Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
hatte den großen Anführer
wütender gemacht, als er ihn jemals erlebt hatte, und es war ein
wenig beängstigend, den riesigen Bär von einem Mann so
wütend zu sehen. Talut konnte ihn, Frebec, hochheben und
einfach in zwei Teile zerbrechen. Zumindest konnte Talut dafür
sorgen, daß er zu verschwinden hatte. Und wie lange würde er
dann seine angesehene Frau behalten können?
Doch trotz seines beherrschten Zorns behandelte Talut Frebec
mit mehr Achtung, als er es gewohnt war. Seine Bemerkungen
waren nicht einfach beiseite gefegt worden.
»Ob deine Einwände vernünftig sind oder nicht, spielt keine
Rolle«, fuhr Talut kalt fort. »Ich bin überzeugt, Ayla hat viele
ungewöhnliche Gaben, von denen wir nur Gutes haben können.
Dem hast du widersprochen, und du hast gesagt, sie habe nichts
von Wert zu bieten. Ich wüßte nicht, was geboten werden und
letztlich nicht von irgendwem in Frage gestellt und bezweifelt
werden könnte, wenn man nur wollte …«
»Talut«, sagte Jondalar, »verzeih, daß ich dir ins Wort falle,
während du den Sprecherstab hältst, aber ich glaube, ich weiß
etwas, das von niemand in Frage gestellt werden kann.« »Wirklich?«
»Ja, das glaube ich. Könnte ich unter vier Augen mit dir
sprechen?«
»Tulie, übernimmst du für einen Augenblick den
Sprecherstab?« sagte Talut und begab sich mit Jondalar hinüber
zum Herdfeuer des Löwen. Neugieriges Stimmengemurmel
folgte ihnen.
Jondalar ging zu Ayla und sprach mit ihr. Sie nickte und setzte
Rydag ab, richtete sich auf und eilte hinüber zum Herdfeuer des
Mammut.
»Talut, bist du bereit, sämtliche Feuer zu löschen?« fragte
Jondalar.
Talut legte die Stirn in Falten. »Sämtliche Feuer? Es ist bitter
kalt draußen, und es weht ein eisiger Wind. Es könnte rasch kalt
werden hier drinnen.«
»Ich weiß, aber glaub mir, es lohnt sich. Damit Ayla dies
wirkungsvoll vorführt, muß es dunkel sein. Es bleibt bestimmt
nicht lange kalt.«
Ayla kam mit einigen Steinen in der Hand zurück. Talut sah
erst sie und dann Jondalar und dann wieder sie an. Schließlich
nickte er. Ein Feuer ließ sich immer wieder entzünden, selbst
wenn das eine mühselige Sache war, die viel Zeit kostete. Sie
kehrten zurück zur Kochstelle, und Talut sprach – wiederum
unter vier Augen – mit Tulie. Die Rede ging ein paarmal hin
und her, dann wurde Mamut zugezogen, und zum Schluß
redete Tulie auch noch mit Barzec. Barzec gab Druwez und
Danug einen Wink, woraufhin alle Überwürfe anzogen, große,
eng geflochtene Körbe aufnahmen und hinausgingen. Irgend etwas Ungewöhnliches tat sich, und das ganze Lager
harrte gespannt der Dinge, die da kommen sollten, fast als ginge
es um eine ganz besondere Zeremonie. Geheime Beratungen
und eine geheimnisvolle Vorführung – so etwas hatten sie nicht
erwartet.
Barzec und die Jungen waren bald wieder mit Körben, gefüllt
mit lockerer Erde, zurück. Am hinteren Ende – dem Herdfeuer
des Auerochsen – beginnend, stocherten sie in der Glut jeder Feuergrube herum und streuten dann Erde darüber, um die Flammen zu ersticken. Als sie begriffen, was da vorging, wurden
die Angehörigen des Lagers unruhig.
Da es mit jedem Feuer, das gelöscht wurde, im Langhaus
dunkler wurde, hörte schließlich jede Unterhaltung auf, und es
wurde vollkommen still. Der Wind draußen heulte lauter, der
Luftzug, der durchs Innere fuhr, fühlte sich kälter an und
brachte einen stärkeren und immer unheimlicher werdenden
Eiseshauch. Feuer war etwas, das man hoch schätzte und
verstand; allerdings nahm man es schon als gegeben hin, selbst
wenn sie sich darüber im klaren waren, daß ihr Leben davon
abhing, als sie die Feuer erlöschen sahen.
Schließlich brannte nur noch das Feuer in der großen
Kochstelle. Ayla hatte ihr Material zum Feuermachen neben der
Herdstelle bereitgelegt. Auf einen Wink von Talut hin streute
Barzec, der sehr wohl ein Gefühl für die Dramatik des
Augenblicks hatte, die restliche Erde auf das letzte Feuer, und
die Leute hielten die Luft an.
Gleich darauf herrschte vollkommenes Dunkel in der
Erdhütte. Es war nicht nur so, daß kein Licht da war; was so
atemraubend war, war die Vollkommenheit des Dunkels. Ein
erdrückendes, eindeutig entschiedenes Tiefschwarz füllte jeden
leeren Raum aus. Es waren keine Sterne da, kein
mattschimmerndes Mondrund, keine perlmuttfarbenen
Wolken. Man konnte die Hand vor Augen nicht sehen. Es gab
keine Tiefen, keine Schatten, keine Umrisse – nur Schwarz in
Schwarz. Das Sehvermögen hatte allen Wert
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