Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
bestreiten. Ich habe viele Frauen gesehen, aber nirgends eine schönere als hier«, sagte Jondalar und schaute Ayla dabei direkt an. Dann bedachte er auch Deegie
mit seinem Lächeln.
Deegie kochte. Sie genoß das Geplänkel, doch herrschte
keinerlei Zweifel, wem Jondalars Herz gehörte. Talut machte ihr
ohnehin immer ausgefallene Komplimente; sie war seine
anerkannte Nachfahrin und Erbin, die Tochter seiner
Schwester, die wiederum die Tochter seiner Mutter war. Er
liebte die Kinder seines eigenen Herdfeuers und sorgte für sie,
aber es waren Nezzies Kinder und die Erben ihres Bruders
Wymez. Sie hatte zusätzlich noch Ranec adoptiert, da seine
Mutter tot war, und das machte ihn sowohl zum Kind von
Wymez’ Herdfeuer wie zu seinem legitimen Nachfahren und
Erben, doch das war eine Ausnahme.
Alle Angehörigen des Löwen-Lagers begrüßten die
Gelegenheit, sich in ihren schönsten Kleidern zu zeigen, und
Ayla bemühte sich, sie nicht alle nacheinander anzustarren. Ihre
Gewänder waren verschieden, wiesen mal Ärmel auf und mal
nicht und zeichneten sich durch eine Vielzahl von Farben und
durch individuelle Verzierungen auf. Die der Männer waren für
gewöhnlich kürzer und auffälliger verziert; außerdem trugen die
Männer im allgemeinen irgendeine Kopfbedeckung. Die Frauen
zogen zumeist einen vorn spitz zulaufenden Ausschnitt vor.
Tulies Gewand hatte etwas von einem gürtelgehaltenen langen
Hemd, das sie über Beinlingen trug. Es war mit komplizierten
kunstvollen Mustern geschmückt, mit Perlen, Muscheln,
Zähnen, geschnitztem Elfenbein und – bei ihr besonders
auffällig – schweren Brocken Bernstein. Sie trug zwar keine
Kopfbedeckung, doch hatte sie ihr Haar so kunstvoll aufgesteckt
und geschmückt, daß es aussah, als trüge sie doch eine. Das am meisten aus dem Rahmen fallende Gewand war jedoch das von Crozie. Statt vorn spitz auszulaufen, war es durchgehend diagonal geschnitten, wies rechts eine abgerundete Spitze auf und links unten einen gerundeten Ausschnitt. Das Überwältigendste jedoch war die Farbe. Das ganze Gewand war weiß, nicht creme- oder elfenbeinfarben sondern rein weiß; außerdem wies es unter anderem Fransen von den weißen
Federn des großen Kranichs des Nordens auf.
Selbst die Kinder trugen Festtagskleider. Als Ayla Latie am
Rand einer Gruppe von Kindern erblickte, die sie und Deegie
umringten, bat sie sie, einmal herzukommen und ihr Kleid zu
zeigen, ja, sich zu ihnen zu gesellen. Latie sagte ein paar Worte
über die Art und Weise, wie Ayla die Perlen und Muscheln trug,
die Deegie ihr geschenkt hatte, und meinte, so würde sie diese
auch anlegen. Ayla lächelte. Sie hatte sich keine andere Art
ausdenken können, sie zu tragen, und hatte sie schließlich
zusammengedreht und sich einfach um den Kopf gewunden, so,
wie sie es sonst mit ihrer Schleuder machte. Latie wurde bald in
das allgemeine muntere Geplauder mit einbezogen und lächelte
scheu, als Wymez ihr sagte, sie sehe reizend aus – ein
ausgefallenes Kompliment aus dem Mund dieses sonst so
einsilbigen Mannes. Nachdem erstmal Latie zu ihnen gestoßen
war, ließ auch Rydag nicht lange auf sich warten. Ayla nahm ihn
auf den Schoß.
Sein Gewand war dem Taluts ähnlich, nur nicht ganz so reich
verziert. Das wäre ihm auch viel zu schwer gewesen. Taluts
Zeremonialgewand wog ein Mehrfaches von dem Rydags. Nur
wenige Menschen wären imstande gewesen, einen so schweren
Kopfputz länger aufzubehalten.
Ranec hingegen ließ sich erst spät blicken. Sein Fehlen fiel
Ayla auf, und sie sah sich öfters suchend nach ihm um. Doch als
sie ihn dann schließlich erblickte, war sie überrascht. Alle hatten sie es genossen, Ayla ihre Festgewänder vorzuführen und zu beobachten, wie sie reagierte; und sie war jedesmal entzückt und beeindruckt und machte keinerlei Hehl daraus. Ranec hatte sie beobachtet und wollte eine besonders nachdrückliche Wirkung erzielen; er kehrte daher zum Herdfeuer des Fuchses zurück und kleidete sich nochmals um. Er hatte sie vom Herdfeuer des Löwen aus beobachtet und tauchte nun neben ihr auf, während sie in ein Gespräch vertieft war. Als sie den Kopf wandte, war er plötzlich da, und ihrem erstaunten Blick nach zu urteilen, hatte
er die erhoffte Wirkung nicht verfehlt.
Schnitt und Stil seines Gewandes waren überaus
ungewöhnlich; sein nach unten schmaler werdender Hauptteil
sowie die weiten, bauschigen Ärmel verliehen ihm ein sehr
anderes Aussehen und verrieten seine fremde Herkunft. Es war
kein Mamutoigewand, sondern eines,
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