Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
ein
Trinkbecher, der Talisman vom Herdfeuer des Auerochsen. Der Rock war diagonal geschnitten; die Bahnen begannen
seitlich etwas oberhalb des Knies und endeten in Gürtelhöhe
vorn und hinten. Drei Reihen Elfenbeinkügelchen, ein Streifen
Kaninchenfell sowie ein zweiter Pelzstreifen, der sich aus dem
gestreiften Rückenfell mehrerer Eichhörnchen zusammensetzte,
betonte den schräg verlaufenden Saum; außerdem hingen auch
hier wieder Fransen aus den langen äußeren Deckhaaren des
Mammuts herunter, die bis zum Unterschenkel
hinunterreichten. Beinlinge hatte sie nicht angelegt, so daß ihre
Beine durch die Fransen hindurch ebenso zu sehen waren wie
dunkelbraune hohe Stiefel, die am Fuß mokassinartig anlagen
und einen Schimmer aufwiesen, der verriet, daß sie
wasserundurchlässig waren.
Ayla fragte sich, wie das Leder diesen warmen Schimmer
bekommen hatte. Das Leder und die Felle, die sie selbst
herstellte, wies nur die weiche natürliche Beschaffenheit von
Hirschleder auf. Doch daran dachte sie jetzt nur flüchtig, denn
sie schaute Deegie geradezu ehrfurchtsvoll an und meinte, nie
eine schönere Frau gesehen zu haben.
»Deegie, es ist wunderbar … ein Hemd?«
»Ja, du könntest es ein langes Hemd nennen. Aber eigentlich
ist es ein Sommerkleid. Ich hatte es mir eigens für das Treffen
im vorigen Jahr gemacht, als Branag mir seinen Antrag machte.
Aber dann überlegte ich es mir anders und zog etwas anderes
an. Ich wußte, daß wir meistens drinnen sein würden, und bei
der ganzen Feierei wäre es zu warm geworden.«
Jondalar gesellte sich zu ihnen, und es war unverkennbar, daß
auch er Deegie sehr attraktiv fand. Als er sie anlächelte, lächelte
Deegie den großen, stattlichen Mann mit den leuchtend blauen
Augen warm und einladend an.
Talut trat mit einer riesigen Platte, auf der Essen gehäuft war,
zu ihnen. Ayla schluckte und starrte ihn an. Er trug einen
phantastischen Kopfputz, der ihm so hoch auf dem Kopf saß,
daß er die Decke streifte. Die Kopfbedeckung bestand aus
unterschiedlich gefärbtem Leder, mehreren Fellarten, darunter
einem langen buschigen Eichhörnchenschweif, der ihm den
Rücken herunterhing, sowie den Spitzen zweier vergleichsweise
kleiner Mammutstoßzähne, die, seitlich vom Kopf ausgehend,
hochragten wie Hörner und sich an den äußersten Spitzen über
ihm trafen wie die Stoßzähne der Eingangsbögen. Sein Gewand,
das ihm bis zu den Knien reichte, war von einem warmen
Kastanienbraun – zumindest waren das die Teile, die sie sehen
konnte. Die Vorderseite war so reich mit einem verzwickten
Muster aus Elfenbeinkügelchen, Tierzähnen und verschiedenen
Muscheln geschmückt, daß man von dem Leder kaum etwas
sah.
Dazu trug er um den Hals eine schwere Kette aus den Krallen
und dem Reißzahn des Höhlenlöwen; ein um das andere Glied
bestand aus Bernstein; mitten auf der Brust hing daran eine Elfenbeinscheibe, in die geheimnisvolle Zeichen eingeritzt waren. Ein tief getragener, breiter schwarzer Ledergürtel lag ihm um die Hüften und wurde vorn von quastengeschmückten Bändern zusammengehalten. An Schlaufen trug er an diesem Gürtel einen Dolch, der aus der Spitze eines Mammutstoßzahnes gefertigt war und unterhalb des Griffs zwecks besseren Halts und zum Schutz für die Hand eine Querstrebe aufwies; des weiteren eine Lederscheide mit Feuersteinmesser und Elfenbeingriff sowie ein runder, radförmiger Gegenstand mit speichenähnlicher Unterteilung, von dem an Schlaufen ein Beutel, mehrere Reißzähne und – am auffälligsten – die Schwanzquaste eines Höhlenlöwen herabhingen. Ein Fransenband aus langen Mammuthaaren, das fast bis auf den Boden herunterhing, ließ beim Gehen erkennen, daß seine Beinlinge genauso geschmückt waren wie sein
Gewand.
Sein blankes Schuhwerk war besonders interessant; nicht
wegen der Verzierungen, denn solche wies es überhaupt nicht
auf, sondern weil sich nirgends eine Naht entdecken ließ. Die
Schuhe schienen vielmehr aus einem einzigen Stück weichen
Leders zu bestehen, das genauso geformt war wie sein Fuß.
Auch das war wieder eines der Rätsel, vor die Ayla sich gestellt
sah. Sie nahm sich vor, sich später um eine Antwort auf diese
Fragen zu bemühen.
»Jondalar! Wie ich sehe, hast du dir zur Gesellschaft die
schönsten Frauen ausgesucht«, sagte Talut.
»Da hast du recht!«, sagte Jondalar lächelnd.
»Ich möchte wetten, daß diese beiden überall gut
abschneiden«, fuhr Talut fort. »Du bist doch weit gereist. Was
meinst du?«
»Das würde ich nicht
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