Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
ein Kind seines eigenen Herdfeuers. Es gab viele, denen sie nahegestanden hatte. Tholie und Markeno gehörten zu ihrer Familie, und er wußte, daß Serenio geweint hatte. Darvo war durcheinander und wollte nicht mit ihm reden.
»Ich werde Serenio fragen«, sagte Jondalar. »Ich bin sicher, daß Darvo gern käme. Vielleicht solltet ihr einfach davon ausgehen, daß er kommt. Mit Serenio werde ich sprechen.«
»Schick ihn rüber«, sagte Dolando und nahm sich vor, den Burschen über Nacht bei sich zu behalten, um seiner Mutter Zeit zu geben, zu einer Entscheidung zu kommen.
Die drei Männer gingen zusammen zurück zum Sandsteinüberhang , und blieben nahe dem Hauptfeuer eine Weile stehen. Sie redeten nur wenig, genossen aber – bittersüß – einer die Gesellschaft des anderen, wußten sie doch, daß Veränderungen eingetreten waren, die es ihnen bald unmöglich machen würden, beieinanderzustehen.
Da die Felswand die Terrasse bereits in Schatten gehüllt hatte, war es ziemlich kalt geworden; vorn sah man jedoch immer noch das Sonnenlicht hinunterscheinen in die Schlucht mit dem Fluß darin. Während sie beim Feuer zusammenstanden, war ihnen beinahe, als wäre nichts geschehen, könnten sie die verheerende Tragödie fast vergessen. Lange standen sie noch im Zwielicht beisammen, versuchten, den Augenblick festzuhalten, und jeder hing schweigend seinen eigenen Gedanken nach; hätten sie darüber geredet, sie würden festgestellt haben, daß ihre Gedanken einander bemerkenswert ähnlich waren. Jeder dachte an die Ereignisse, die die Zelandonii-Männer zur Höhle der Sharamudoi gebracht hatten, und jeder fragte sich, ob er die beiden Männer wohl je im Leben wiedersah.
»Wollt ihr denn überhaupt nicht reinkommen?« fragte Roshario, die schließlich nicht mehr warten konnte. Sie hatte gespürt, daß sie das Bedürfnis hatten, ein letztes Mal schweigenden Austausch miteinander zu pflegen, und hatte sie dabei nicht stören wollen. Dann waren der Shamud und Serenio aus der Unterkunft herausgekommen. Darvo löste sich von einer Gruppe junger Burschen, andere kamen ans Hauptfeuer, und die Stimmung war unwiederbringlich dahin. Roshario trieb alle auf ihre Unterkunft zu, darunter Jondalar und Serenio, doch sollten sie bald wieder gehen.
Schweigend traten sie an den Rand der Terrasse und dann um die Wand herum zu einem gestürzten Baumstamm. Von dort aus konnte man bequem den Sonnenuntergang weiter stromaufwärts verfolgen. Die Natur tat alles, damit ihr Schweigen auch weiterhin andauerte, so schön war die untergehende Sonne, die sich ihren Blicken in metallischen Farben glänzend darbot. Da die geschmolzene Kugel sich herabsenkte, wurden bleigraue Wolken in Silber getaucht und dehnten sich dann in schimmerndem Gold, das sich wiederum über den Fluß unten ergoß. Feuriges Rot verwandelte das Gold dann in schimmerndes Kupfer, das zu matter Bronze wurde und wiederum zu Silber verblaßte.
Als das Silber zu Blei wurde und noch dunklere Farben annahm, kam Jondalar zu einem Entschluß. Er wandte das Gesicht, um Serenio anzublicken. Kein Zweifel, sie ist schön, dachte er. Es war nicht schwer, mit ihr zu leben; sie machte das Leben angenehm. Er machte den Mund auf, um zu sprechen.
»Laß uns zurückgehen, Jondalar«, kam sie ihm zuvor.
»Serenio … ich … wir haben miteinander gelebt«, hob er an. Sie hielt ihm einen Finger vor den Mund, um ihn wieder zum Schweigen zu bringen.
»Sag jetzt nichts. Laß uns zurückgehen.«
Diesmal vernahm er das Drängen in ihrer Stimme und erkannte das Begehren in ihren Augen. Er griff nach ihrer Hand, hielt sie in der seinen, rührte ihre Finger an die Lippen, drehte die Hand um, machte sie auf und drückte die Lippen auf ihren Handteller. Sein warmer suchender Mund fand ihr Handgelenk, folgte dem Arm zur Innenseite ihres Ellbogens, schob den Ärmel zurück, um heranzukommen.
Sie stieß einen Seufzer aus, schloß die Augen, legte den Kopf in den Nacken und öffnete einladend die Lippen. Er stützte sie im Nacken und küßte eine pulsierende Ader an ihrem Hals, fand ihr Ohr und suchte nach dem Mund. Sie wartete, hungrig. Da küßte er sie, langsam und liebevoll, kostete die Weichheit unter ihrer Zunge, berührte die geriffelte Gaumenplatte und zog ihre Zunge in seinen Mund. Als sie sich voneinander lösten, atmete sie schwer.
»Laß uns zurückgehen«, wiederholte sie, diesmal mit heiserer Stimme.
»Warum zurückgehen? Warum nicht hier?« fragte er.
»Wenn wir hierbleiben, wird es zu schnell vorüber
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