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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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sein, beiseite. Es war, als ob sie ihn besser
kannte als er sich selbst; von seiner Unfähigkeit wisse, sich ganz
und gar zu geben, sich mit Haut und Haar zu verlieben, wie
Thonolan es getan hatte. Sie schien sogar zu wissen, daß seine
Art, den Mangel an gefühlsmäßiger Tiefe auszugleichen, darin
bestand, sie mit einer Umsicht und einer Erfahrenheit zu lieben,
die ihr den Atem raubte. Sie nahm das genauso hin wie sein
gelegentliches Schlecht-Gelauntsein, ohne deswegen
Schuldgefühle in ihm zu wecken.
Sie war eigentlich nicht zurückhaltend – Lächeln und Reden
fielen ihr ausgesprochen leicht – sondern nur gesetzt und nicht
ganz zu erreichen. Das einzige Mal, da er etwas mehr als nur das
zu sehen vermeinte, war, wenn sie ihren Sohn ansah. »Warum habt ihr so lange gebraucht?« fragte dieser erleichtert, als er sie kommen sah. »Wir wollten eigentlich schon
essen, aber alle haben auf euch gewartet.«
Darvo hatte Jondalar und seine Mutter am äußersten Rand
der Terrasse stehen sehen, sie aber nicht stören wollen. Anfangs
hatte es ihn gewurmt, die bisher ungeteilte Aufmerksamkeit an
ihrem Herdfeuer mit jemand teilen zu sollen. Nur hatte er dann
festgestellt, daß, statt ständig mit seiner Mutter Zusammensein
zu müssen, jetzt noch jemand da war, der auch ihm
Aufmerksamkeit entgegenbrachte. Jondalar unterhielt sich mit
ihm, erzählte ihm von seinen Reiseabenteuern, und berichtete
von den Jagdgewohnheiten und den Sitten und Gebräuchen
seines Volkes – und hörte ihm mit einem Interesse zu, das nicht
vorgetäuscht war. Was jedoch noch aufregender war: Jondalar
hatte angefangen, ihm ein paar Techniken bei der Herstellung
von Werkzeugen beizubringen, die der Bursche sich mit einer
Auffassungsgabe angeeignet hatte, die sie beide erstaunte. Der Halbwüchsige war überglücklich gewesen, als Jondalars
Bruder beschlossen hatte, Jetamio zur Frau zu nehmen und zu
bleiben, weil er glühend gehofft hatte, das könne bedeuten, daß
auch Jondalar sich entschließen würde zu bleiben und seine
Mutter zur Frau zu nehmen. Er hatte sich bewußt bemüht,
ihnen aus dem Weg zu gehen, um ihre Beziehung nicht zu
stören. Er war sich nicht darüber im klaren, daß er sie
tatsächlich förderte.
Tatsächlich war Jondalar die Vorstellung den ganzen Tag
nicht aus dem Sinn gegangen. Er stellte fest, daß er Serenio
abschätzte und würdigte. Sie hatte helleres Haar als ihr Sohn; es
war eigentlich mehr dunkelblond als braun. Zwar war sie nicht
dünn, wohl aber so groß, daß sie diesen Eindruck machte. Sie
gehörte zu den wenigen Frauen, die er kennengelernt hatte und
die ihm bis zum Kinn gingen, was er für eine angenehme Größe hielt. Es bestand eine große Ähnlichkeit zwischen Mutter und Sohn, selbst im Haselnußbraun ihrer Augen, obwohl die seinen nicht soviel Ausgeglichenheit verrieten wie die ihren. Auf jeden
Fall waren die feinen Gesichtszüge bei ihr wunderschön. Ich könnte glücklich mit ihr sein, dachte er. Warum bitte ich
sie nicht einfach? Und in diesem Augenblick wollte er sie
aufrichtig, hatte er den redlichen Wunsch, mit ihr zu leben.
»Serenio?«
Sie sah ihn an und war gebannt vom Magnetismus seiner
unglaublich blauen Augen. Sein Bedürfnis, sein Begehren,
waren ganz auf sie gerichtet. Die Kraft seiner Ausstrahlung – die
ganz unbewußt war und daher nur um so mächtiger wirkte –
überraschte sie und durchbrach die Abwehrwälle, die sie so
sorgsam aufgeschüttet hatte, um Schmerz zu vermeiden. Sie war
offen, verwundbar, fast wider ihren Willen zu ihm hingezogen. »Jondalar …« Ihre Einwilligung klang im Timbre ihrer
Stimme mit.
»Ich … ich habe heute lange nachgedacht.« Er rang mit der
Sprache. Die meisten seiner Vorstellungen konnte er zum
Ausdruck bringen, doch wenn es um reine Gedanken ging, hatte
er seine Schwierigkeiten. »Thonolan … mein Bruder … Lange
zusammen unterwegs gewesen. Jetzt lieben Jetamio, wollen
bleiben. Wenn du … ich möchte …«
»Kommt, ihr beiden. Alle sind hungrig, und das Essen ist …«
Als Thonolan die beiden so eng beieinander und in der Tiefe der
Augen des anderen verloren stehen sah, sprach er nicht weiter.
»Hm … tut mir leid, Bruder. Ich glaube, ich habe da eben etwas
unterbrochen.«
Sie machten einen Rückzieher; der Augenblick war verpaßt.
»Ist schon in Ordnung, Thonolan. Wir sollten nicht alle warten
lassen. Wir können später miteinander reden«, sagte Jondalar. Als er Serenio ansah, schien sie überrascht und verwirrt, als ob
sie nicht wüßte, was über sie

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