Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
was ich sonst haben möchte, eintauschen. Die meisten Männer gehen allerdings auf die Jagd, und wenn ein junger Mann das erste selbsterlegte Tier nach Hause bringt, ist das schon etwas Besonderes.«
Jondalars Stimme nahm bei diesen Worten den warmen Ton der Erinnerung an. »Es gibt zwar keine besondere Zeremonie, aber jeder in der Höhle bekommt etwas von seiner ersten Beute ab – während er selbst überhaupt nicht davon ißt. Geht er vorüber, reden die anderen so laut, daß er es hören muß, und sagen, wie groß und wie wunderbar das von ihm erlegte Tier ist, wie zart das Fleisch und wie köstlich es schmeckt. Die Männer fordern ihn auf, zusammen mit ihnen auf die Jagd zu gehen, oder unterhalten sich nur mit ihm. Und die Frauen behandeln ihn nicht mehr wie einen jungen, sondern wie einen Mann und machen gutmütige Witze mit ihm. Fast jede Frau würde, wenn er alt genug ist und es möchte, mit ihm zusammenliegen. Das erste Mal ein Tier erlegt zu haben, verleiht ihm sehr wohl das Gefühl, ein Mann zu sein.«
»Aber eine Mannbarkeitszeremonie gibt es nicht?«
»Jedesmal, wenn ein Mann ein Mädchen zur Frau macht, sie öffnet und die Lebenskraft in sie hineinfließen läßt, bestätigt er sich in seiner Männlichkeit. Das ist der Grund, warum sein Werkzeug, seine Männlichkeit, Frauen-Macher genannt wird.«
»Es könnte sein, daß sie damit nicht nur zur Frau gemacht wird. Es könnte auch sein, daß dadurch ein Baby entsteht.«
»Ayla, die Große Erdmutter ist es, die eine Frau mit Kindern segnet. Sie bringt sie in die Welt und an das Herdfeuer eines Mannes. Doni hat die Männer geschaffen, ihr zu helfen, für sie zu sorgen, wenn sie hochschwanger ist oder ein Kind nährt oder für ein Kleinkind sorgt. Und um sie zur Frau zu machen. Ich kann es dir nicht besser erklären. Vielleicht kann ein Zelandoni das.«
Vielleicht hat er recht, dachte Ayla und schmiegte sich an ihn. Aber wenn es nicht stimmt, könnte jetzt ein Baby in mir wachsen. Sie lächelte. Ein Baby wie Durc, das ich herzen und hätscheln, das ich umsorgen kann, ein Baby, das ein Teil von Jondalar wäre.
Wer aber hilft mir, wenn er fort ist, dachte sie, und das versetzte ihr einen Stich. Sie mußte an ihre schwierige erste Schwangerschaft denken, daran, daß bei der Geburt der Tod sie gestreift hatte. Ohne Iza lebte ich jetzt nicht mehr. Und selbst wenn ich es schaffte, das Kind allein zu gebären – wie sollte ich dann jagen und für das Baby sorgen? Was, wen ich verletzt oder gar getötet werde? Wer würde sich dann meines Babys annehmen? Es würde sterben, ganz allein sich selbst überlassen.
Ich darf jetzt kein anderes Baby bekommen! Sie schoß in die Höhe. Was, wenn nun eines anfängt, in mir zu wachsen? Was sollte ich dann tun? Izas Medizin! Rainfarn und Mistel, oder … keine Mistel. Die wächst nur auf Eichen, und hier gibt es keine Eichen. Aber es gibt etliche andere Pflanzen, die es auch tun – ich muß darüber nachdenken. Es könnte gefährlich sein, doch besser, das Baby jetzt zu verlieren, als daß irgendeine Hyäne es frißt, nachdem es geboren ist.
»Stimmt irgend etwas nicht, Ayla?« fragte Jondalar und bedeckte eine feste Brust mit seiner Hand, denn er wußte, er konnte. Und dies Bewußtsein machte, daß er wollte.
Sie drängte sich seiner Hand entgegen, erinnerte sich, was seine Berührung bewirkte. »Nein, es ist nichts.«
Lächelnd entsann er sich der tiefen Befriedigung, die er vor kurzem erfahren, und spürte, wie es sich neuerlich in ihm regte. Bald, dachte er. Ich glaube, sie besitzt den Haduma-Zauber!
Sie sah Wärme und Begehren in seinen blauen Augen. Vielleicht möchte er noch einmal Wonnen mit mir machen, dachte Ayla und erwiderte sein Lächeln. Doch dann schwand ihr Lächeln. Wenn jetzt kein Baby in mir wächst und wir machen wieder Wonnen, könnte es sein, daß dann eines in mir wächst. Vielleicht sollte ich Izas Geheimmedizin nehmen, diejenige, von der sie gesagt hat, ich solle sie nie einem Menschen gegenüber erwähnen.
Sie erinnerte sich an das, was Iza ihr von den Kräutern erzählt hatte – von Goldrute und Salbeiwurzel –, denen ein so mächtiger Zauber innewohnte, daß sie dem Totem einer Frau die Kraft verliehen, gegen die die durchdringenden Säfte des Mannes anzukämpfen und zu verhindern, daß Leben entstand. Ayla hatte gerade erfahren, daß sie schwanger war. Vorher hatte Iza ihr nicht von dieser Medizin erzählt – keiner hätte je gedacht, daß sie ein Baby bekommen würde, und so war es in ihrer
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