Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
schändlich, nur die Art und Weise, wie er es tat. Es wurde nicht um der Wonnen willen getan – Broud hat es mit Haß getan. Ich verspürte Schmerz und Zorn, aber keine Schande. Wonnen freilich auch nicht. Ich weiß nicht, ob Broud mein Baby in mir zum Leben erweckt hat, Jondalar, oder mich zur Frau machte, damit ich eines haben konnte, aber mein Sohn, der hat mich glücklich gemacht. Durc ist meine ganze Wonne gewesen.«
»Das Geschenk des Lebens von Der Mutter ist eine Freude; aber es ist mehr daran als Lust, wenn Mann und Frau sich vereinigen. Auch das ist ein Geschenk, und Ihr zu Ehren sollte es mit Freuden geschehen.«
Vielleicht ist auch mehr daran, als du weißt, dachte sie. Doch schien er seiner Sache so sicher. Ob er wohl recht hatte? Ayla glaubte ihm nicht ganz; die Frage beschäftigte sie auch weiterhin.
Nach dem Essen setzte Jondalar sich auf den breiten ebenen Teil des Simses, wo er sein Arbeitsgerät zurechtgelegt hatte. Ayla folgte ihm und setzte sich ganz in seine Nähe. Er legte die von ihm gemachten Klingen nebeneinander, um sie vergleichen zu können. Geringfügige Unterschiede machten, daß einige sich besser für bestimmte Werkzeuge eigneten als andere. Er wählte eine Klinge aus, hielt sie gegen die Sonne und zeigte sie dann der Frau.
Die Klinge war über zehn Zentimeter lang und etwa über zwei Zentimeter breit. Der Wulst auf der Außenseite verlief gerade und lief zu den Schneiden hin so dünn aus, daß das Licht hindurchschien. Nur wenn man es gegen die Sonne hielt, konnte man die feinen Bruchlinien sehen, die von der extrem flachen Schlagdelle ausgingen. Die beiden langen Schneiden waren gerade und scharf. Jondalar zog ein Barthaar straff und probierte eine Schneide aus. Sie schnitt, und es gab keinen Widerstand. Eine vollkommenere Klinge war kaum vorstellbar.
»Die behalte ich zum Rasieren«, sagte er.
Ayla wußte nicht, was er damit meinte, hatte jedoch bei Droog gelernt, irgendwelche Kommentare oder Erklärungen einfach hinzunehmen und keine Fragen zu stellen, weil das die Konzentration stören konnte. Er legte die Klinge auf die andere Seite und nahm eine andere zur Hand. Die beiden Schneiden dieser Klinge liefen allmählich aufeinander zu, so daß die Klinge am einen Ende schmaler war als am anderen. Jondalar griff nach einem glatten Stein, den er vom Uferstreifen heraufgebracht hatte und etwa doppelt so groß war wie seine Faust, und legte das schmale Ende darauf. Mit Hilfe eines abgestumpften Geweihendes klopfte er das Ende zu einer Dreiecksform zurecht. Indem er die Ränder des Dreiecks gegen den Steinamboß drückte, nahm er kleine Splitter davon fort, so daß die Klinge eine schmale scharfe Spitze bekam.
Er zog ein Ende seines ledernen Lendenschurzes glatt und bohrte ein kleines Loch hinein. »Das hier ist eine Ahle«, sagte er und zeigte sie Ayla.
»Damit sticht man kleine Löcher, um Sehnen hindurchzuziehen und Kleidung zu nähen.«
Er mußte gesehen haben, wie ich seine Kleidung untersucht habe, dachte Ayla. Offenbar wußte er, was sie vorhatte.
»Und jetzt mache ich noch einen Bohrer. Der sieht nicht wesentlich anders aus als die Ahle, nur, daß er größer und kräftiger ist; damit kann man Löcher in Holz, Knochen oder Hirschhorn bohren.«
Ihr fiel ein Stein vom Herzen; er redete einfach nur über Werkzeuge.
»Ich habe eine … Ahle benutzt, um Beutel zu machen, nur keine so feine wie diese.«
»Möchtest du sie haben?« Er grinste. »Ich kann mir eine andere machen.«
Daraufhin nahm sie sie, beugte den Kopf, um auf Clanweise ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, doch dann erinnerte sie sich. »Vielen Dank«, sagte sie.
Er bedachte sie mit einem raschen, erfreuten Lächeln. Dann nahm er eine dritte Klinge und legte sie an den Stein. Mit dem abgestumpften Hirschhornhammer nahm er einer Schmalseite die Rundung und machte, daß es schräg zur langen Schnittfläche ansetzte. Dann hielt er das begradigte Ende dergestalt, daß es rechtwinklig zur Schneide stand und tat einen kurzen, aber kräftigen Schlag. Ein langes Stück löste sich, und der schmale Stein wies eine kräftige scharfe Spitze auf.
»Weißt du, was das ist?« fragte er. Sie betrachtete es, schüttelte den Kopf und gab es ihm zurück.
»Das ist ein Meißel«, sagte er. »Schnitzer und Bildhauer benutzen ihn – nur sehen sie bei denen ein kleines bißchen anders aus. Diesen brauche ich für die Waffe, von der ich dir erzählt habe.«
»Meißel, Meißel«, sagte sie in dem Bemühen, sich das neue Wort
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