Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Medizinfrau, Ayla – aber wie willst du die beste sein, wenn du dich nicht darauf verstehst, dich der Hilfe der Geisterwelt zu vergewissern?«
Ayla spürte, wie sich ihr Magen angstvoll verkrampfte. Sie war eine Heilkundige, eine gute Heilkundige, und Iza hatte gesagt, eines Tages werde sie die beste sein. Jetzt behauptete Mamut, ohne die Hilfe der Geister könne sie nicht die beste werden; wahrscheinlich hatte er recht. Schließlich hatte Iza immer Creb um Hilfe gebeten, oder?
»Aber ich kenne die Welt der Geister nicht, Mamut«, sagte Ayla. Verzweiflung griff nach ihrem Herzen, Panik kroch in ihr hoch.
Mamut schob sein Gesicht nahe an das ihre heran. Er ahnte, daß der Augenblick richtig war, und zog aus irgendeiner Quelle in seinem Inneren die Kraft, Ayla unter Druck zu setzen. »Doch tust du das«, sagte er jetzt in gebieterischem Ton. »Du tust es doch, nicht wahr, Ayla?«
Angstvoll weiteten sich ihre Augen. »Ich will die Geisterwelt nicht kennen!« schrie sie förmlich.
»Vor dieser Welt hast du nur deshalb Angst, weil du sie nicht verstehst. Ich kann dir helfen, sie zu verstehen. Ich kann dir helfen, sie für deine Zwecke einzuspannen. Du bist dem Herdfeuer des Mammut geboren, den Geheimnissen der Mutter geboren, egal, wo du zur Welt kamst oder wohin du gehst. Du kannst dich nicht wehren, es zieht dich einfach an und läßt dich nicht los. Entrinnen kannst du ihm nicht, aber mit Übung und zunehmendem Verständnis kannst du es beherrschen. Du kannst dir die Geheimnisse nutzbar machen. Ayla, du kannst gegen deine Bestimmung nicht ankämpfen, und es ist dir nun mal bestimmt, Der Mutter Zu Dienen.«
»Ich bin eine Medizinfrau. Das ist meine Bestimmung.«
»Ja, es ist dein Schicksal, eine Medizinfrau zu sein, aber das heißt ja, Der Mutter Zu Dienen, und eines Tages könnte es sein, daß von dir erwartet wird, Ihr auf andere Weise zu dienen. Darauf gilt es, dich vorzubereiten. Ayla, du möchtest die beste Medizinfrau sein, nicht wahr? Selbst du weißt, daß es Krankheiten gibt, denen durch Heilkräuter und andere Behandlung nicht beizukommen ist. Wie heilst du jemand, der nicht mehr leben will? Welche Medizin gibt es, jemand den Willen einzuflößen, von einem schweren Unfall zu genesen? Wenn jemand stirbt, wie behandelst du die Hinterbliebenen?«
Ayla beugte den Kopf. Wenn jemand gewußt hätte, ihr zu helfen, als Iza starb, wäre ihr vielleicht nicht die Milch versiegt, und wäre es vielleicht nicht nötig gewesen, ihren Sohn anderen Frauen zu überlassen, die selbst Babys stillten und daher genug Milch hatten. Wußte sie denn, was tun, wenn das jemand widerfuhr, den sie pflegte? Würde Wissen um die Geisterwelt ihr helfen, zu wissen, was zu tun sei?
Rydag hatte die spannungsgeladene Auseinandersetzung zwischen den beiden verfolgt und war sich bewußt gewesen, daß sie ihn momentan einfach vergessen hatten. Er hatte Angst, sich zu bewegen, Angst, daß sie das von etwas überaus Wichtigem ablenken könne, obwohl er sich nicht sicher war, worum es eigentlich ging.
»Ayla, wovor hast du denn Angst? Was ist geschehen, daß du dich abwendest? Sag es mir«, versuchte Mamut sie zu überzeugen.
Plötzlich erhob Ayla sich. Sie nahm die warmen Felle hoch und stopfte sie um den alten Schamanen herum fest. »Du mußt zugedeckt bleiben, damit die Packung ihre Wirkung tut«, sagte sie, offensichtlich abgelenkt und völlig durcheinander. Mamut legte sich zurück, erhob keinerlei Einwände dagegen, daß sie die Behandlung zu Ende führte. Er begriff, daß sie Zeit brauchte. Nervös und erregt begann sie, auf und ab zu gehen. Ihre Augen richteten sich auf nichts Bestimmtes, gingen in die Ferne oder in ihr Inneres. Dann fuhr sie herum und sah ihn an.
»Ich hatte es ja nicht vor!« sagte sie »Was hattest du nicht vor?« sagte Mamut.
»In die Höhle hineinzugehen … und die Mog-urs zu sehen.«
»Wann bist du in die Höhle hineingegangen, Ayla?« Mamut wußte um das Verbot, daß Frauen an Clan-Ritualen nicht teilnehmen durften. Sie mußte etwas getan haben, was sie nicht durfte, mußte gegen irgendein Tabu verstoßen haben.
»Beim Clan-Treffen.«
»Wie lange ist es her, daß dieses Treffen stattfand?«
Sie mußte stehenbleiben und überlegen, und während sie das tat, kam ein wenig Klarheit in ihren Geist. »Durc war gerade geboren worden, im Frühling. Nächsten Sommer sind das sieben Jahre her! Nächsten Sommer findet wieder ein ClanTreffen statt. Der Clan zieht zum Treffen, bringt Ura mit zurück. Ura und Durc werden ein Paar
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