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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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kam ihr das Gefühl von Zuneigung und Zärtlichkeit, das dem geteilten Kummer und Gram entwachsen war, doch zu zerbrechlich vor, als daß sie es gewagt hätte, es dadurch aufs Spiel zu setzen, daß sie mehr wollte, als er zu geben bereit war.
    Im dämmerigen Licht des abgedeckten Feuers erkannte sie unter den Schlaffellen seine Umrisse sowie den braungebrannten Arm, den er ebenso herausgestreckt hatte wie die muskulöse Wade mit der Ferse auf dem Boden. Sie sah ihn deutlicher vor sich, wenn sie die Augen zumachte, als wenn sie sie öffnete und den Blick auf den atmenden Haufen jenseits des Feuers richtete: das straff zurückgestrählte und mit einem Riemen im Nacken zusammengehaltene Haar, der dunklere und gekrauste Bart, seine bestürzenden Augen, die so viel mehr sagten als seine Worte, und seine großen, feinfühligen, langfingerigen Hände – all das war mehr als eine Vision. Ihr Anblick erfüllte sie mit einem inneren Seufzen. Er wußte immer, was mit den Händen tun, ob er nun ein Stück Flint hielt oder genau die richtige Stelle fand, den Junghengst zu kraulen. Renner! Ein guter Name. Der Mann hatte ihm einen Namen gegeben.
    Wie konnte ein Mann, der so groß und so stark war, so sanft sein? Sie hatte seine harten Muskeln gespürt, hatte gefühlt, wie sie sich bewegten, als er versuchte, sie zu trösten. Er … er schämte sich nicht, Zuneigung oder Kummer zu zeigen. Die Männer im Clan waren distanzierter und reservierter. Selbst Creb, von dem sie sehr wohl wußte, daß er sie liebte, hatte seine Gefühle nie so offen gezeigt.
    Was sollte sie nur tun, wenn er nicht mehr da war? Sie wollte nicht darüber nachdenken. Trotzdem mußte sie dem ins Auge sehen: Er würde fortgehen. Er hatte gesagt, er wolle ihr etwas schenken, bevor er gehe – er hatte gesagt, er werde fortgehen.
    Ayla wälzte sich die ganze Nacht von einer Seite auf die andere, erhaschte Blicke auf seinen bloßen, tiefgebräunten Oberkörper; auf seinen Hinterkopf und seine breiten Schultern; und – einmal – auf seinen rechten Oberschenkel mit der gezackten Narbe, aber nichts Schlimmerem. Warum war er geschickt worden? Sie lernte die neuen Wörter – um ihr das Sprechen beizubringen? Er wollte ihr eine neue, eine bessere Art zu jagen zeigen. Wer hätte gedacht, daß ein Mann einmal bereit wäre, ihr in der Jagd etwas Neues beizubringen? Auch in der Beziehung war Jondalar anders als die Clan-Männer. Vielleicht gelingt es mir, etwas Besonderes für ihn zu tun, damit er mich nicht vergißt.
    Ayla döste ein in dem Gedanken, wie sehr es sie danach verlangte, daß er sie wieder in den Armen hielt, wie sehr sie seine Wärme spüren und seine Haut an der ihren fühlen wollte. Kurz vor Morgengrauen erwachte sie aus einem Traum, in dem er über die winterliche Steppe dahinschritt, und da wußte sie, was sie gern tun wollte. Sie wollte etwas für ihn machen, das seiner Haut immer nahe wäre, etwas, das ihn warmhielt.
    Leise stand sie auf und fand die Kleider, die sie ihm in der ersten Nacht vom Leib geschnitten hatte, und trug sie näher an die Feuerstelle heran. Das getrocknete Blut machte sie immer noch steif, aber wenn sie das einweichte, konnte sie feststellen, wie sie gemacht waren. Das Hemd mit dem reizvollen Muster darauf ließ sich ihrer Meinung nach retten, sofern sie die Armteile ersetzte. Die Hosen mußte sie aus neuem Material ganz neu machen, doch von der Bluse ließ sich einiges retten. Die Füßlinge waren unbeschädigt und brauchten nur neue Riemen.
    Sie beugte sich dicht über die rote Glut und untersuchte die Säume. Die ganzen Ränder entlang waren kleine Löcher in die Felle gestochen und diese mit Hilfe von Sehnen und dünnen Lederstreifen zusammengezogen worden. Zwar hatte sie sie sich bereits einmal angesehen – in der Nacht, da sie die Kleidung aufgeschnitten hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie all dies nachmachen konnte, aber sie konnte es immerhin versuchen.
    Jondalar regte sich, und sie hielt den Atem an. Sie wollte nicht, daß er sie mit seinen Kleidern ertappte; davon sollte er erst erfahren, wenn sie fertig waren. Er beruhigte sich wieder und machte die schweren Atemzüge des Tiefschlafs. Sie verschnürte die Kleider noch einmal zu einem Bündel und steckte dieses unter ihren Schlafpelz. Später, so nahm sie sich vor, würde sie ihren Stapel gewalkter Felle und Pelze nach solchen Stücken durchsehen, die sich verwenden ließen.
    Ein schwaches Licht kam durch den Höhleneingang und den Rauchabzug hereingeströmt, und

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