Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
neigen nun mal dazu, Partei zu ergreifen,
Streitigkeiten können zu regelrechten Kämpfen führen, und
dabei kann jemand verletzt werden, oder noch Schlimmeres
geschieht. Das führt zu Wut und Zorn, und dann verlangt
jemand nach Rache. Manchmal besteht die einzige Möglichkeit,
eine Tragödie zu vermeiden, darin, eine Gruppe
auseinanderbrechen zu lassen … oder eine hohe Entschädigung
oder Buße zu zahlen und den Unruhestifter fortzuschicken …« Schmerzliche Stränge bildeten sich auf seiner Stirn, als er die
Augen für einen Moment schloß, und Ayla fragte sich, was ihm
solchen Kummer bereitete.
»Aber Frebec und Crozie streiten sich von morgens bis
abends, und die Leute mögen das gar nicht«, sagte sie. »Darüber wußte das Lager ganz allgemein Bescheid, bevor sie einwilligten, sie bei sich aufzunehmen, zumindest ahnten sie es. Es hatte ja jeder Gelegenheit gehabt, nein zu sagen, deshalb kann jetzt keiner irgendeinem einen Vorwurf machen. Hat man sich erst mal zu etwas durchgerungen, muß man dazu stehen; außerdem ist es ja nur für den Winter. Im Sommer ist es
leichter, etwas zu verändern.«
Ayla nickte. Sie war sich immer noch nicht ganz sicher, ob er
auch wirklich wollte, daß sie eine Mamutoi wurde. Aber ihnen
den Pyrit zu zeigen, war seine Idee gewesen, und es hatte
geklappt. Beide gingen sie hinüber zum Herdfeuer des Löwen,
um die Steine abzuliefern. Talut und Tulie waren in ein
Gespräch vertieft. Nezzie und Mamut wurden gelegentlich
hinzugezogen, hörten aber mehr zu, als daß sie etwas sagten. »Hier sind die Pyritwürfel, die ich euch versprochen habe«,
sagte Ayla, als sie an das Feuer gebeten wurde. »Ihr könnt sie
heute verteilen.«
»O nein«, wandte Tulie ein. »Heute nicht. Heb dir das für die
Zeremonie auf. Wir haben gerade darüber gesprochen. Die
Steine gehören dann zu den Geschenken. Wir müssen uns nur
noch auf ihren Wert einigen, damit wir planen können, was
sonst noch erforderlich ist. Sie sollten schon einen sehr hohen
Wert besitzen, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch
als Handelswert – und für den Rang, den sie dir verleihen.« »Was für Geschenke?« fragte Ayla.
»Wenn jemand adoptiert wird«, erklärte Mamut, »ist es
üblich, Geschenke auszutauschen. Die Person, die adoptiert
wird, erhält von jedem Geschenke, und im Namen des sie
adoptierten Herdfeuers werden an alle anderen Herdfeuer
Geschenke ausgeteilt. Sie brauchen nicht groß zu sein, eigentlich
nur ein Zeichen, es macht aber auch nichts, wenn sie sehr
wertvoll sind. Das kommt ganz auf die Umstände an.« »Meiner Meinung nach sind die Pyritsteine wertvoll genug,
daß sie ein hinreichend kostbares Geschenk für jedes Herdfeuer
darstellen«, erklärte Talut.
»Talut, ich würde dir zustimmen, wenn Ayla bereits eine
Mamutoi wäre und ihr Wert feststünde«, sagte Tulie, »aber in
diesem Falle versuchen wir ja gleichzeitig, ihren Brautpreis
festzusetzen. Das ganze Lager hat sein Gutes davon, wenn sie
einen hohen Preis rechtfertigt. Da Jondalar es abgelehnt hat,
sich adoptieren zu lassen … vorläufig jedenfalls …« Das
Lächeln, mit dem Tulie ihn bedachte, um ihm zu zeigen, daß sie
ihm nicht böse sei, hatte fast etwas Liebevolles, war aber in
keiner Weise kokett. Es zeigte nur ihre Überzeugung, selbst
attraktiv und begehrenswert zu sein.
»Jedenfalls wird es mir ein Vergnügen sein, ein paar
Geschenke zum Verteilen beizusteuern.«
»Was für Geschenke denn?« fragte Ayla.
»Ach … Geschenke eben. Es kann alles mögliche sein«, sagte
Tulie.
»Pelze sind sehr schön, und Kleidungsstücke … Hemden,
Beinlinge, Füßlinge, oder das Leder, um welche daraus zu
fertigen. Deegie stellt wunderschön gefärbtes Leder her.
Bernstein und Muscheln, und Elfenbeinkügelchen, um
Halsketten daraus zu machen oder Kleider damit zu verzieren.
Die Reißzähne von Wölfen und anderen Raubtieren werden
sehr geschätzt. Aber auch Elfenbeinschnitzereien, Feuersteine,
Salz … auch Essenssachen eignen sich gut als Geschenk,
besonders dann, wenn man sie nicht gleich verbrauchen muß,
sondern sie aufheben kann. Alles, was gut gemacht ist: Körbe,
Matten, Leibriemen, Messer. Ich finde, es ist wichtig, soviel wie
möglich zu geben, damit, wenn jeder die Geschenke beim
Treffen herumzeigt, von vornherein klar ist, daß du eine Fülle von Dingen zu bieten hast. Daran zeigt sich dann dein Rang. Dabei spielt es keine Rolle, wenn das meiste von Talut und
Nezzie stammt.«
»Du und Talut und Nezzie, ihr braucht nichts für mich
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