Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
gesprochen, außer mit Ayla. Jetzt hielt er inne, nickte aber dann mit großer Entschlossenheit und sagte:
»Es wird Zeit, Rydag, daß du es erfährst. Als ich ein junger Mann und auf Reisen war, fiel ich von einem Felsen herunter und brach mir einen Arm. Ich war wie benommen und kam schließlich in das Lager von Flachschädeln, Leuten des Clan. Ich habe eine Zeitlang bei ihnen gelebt.«
»Deshalb lernst du wohl die Zeichen so schnell!« Rydag lächelte. »Ich hatte dich für besonders klug gehalten.«
»Das bin ich auch, junger Mann«, sagte Mamut und erwiderte das Grinsen. »Allerdings, ein paar sind mir auch wieder eingefallen, als Ayla sie mir zeigte.«
Rydags Lächeln verbreiterte sich. Bis auf Nezzie und den Rest der Familie vom Herdfeuer des Löwen liebte er diese beiden Menschen mehr als irgend jemand auf der Welt; noch nie war er so glücklich gewesen wie seit der Zeit, da Ayla zu ihnen gekommen war. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er reden, konnte er sich den anderen verständlich machen, ja, brachte er bisweilen sogar jemand zum Lachen. Er verfolgte eingehend, wie Ayla Mamut behandelte, und begriff, mit welcher Gründlichkeit und wie kenntnisreich sie vorging. Als Mamut zu ihm hinüberblickte, gab er ihm mit Zeichensprache zu verstehen: »Ayla ist eine gute Heilkundige.«
»Die Medizinfrauen vom Clan sind sehr tüchtig; von denen hat Ayla gelernt. In besseren Händen hätte ich damals mit meinem gebrochenen Arm gar nicht sein können. Die Haut war schlimm aufgeschürft, es war Schmutz in die Wunde geraten, und dann stach auch noch das gebrochene Ende des Knochens aus dem Fleisch heraus. Der Arm sah aus wie ein blutiger Braten. Die Frau – Uba – säuberte die Wunde und richtete den Knochen; es hat nicht einmal geeitert, und Fieber habe ich hinterher auch keines bekommen. Als alles verheilt war, konnte ich den Arm wieder gebrauchen wie zuvor; erst später, in hohem Alter, habe ich ab und zu Schmerzen dort gespürt. Aylas Lehrmeisterin war die Enkelin der Frau, die mir damals geholfen hat, und man hat mir gesagt, sie sei die tüchtigste Medizinfrau weit und breit.« Er sah Rydag genau an, um zu sehen, wie er auf diese Eröffnung reagierte. Fragend sah der Junge sie beide an; offenbar konnte er nicht begreifen, wieso sie dieselben Leute kennen konnten.
»Ja, das stimmt. Und Iza war auch die tüchtigste, wie ihre Mutter und ihre Großmutter vor ihr es gewesen waren«, sagte Ayla. Auf die stummen Zeichen, die von dem Jungen an den alten Mann ergangen waren, hatte sie nicht geachtet; sie war ja ganz vom Anlegen der Umschläge in Anspruch genommen. »Sie wußte alles, was ihre Mutter wußte, besaß die Erinnerungen ihrer Mutter und ihrer Großmutter.«
Ayla schob ein paar Steine von der Feuerstelle näher an Mamuts Lager heran, rechte dann mit zwei Steinen etwas Glut zusammen und häufte diese auf die Steine; dann streute sie zerstoßene Fliegenfängerwurzel darauf. Dann ging sie Felldecken für Mamut holen, damit die Wärme bewahrt bliebe, doch als sie sie um ihn herum feststecken wollte, richtete er sich auf einen Ellbogen auf und sah sie nachdenklich an.
»Die Leute vom Clan sind auf eine Weise anders als wir, die den meisten Menschen nicht klar ist. Nicht, daß sie nicht redeten, oder vielmehr, daß sie sich auf eine andere Weise verständigen als wir. Nein, es geht darum, daß sie ein kleines bißchen anders denken als wir. Wenn Uba, die Frau, die mich gesund pflegte, die Großmutter deiner Iza war, und diese von den Erinnerungen ihrer Mutter und ihrer Großmutter lernte – wie hast du diese Dinge gelernt, Ayla? Du besitzt schließlich keine Clan-Erinnerungen.« Mamut erkannte, daß Ayla vor Verlegenheit rot anlief und erstaunt Luft holte, ehe sie den Blick senkte. »Oder besitzt du doch welche?«
Ayla blickte ihn an, dann senkte sie den Blick wieder. »Nein, ich besitze keine Clan-Erinnerungen«, sagte sie.
»Aber …?«
Ayla hob den Blick wieder. »Was meinst du mit ›aber‹?« sagte sie. Ihre Augen hatten fast etwas Gehetztes, als ob sie Angst hätte. Wieder senkte sie den Blick.
»Du besitzt keine Clan-Erinnerungen, aber … du hast doch etwas, nicht wahr? Irgend etwas vom Clan, oder?«
Ayla hielt den Kopf gesenkt. Woher sollte er es wissen? Sie hatte es nie jemand erzählt, nicht einmal Jondalar. Sie hatte es nicht einmal sich selbst eingestehen wollen – und doch war sie hinterher nie wieder dieselbe gewesen. Es hatte da diese Zeit gegeben, da es ihr widerfahren war …
»Hat es etwas mit
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