Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
angenommen hätte; und ehrgeizig schien er auch zu sein.
Sich mit Fralie zusammengetan zu haben war eine große
Leistung gewesen. Es konnte nur guttun, ihn genauer im Auge
zu behalten.
Selbst daß er ein Angebot auf eine Frau wie sie abgegeben
hatte, bewies eine gewisse Kühnheit. Der Brautpreis bildete die
Grundlage des ökonomischen Wertes unter den Mamutoi;
Bräute stellten die gängige Währung dar, nach der alles andere
bemessen wurde. Das Ansehen, das ein Mann in einer
Gesellschaft genoß, stammte von der Frau, die ihn geboren und
von der Frau oder den Frauen, auf die er – kraft seines Status, seines Könnens als Jäger, irgendeines Handwerks oder besonderen Wissens oder seines Charmes – so anziehend wirkte, daß sie bereit waren, mit ihm zu leben. Eine Frau von hohem Rang zu gewinnen, die bereit war, sich mit ihm zusammenzutun, war gleichbedeutend damit, einen reichen Schatz zu finden, und Frebec war nicht bereit, Fralie ohne
weiteres aufzugeben.
Aber warum hatte sie ihn akzeptiert? fragte Mamut sich.
Gewiß waren da andere Männer gewesen, ihr einen Antrag zu
machen; Frebec hatte ihre Schwierigkeiten doch nur vergrößert.
Er hatte wenig zu bieten gehabt, und Crozie war so
unangenehm, daß Fralies Lager sie hinausgeworfen und Frebecs
eigenes Lager sich geweigert hatte, sie bei sich aufzunehmen.
Und dann hatte ein Lager nach dem anderen ihm einen Korb
gegeben, obwohl er eine schwangere Frau von hohem Rang
mitbrachte. Und jedesmal hatte Crozie aufgrund der
Panikgefühle, die sie befielen, alles immer nur noch schlimmer
gemacht, hatte ihn beschimpft und verunglimpft und ihm die
Schuld an allem gegeben.
Frebec war dankbar gewesen, als das Löwen-Lager ja gesagt
hatte, doch waren sie die letzten gewesen, bei denen er es
versucht hatte. Nicht, daß es ihnen an Ansehen gemangelt hätte,
nur galten sie als ein Lager, das sich aus einem kunterbunt
zusammengewürfelten Haufen zusammensetzte. Talut besaß die
Fähigkeit, im Besonderen eher das Ungewöhnliche zu sehen
und nicht so sehr das Absonderliche. Ansehen war ihm von
klein auf etwas Selbstverständliches gewesen; sein Streben ging
nach mehr, und das fand er im Ungewöhnlichen. Er schätzte das
Ungewöhnliche nachgerade sehr hoch ein und pflegte und hegte
es in seinem Lager. Talut selbst war der größte Mann, den je
jemand gesehen hatte, und zwar nicht nur unter den Mamutoi, sondern auch unter den benachbarten Stämmen. Tulie war die größte und kräftigste der Frauen. Mamut war der älteste Mann. Wymez war der beste Steinschläger. Ranec war nicht nur der Mann mit der dunkelsten Hautfarbe, sondern auch noch der beste Bildschnitzer weit und breit. Und Rydag war das einzige Flachschädelkind. Talut wollte Ayla haben, die mit ihren Pferden und ihrem Können und Gaben wirklich etwas Außergewöhnliches war, und gegen Jondalar, der von so weit
her kam, hatte er auch nichts einzuwenden.
Frebec wollte nicht ungewöhnlich sein, zumal er sich selbst
stets nur als das Letzte von irgend etwas sehen konnte. Er suchte
immer noch einen Platz im Gewöhnlichen und hatte damit
angefangen, aus dem Allergewöhnlichsten eine Tugend zu
machen. Er war ein Mamutoi, daher war er besser als jeder, der
dies nicht war, besser als jeder, der anders war. Ranec mit seiner
dunklen Haut – und seinem beißenden Sarkasmus – war ja im
Grunde gar kein Mamutoi. Er war kein Kind von ihnen,
wohingegen er, Frebec, das sehr wohl war; und ganz bestimmt
war er besser als diese Tiere, diese Flachschädel. Der Junge, den
Nezzie so liebte, besaß überhaupt keinen Status, da er von einer
Flachschädelfrau geboren worden war.
Und auf diese Ayla, die mit ihren Pferden und ihrem großen
Fremden dahergekommen war, hatte bereits der dunkelhäutige
Ranec, den alle Frauen trotz – vielleicht aber auch gerade wegen
– dieses Unterschiedes begehrten, sein hochmütiges Auge
geworfen. Ihn, Frebec, hatte sie noch nicht einmal angesehen,
als ob sie wüßte, daß er ihrer Aufmerksamkeit nicht wert sei. Es
spielte keine Rolle, daß sie etwas konnte oder besondere Gaben
besaß oder besonders schön war; er war gewißlich besser als sie;
sie war keine Mamutoi, wohingegen er einer war. Darüber
hinaus hatte sie auch noch bei diesen Flachschädeln gelebt. Und
jetzt wollte Talut sie zu einer Mamutoi machen!
Frebec wußte, daß er der Urheber dieser unerfreulichen Szene
war, die sich eben abgespielt hatte. Er hatte bewiesen, daß er
bedeutend genug war zu verhindern, daß sie adoptiert und
aufgenommen wurde; aber er
Weitere Kostenlose Bücher