Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
nicht!" Ayla schüttelte den Kopf. "Es ist so schön hier draußen", und zeigte um sich.
"Nein", setzte der Mog-ur dawider. An seinem knorrigen Stab zog er sich hoch, "und du solltest dich nicht dagegenstellen, wenn ein Mann für dich entschieden hat, Ayla", gab er ihr mit hart geführter Hand zu verstehen.
Ayla bejahte und senkte den Kopf.
Ein wenig bedrückt schritt sie an seiner Seite, als sie den Rückweg unter die Füße nahmen. Bald aber sprang sie wieder Creb voraus, kam mit Ästen und Steinen zurückgerannt, nannte Creb ihre Namen oder fragte danach, wenn si,e sie nicht im Kopfe hatte.
Mählich hatte das erste Morgenlicht die Dunkelheit verscheucht, die, die Höhle umschlang, und die Luft schien zu knistern unter einer herben Frische, die Schnee versprach. Iza lag auf ihrem Fell und blickte zu den mächtigen Adern des steinigen Riesengebäuchs empor. Sie musste an das Kind denken, das die schützende Leibeshöhle verlassen hatte. Heute war der Tag, an dem es einen Namen bekommen und in die Clan-Gemeinschaft aufgenommen werden sollte; der Tag, an dem ihre Tochter als Clan-Kind Anerkennung fände. Iza war froh, dass nun die Beschränkung auf Crebs steinernen Wohnkreis ein wenig aufgehoben würde. Aber Umgang durfte sie nur mit den Frauen haben, bis das Nachbluten ein Ende hatte; den Männern hatte sie sich fernzuhalten, so wie alle Frauen, die in die blutenden Tage kamen, die Männer meiden mussten.
Es war der überlieferte Brauch im Clan, dass ein Mädchen, welches das erste Mal die blutenden Tage hatte, von allen ferngehalten wurde. Und wenn es Winter war, so wurde ihm ein Platz in den finstersten Tiefen der Höhle zugewiesen. Und wenn es Frühjahr war, so hatte es draußen während dieser Tage auszuharren, und ganz alleine. Es war dies eine Prüfung, die, ähnlich der ersten Jagd der Männer, die Wandlung des Mädchens zur Frau bedeuten sollte; nur, dass ihre Rückkehr in den Schoß des Clans als Frau nicht wie bei den Männern mit einem Fest gefeiert wurde. Und wenn die Mädchen auch Feuer hatten, das sie vor reißenden Tieren schützen sollte, so war es doch schon vorgekommen, dass sie niemals zurückkehrten. Manchmal wurde dann etwas gefunden, von den Jägern oder den Frauen, was an sie erinnerte. Nur den Müttern kam es zu, ihre während dieser Tage ausgestoßene n Töchter aufzusuchen, ihnen einen Verzehr und Trost zu bringen. Und wenn das Mädchen verschwand oder gar getötet wurde, mussten sie drei Nächte stille sein darüber und dann dem Clan-Führer und dem Mog- ur Kunde bringen.
Denn die Kämpfe, welche die Geister in ihrem Bemühen, die Körper von Mädchen und Frauen dem Stoß des Mannes zu entziehen und der Leibesfrucht den Weg zu bahnen, dieses Ringen im Innern der Frauen selbst war den Männern unergründliches Geheimnis. Und solange eine Frau die blutenden Tage hatte, besaß der Geist ihres Totems übermächtige Kraft, und er blieb Sieger, weil er das Männliche niederzwang und vertrieb. Und traf in dieser Zeit das Auge der Frau in das Blickfeld des Mannes, so konnte es geschehen, dass sein Geist in den für ihn aussichtslosen Kampf hineingezogen wurde. Dies war der eigentliche Grund, weshalb den Frauen schwächere Totems mitgegeben wurden als Männern; doch selbst ein schwacher Schutzgeist zog noch Stärke aus der Lebenskraft, die in den Frauen wohnte. Und die Frauen schöpften aus dieser Kraft, die Leben schafft.
In der Welt des Greifbaren war der Mann größer, kräftiger und weit mächtiger als die Frau; doch in der furchteinflößenden Welt der unsichtbaren Kräfte, die nur sie begreifen konnte, war die Frau die Mächtige. Die Männer glaubten, ihr kleinerer Wuchs und die geringere Körperkraft wären hierfür ein Ausgleich, der es ihnen erlaubte, die Frau zu beherrschen. Und niemals durfte sie der ganzen Fülle ihrer Macht gewahr und auf das Mögliche, was damit anzustellen war, gestoßen werden; das hätte den immerwährenden Kampf mit der Frau bedeutet.
Bei der Feier ihrer Mannbarkeit wurden die jungen Jäger vor der Verderbnis gewarnt, die darauf folgte, wenn eine Frau auch nur einen winzigen Blick von dem, was die Männer trieben, erhaschte. Man sagte sich, dass vor Zeiten die Frauen den Zauber besessen hätten, der die Erdlinge befähigte, mit Hilfe der Geister sich mit den Ahnen zu verbinden und wieder die Anfänge zu schauen. Den Zauber hatten ihnen dann die Männer weggenommen und ihnen untersagt, ihn auszuüben; doch ihre Möglichkeit zur Macht lag tief im Innern jeder Frau
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