zeichen mit dem von Goov. Sein Finger folgte genau den Rändern der Narbe, als Ovras Zeichen sich zu verwischen begann.
"Geist des Auerochsen, Totem von Goov, dein Zeichen hat den Geist des Bibers, das Totem von Ovra, überwunden", verkündeten des Mog- urs gewaltige Gebärden. "Möge der Große Höhlenbär geben, dass es immer so bleibt." Und zu dem Gehilfen gewandt: "Goov, nimmst du diese Frau an?"
Goov antwortete, indem er Ovra einen leichten Schlag auf die Schulter gab und ihr bedeutete, ihm in die Höhle zu folgen. Dort brannte jetzt weit hinten in einem neu ausgelegten Wohnkreis Goovs Feuer.
Ovra sprang auf und folgte ihrem Gefährten, wie das Brauch war im Clan, ohne gefragt zu werden, ob auch sie bereit war, ihn anzunehmen. Sieben und noch mal sieben Tage hatten nun beide von den anderen abgesondert in ihrem Wohnkreis zu leben und durften sich nicht zusammenlegen. Danach würden die Männer in der kleinen Höhle eine Feier abhalten, um die Zusammengabe zu bekräftigen.
Zur Zeit der Erdlinge war auch das Körperliche genauso ein Bedürfnis, wie man den Durst und Hunger stillte. Schon früh erlernte man, den Leibeslüsten stattzugeben und wie man es zu machen hatte.
Bis auf die leiblichen Geschwister war jede Frau von jedem Mann zu nehmen, wann immer es ihn dazu trieb. Und wenn ein Mann und eine Frau einmal zusammengegeben waren, lagen sie im allgemeinen auch zusammen. Doch gereichte es dem Manne nicht zu Ehre, wenn er seine Lust unterdrückte, anstatt sich die nächstbeste Frau zu nehmen; und Frauen waren nicht abgeneigt, einem Mann, dem sie zu Gefallen sein wollten, das auch mit Gesten und Gebärden kundzutun.
In einer zweiten Feier wurden Droog und Aga zusammengegeben. Auch sie mussten nun für eine Weile abgesondert leben, wenn auch nicht von denen, die Droogs Feuer teilten. Nachdem das zweite Paar sich in die Höhle zurückgezogen hatte, umdrängten die Frauen Iza und ihr Kind.
"Sie ist schön, Iza", lobten Ebras Hände. "Zu Anfang war mein Herz beschwert, als ich sah, dass du nun doch ein Kind bekommen würdest."
"Die Geister haben mich beschützt. Ein starkes Totem macht ein starkes Kind, wenn es einmal bezwungen worden ist."
Und Aba meinte besorgt, dass sie zunächst Angst gehabt hätte, dass das Totem des fremden Mädchens Unglück über Iza bringen könnte, denn sie sehe so anders aus und ihr Schutzgeist sei so mächtig; er hätte dem Kind eine Missgestalt geben können.
"Ayla hat mir nur Glückliches gebracht", hielt Iza ihr mit hastig redenden Händen entgegen und warf einen Blick zu dem Mädchen hinüber, um zu sehen, ob seine Augen etwas aufgefangen hätten. Doch das Kind blickte unverwandt auf Oga, die das Kleine im Arm hielt.
"Hat sie uns nicht allen Glückliches gebracht?" fragte Iza mit weit ausgreifender Bewegung.
"Aber dir war es nicht vergönnt, einen Sohn zu gebären", widersprach Aba.
"Ich habe gehofft, dass es ein Mädchen würde", bedeutete ihr die Medizinfrau ruhig.
"Iza!" Die Frauen schlugen entsetzt die Hand vor den Mund. Selten gab eine unter ihnen zu, dass ihr ein Mädchen zu bekommen lieber war.
Sie könne es ihr nachfühlen, mischte sich Uka mit heftiger Gebärde ein. Eine Frau bringe einen Sohn zur Welt, sie pflege ihn und sie nähre ihn und ziehe ihn auf. Und kaum sei er ein Mann geworden, da gehe er von seiner Mutter fort, und wenn er nicht beim Jagen getötet werde, dann verlöre er sein Leben bestimmt auf andere Weise. So viele würden schon als junge Männer in das Reich der Toten abgerufen.
Alle fühlten sie mit der Mutter, die ihren Sohn beim Einsturz der Höhle verloren hatte, fassten sie an und streichelten sie. Denn alle hatten gesehen, wie groß ihr Schmerz gewesen war.
Ebra lenkte ab. "Wie wohl die Zeit der kurzen, kalten Tage in der neuen Höhle werden wird?"
"Die
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