Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
schwer zu glauben … Eisberg … so groß, von so weit
her«, sagte Jondalar.
»Eisberge bekommen wir jedes Frühjahr. Nicht immer so
große wie diesen hier. Nur wird dieser sich nicht mehr lange
halten – das Eis ist schon ganz bröckelig. Er braucht nur einmal
tüchtig anzustoßen, und er bricht auseinander. Und weiter
stromabwärts ragt mitten im Fluß ein Felsen bis ganz nahe an
die Wasseroberfläche. Ich glaube nicht, daß der Eisberg es durch
den Engpaß schafft«, fügte Carlono hinzu.
»Einmal tüchtig von dem angestoßen werden, und wir würden auseinanderbrechen«, sagte Markeno. »Deshalb: der
Mutter nie den Rücken zuwenden!«
»Markeno hat recht«, sagte Carlono. »Du darfst ihr nie trauen.
Dieser Fluß kann höchst unangenehm werden, um dich daran
zu erinnern, daß deine ganze Aufmerksamkeit ihr zu gelten
hat.«
»Ich kenne ein paar Frauen, die sind ähnlich. Du auch,
Jondalar?«
Jondalar mußte plötzlich an Marona denken. Das wissende
Lächeln seines Bruders verriet ihm, an wen Thonolan dachte. Er
hatte schon seit geraumer Zeit nicht mehr an die Frau gedacht,
die gemeint hatte, ihn bei der Feier des Zusammengebens auf
diesem Sommertreffen zum Mann zu bekommen. Mit einem
Aufwallen von Sehnsucht überlegte er, ob er sie wohl jemals
wiedersehen würde. Sie war schön. Doch das war Serenio auch,
dachte er. Vielleicht solltest du sie bitten. In mancher Beziehung
ist sie besser als Marona. Serenio war zwar älter als er, doch
hatte er sich oft zu älteren Frauen hingezogen gefühlt Warum
sich nicht zur selben Zeit mit einer Frau zusammentun, wie
Thonolan es tat, und einfach hierbleiben?
Wie lange sind wir jetzt fort? Über ein Jahr – letztes Frühjahr
sind wir von Dalanars Höhle aus losgezogen. Und Thonolan
wird nicht zurückkehren. Alle können sich gar nicht genug tun,
wegen ihm und Jetamio – vielleicht solltest du warten, Jondalar,
sagte er zu sich selbst. Schließlich willst du die allgemeine
Aufmerksamkeit nicht ausgerechnet an ihrem großen Tag auf
dich ziehen … und Serenio könnte meinen, es sei dir erst
nachträglich eingefallen … Später …
»Wieso habt ihr so lange gebraucht?« ließ sich die Stimme
vom Ufer her vernehmen. »Wir haben auf euch gewartet und
sind von weither gekommen, über Land.«
»Wir mußten diese beiden finden. Ich glaube, sie wollten sich
verstecken«, erwiderte Markono lachend.
»Zum Verstecken ist es jetzt zu spät, Thonolan. Diese hier hat
dich an der Angel!« sagte der Mann, der hinter Jetamio her ins
Wasser hineinwatete, um das Boot zu packen und zu helfen, es
aufs Trockene zu ziehen. Dabei machte er die Bewegung des
Harpune-Werfens, um den Haken tief eindringen zu lassen. Jetamio errötete, lächelte dann jedoch. »Nun, du mußt
zugeben, er ist ein guter Fang, oder, Barono?«
»Du gute Fischerin«, erklärte Jondalar. »Er vorher immer
davongekommen.«
Alles lachte. Wenn er die Sprache auch noch nicht
vollkommen beherrschte, so freuten sie sich, daß er bei dieser
Neckerei hatte mithalten können. Außerdem verstand er besser,
als daß er sprach.
»Was würde dazugehören, einen Großen wie dich zu fangen
Jondalar?« fragte Barono.
»Der richtige Köder!« erklärte Thonolan schlagfertig und sah
Jetamio dabei lächelnd an.
Das Boot wurde auf den schmalen, kiesigen Uferstreifen
hinaufgezogen, und nachdem die Ruderer ausgestiegen waren,
wurde es hochgehoben und einen Hang hinaufgetragen bis auf
eine freigemachte Lichtung in einem dichten Steineichenwald.
Offenbar wurde dieser Platz seit Jahren benutzt. Ganze
Eichenstämme, dicke Äste und Holzspäne lagen auf dem Boden
umher – die Feuerstelle vor einem großen Wind- und
Regenschutz auf der einen Seite der Lichtung hatte jedenfalls
keinen Mangel an Feuerholz –, doch manches Holz lag schon so
lange hier, daß es angefangen hatte zu vermodern. Die Arbeit
konzentrierte sich auf mehrere Stellen auf der Lichtung – auf jeder lag ein Boot in unterschiedlichen Stadien der
Fertigstellung.
Das Boot, in dem sie gekommen waren, wurde zu Boden
gelassen, und die Neuangekommenen eilten auf die
willkommene Wärme der Feuerstelle zu. Ein paar Leute ließen
ihre Arbeit liegen und gesellten sich zu ihnen; Aus einem
Holztrog, der aus einem dicken Ast herausgehauen worden war,
stieg der Dampf eines würzigen Kräutertees. Der Trog leerte sich
rasch, da alle sich mit dem Becher bedienten. Runde Flußsteine
zum Erhitzen waren nahebei aufgehäuft. Hinter dem
ausgehöhlten Ast lag in einer aufgeweichten Rinne ein
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