Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
eilends besorgte, in ihrem festen Schritt etwas Beschwingendes lag, was sie von ihren Wanderungen hatte durch die Wälder und Wiesen und durch das Gebirge. Sie verhielt ihren Stolz, ein schwieriges Können erübt zu haben und darin besser zu sein als Vorn. Doch schon an ihrer Haltung war abzusehen, wie ihr Selbstbewusstsein sich zu bilden begann. Ayla konnte sich nicht erklären, warum Broud mit ihr mehr schalt als mit allen anderen Frauen. Doch der wusste selbst nicht, was es war, das ihn an ihr so reizte. Es war nicht zu bestimmen und hätte so wenig geändert werden können wie die Farbe ihrer Augen.
Zum einen wurzelte sein Zorn in dem Erinnerten an die Feier seiner Mannbarkeit, wo Ayla ihn des Augenmerks der ClanLeute beraubt hatte, zum anderen - und tiefer noch - in ihrer Andersartigkeit. Denn ihr war nicht, wie all den anderen Frauen, die Unterwürfigkeit in Fleisch und Blut gegangen und Zeichen der Person geworden. Sie gehörte zu den anderen, der neuen, jungen Art, die lebensfähiger und frischer war und nicht blockiert durch starre Überlieferungen, die in den Hirnen abgelagert hatten, was nur noch aus dem Gestern lebte. Das Denken in ihrem Kopf suchte sich andere Wege. Hinter ihrer hohen Stirn entwickelte sich die Fähigkeit, vorauszudenken, manches, was hieraus sich bedingte, zu bedenken und aus der Sicht des Gestern, Heute, Morgen zu begreifen. Das Neue konnte sie aufnehmen und nach ihrem Willen formen, konnte es zu Vorstellungen verschmelzen, die zu träumen die Leute des Clans nicht fähig waren. Und es war die Natur, die beschlossen hatte, dass die neue Art der Hominiden die uralte, absterbende der Erdlinge ablösen sollte.
Und tief in seinem Innern wurde Broud der Überlebtheit seiner Art gewahr. Nicht nur sein Mann-Sein war bedroht, er fühlte, dass dies fremde Mädchen sein ganzes Sein in Frage stellte. Der Hass gegen Ayla war der Hass des Alten auf das Neue, des Vergehenden auf das Kommende. Die Erdlinge waren in ihrem Sein zu festgefügt, zu unbeweglich. Einst hatten sie zu den Fähigsten gehört von denen, die sich nur auf zwei Beinen fortbewegten. Doch die Natur hatte Neues geschaffen, Wesen wie Ayla, denen die Zukunft gehörte. Doch allein und noch nicht fähig zum Überleben, versuchte sie, sich den Frauen des Clans in allem anzugleichen; doch das war wie ein Fell, das man umhängen konnte, wenn die Kältnis kam, und abschütteln, wenn die Sonne strahlte. Und es war die Zeit, da Ayla begann, sich aus dieser beengenden Hülle zu befreien. Sie gab sich zwar alle erdenkliche Mühe, dem jungen Jäger zu Gefallen zu sein, aber immer stärker wurde der Drang, sich aufzulehnen, gemäß der eigenen Art zu sein.
Es war an einem Morgen, als es besonders viel zu tun gab, und Ayla ging zum Teich hinunter. Die Männer hockten jenseits des Eingangs der Höhle und berieten sich für die kommende Jagd. Das Mädchen war froh, dass sie wieder auszogen; dann wäre sie Broud eine Weile los. Mit dem Becher in den Händen saß sie an dem stillen Wasser und hing selbstvergessen ihren Gedanken nach. Unwillkürlich schrie sie heftig auf, als ein harter Schlag sie von hinten traf. Broud!
Aller Blicke flogen zu ihr hinüber, erstaunt und verärgert. Ein Mädchen, eine Frau beinahe, hatte keinen Mucks zu machen, nur, weil ein Mann ihr einen Schlag versetzte. Mit zornig rotem Gesicht schnellte Ayla herum und sah den jungen Jäger, der ihr höhnisch bedeutete: "Du sitzt hier herum, du faule Kröte, ich wollte dich ein wenig hüpfen sehen! Du solltest Wasser bringen und nicht hier verweilen!"
Flammender Zorn ließ Aylas Wangen noch tiefer erglühen. Zorn auf sich selbst, dass sie aufgeschrien und sich vor den Clan-Leuten eine Blöße gegeben hatte; und noch mehr Zorn auf Broud, der die Schuld daran trug. Folgsam stand sie auf, aber nicht wie sonst mit einem hastigen Sprung und gesenktem Kopf; aufreizend langsam erhob sie sich und durchbohrte Broud mit einem Blick eiskalten Hasses, ehe sie davonging, um den Trunk zu holen.
In blinder Wut rannte Broud ihr nach, wirbelte sie herum und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht. Ayla torkelte und brach in die Knie. Und wieder traf sie ein schrecklicher Hieb. Sie zog sich zusammen und versuchte, mit verschränkten Armen sich zu schützen, während der Rasende wieder und wieder auf sie einschlug. Hart biss Ayla die Zähne aufeinander, so fest, dass es knirschte, nur, um nicht zu schreien. Und Brouds Wut steigerte sich mit seiner Enttäuschung, dass sie nicht endlich schrie und um
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