Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
eine kaum merkliche Veränderung seiner Bewegungen und seines Atmens verkündeten Ayla, daß er bald aufwachen würde. Sie legte Holz nach und tat Heizsteine in die Glut, dann setzte sie den KochKorb auf. Der Wasserschlauch war fast leer, und Tee bereitete man am besten aus frischem Wasser. Winnie und ihr Füllen standen auf ihrer Seite der Höhle, und Ayla blieb auf dem Weg hinaus kurz neben ihnen stehen, als die Stute leise schnaubte.
»Ich habe eine großartige Idee«, erklärte sie dem Pferd lächelnd in lautloser Gebärdensprache. »Ich werde Jondalar ein paar Kleider machen, solche, wie er sie trägt. Meinst du, daß ihm das gefällt?« Doch dann schwand das Lächeln aus ihrem Gesicht. Sie schlang den einen Arm Winnie, den andern Renner um den Hals und lehnte die Stirn an die Stute. Dann wird er mich verlassen, dachte sie. Sie konnte ihn nicht zwingen zu bleiben. Sie konnte ihm nur helfen fortzugehen.
Im ersten Licht der Morgendämmerung stieg sie den Pfad hinunter und versuchte, nicht mehr an die trübe Zukunft ohne Jondalar zu denken, sondern etwas Trost aus dem Gedanken zu schöpfen, daß die Kleider, die sie ihm machen wollte, ihm nahe sein würden. Sie zog sich den Überwurf über den Kopf und schwamm ihre morgendlichen Runden im kalten Wasser, dann fand sie einen Zweig von der richtigen Größe und füllte den Wasserschlauch.
Heute morgen werde ich mal etwa anderes probieren, dachte sie: Süßgras und Kamille. Sie entrindete den Zweig, lehnte ihn neben den Becher und ließ dann den Tee ziehen. Die Himbeeren sind reif. Ich glaube, ich pflücke ein paar.
Sie stellte Jondalar den heißen Tee hin, suchte sich einen Pflückkorb und ging hinaus. Winnie und Renner folgten ihr und grasten in der Nähe des Himbeerschlags. Außerdem grub sie wilde Möhren aus, die klein und blaßgelb waren, und fand auch ein paar weiße, stärkehaltige Erdnüsse, die roh gut schmeckten, obwohl sie sie lieber gekocht aß.
Als sie wieder an den Fluß ging, stand Jondalar draußen auf dem sonnigen Sims. Sie winke hinauf, wusch die Möhren, brachte sie dann hinauf und fügte sie einer Brühe hinzu, die sie mit Trockenfleisch aufgesetzt hatte. Sie kostete sie ab, streute einige getrocknete Kräuter darüber und teilte die Himbeeren in zwei Portionen auf. Dann erst schenkte sie sich selbst einen Becher kühlen Tee ein.
»Kamille«, sagte Jondalar, »und ich weiß nicht was sonst noch …«
»Ich weiß nicht, wie ihr es nennt – etwas wie Gras nur süß. Ich werde dir die Pflanze bei Gelegenheit zeigen.« Ihr fiel auf, daß er sein Gerät zur Herstellung von Werkzeugen sowie einige der neulich geschlagenen Klingen bereitliegen hatte.
»Ich dachte, ich fange zeitig an«, sagte er, als er ihr Interesse bemerkte.
»Es gibt ein paar Dinge, die ich vorher machen muß.«
»Es ist an der Zeit, auf die Jagd zu gehen. Das Trockenfleisch ist so mager. Inzwischen werden die Tiere ein wenig Fett angesetzt haben. Ich habe einen Bärenhunger auf frisches, fetttriefendes Fleisch.«
Er lächelte. »Es klingt köstlich, allein wie du davon sprichst. Es war mir übrigens durchaus ernst, Ayla. Du bist eine erstaunlich gute Köchin.«
Errötend senkte sie den Kopf. Es war hübsch zu wissen, daß er so darüber dachte, doch merkwürdig, daß ihm etwas auffiel, was doch eigentlich zu erwarten stand.
»Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
»Iza hat immer gesagt, Komplimente machen die Geister neidisch. Eine Aufgabe gut zu verrichten, sollte genug sein.«
»Ich glaube, deine Iza hätte Marthona gefallen. Auch sie kann Komplimente nicht ausstehen. ›Das beste Kompliment ist eine gut getane Aufgabe‹, hat sie immer gesagt. Alle Mütter müssen sich ähnlich sein.«
»Marthona ist deine Mutter?«
»Ja, habe ich dir das noch nicht gesagt?«
»Ich hatte das zwar angenommen, war mir aber nicht sicher. Hast du Geschwister? Außer dem Bruder, den du verloren hast?«
»Ja, noch einen älteren Bruder, Joharran. Der ist heute Anführer der Neunten Höhle. Er wurde an Joconans Herdfeuer geboren. Dann lösten Marthona und Dalanar den Knoten auf, und sie heiratete Willomar. Thonolan ist der Sohn und Folara die Tochter seines Herdfeuers.«
»Du aber hast bei Dalanar gelebt, nicht wahr?«
»Ja, drei Jahre hindurch. Er hat mich mein Handwerk gelehrt – ich habe also beim Besten seiner Kunst gelernt. Ich war zwölf, als ich zu ihm kam, und schon über ein Jahr ein Mann. Mein Mannestum entwickelte sich früh, und groß war ich auch für mein Alter.« Ein
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