Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Liebe und Glück erfahren – erst, indem sie dich zum Mann nahm, und dann dadurch, daß die Mutter sie segnete. Es war zwar nur für kurze Zeit, aber sie hat mir erzählt, sie sei glücklicher gewesen, als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Sie hat gesagt, nichts habe ihr mehr Freude gebracht als du und das Wissen darum, ein Kind zu bekommen. Dein Kind, hat sie es genannt, Thonolan. Das Kind deines Geistes. Wer weiß, vielleicht hat die Mutter gewußt, daß nur das eine oder das andere möglich wäre, und so hat sie beschlossen, ihr Freude zu machen.«
»Jondalar, sie hat mich doch gar nicht erkannt …« Thonolans Stimme brach.
»Als es zum Ende ging, hat der Shamud ihr etwas gegeben, Thonolan. Es bestand keinerlei Hoffnung, daß sie gebären würde, und so hat sie nicht allzu sehr gelitten. Sie hat gewußt, daß du da warst.«
»Als Sie Jetamio nahm, hat die Mutter alles genommen. Ich war so von Liebe erfüllt, und jetzt bin ich so leer, Jondalar. Es ist mir nichts geblieben. Wie ist es möglich, daß sie nicht mehr da ist?« Thonolan schwankte. Jondalar streckte die Hände nach ihm aus und stützte ihn, als er zusammenbrach – und hielt ihn an seine Schulter gedrückt, während er voller Verzweiflung schluchzte.
»Warum nicht zurück nach Hause, Thonolan? Wenn wir jetzt losziehen, schaffen wir es bis zum Winter bis zum Gletscher und könnten nächsten Frühling daheim sein. Warum willst du nach Osten?« Jondalars Stimme verriet Sehnsucht.
»Geh du nur nach Hause, Jondalar. Du hättest schon längst umkehren sollen. Ich habe immer gesagt, du bist ein Zelandonii, wirst immer einer bleiben. Ich gehe nach Osten.«
»Du hast gesagt, du wolltest bis ans Ende des Großen Mutter Flusses ziehen. Was aber wirst du tun, wenn du erst einmal das Binnenmeer erreicht hast?«
»Wer weiß? Vielleicht einmal um das Meer herumziehen. Aber vielleicht ziehe ich von dort mit Tholies Leuten auch nach Norden auf die Mammut-Jagd. Die Mamutoi behaupten, weiter im Osten gibt es noch einen weiteren Gebirgszug. Zu Hause lockt mich nichts, Jondalar. Ich halte lieber nach etwas Neuem Ausschau. Es wird Zeit, daß jeder von uns seiner Wege geht, Bruder. Du gehst nach Westen und ich nach Osten.«
»Wenn du nicht zurückwillst nach Hause, warum bleibst du dann nicht hier?«
»Ja, warum nicht hierbleiben, Thonolan?« sagte Dolando, der zu ihnen trat. »Und du auch, Jondalar. Ob nun als Shamudoi oder Ramudoi ist gleich. Ihr gehört hierher. Ihr habt Familie hier, Freunde. Es würde uns leid tun, wenn einer von euch fortginge.«
»Dolando, du weißt, daß ich bereit war, für den Rest meines Lebens hier zu leben. Aber jetzt kann ich das nicht mehr. Alles ist zu voll von ihr. Dauernd erwarte ich, sie zu sehen. Jeder Tag, den ich hier bin, erinnert mich daran, daß ich sie nie wieder sehen soll. Es tut mir leid. Ich werde viele von euch vermissen, aber ich muß gehen.«
Dolando nickte. Er drängte sie nicht zu bleiben, aber er hatte ihnen zu verstehen geben wollen, daß sie zur Familie gehörten. »Wann wollt ihr los?«
»Bald. Spätestens in ein paar Tagen«, erwiderte Thonolan. »Ich möchte nur noch einen Handel abschließen, Dolando. Ich werde alles zurücklassen, bis auf die Reisebündel und Kleider. Allerdings hätte ich gern ein kleines Boot.«
»Das läßt sich gewiß einrichten. Dann ziehst du also stromabwärts. Nach Osten? Nicht zurück zu den Zelandonii?«
»Ich gehe nach Osten«, sagte Thonolan.
»Und du, Jondalar?«
»Ich weiß es nicht. Da sind Serenio und Darvo …«
Dolando nickte. Jondalar hatte das Band zwar nicht förmlich besiegelt, aber er wußte, daß ihm die Entscheidung darum nicht leichter viel. Der große Zelandonii hatte Gründe, nach Westen zu gehen, zu bleiben oder nach Osten zu ziehen – jeder konnte raten, wohin.
»Roshario hat den ganzen Tag gekocht. Ich glaube, sie hält sich beschäftigt, bloß um keine Zeit zum Nachdenken zu haben«, sagte Dolando. »Sie würde sich freuen, wenn du zum Essen zu uns kämest, Jondalar. Sie würde auch Serenio und Darvo gern dazubitten. Und wenn du auch nur einen Happen zu dir nehmen würdest, würde sie sich darüber ganz besonders freuen, Thonolan. Sie macht sich Sorgen um dich.«
Jondalar ging auf, daß es für Dolando auch schwer sein mußte. Er selbst hatte sich so große Sorgen um Thonolan gemacht, daß er gar nicht darüber nachgedacht hatte, welchen Kummer die ganze Höhle ergriffen hatte. Das hier war Jetamios Heimat. Sie muß Dolando soviel bedeutet haben wie
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