Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Schließlich war sie es, die Ranecs Bett geteilt hatte, wohingegen Jondalar allein geschlafen hatte. Wie kam sie dazu, sich darüber aufzuregen, wenn er sich hier beim Sommer-Treffen eine Frau suchte, um die Wonnen mit ihr zu teilen? Das war doch zu erwarten; aber sie wußte auch, warum sie etwas dagegen hatte. Sie wollte, daß er die Wonnen mit ihr teilte. Es war nicht so sehr, daß er sich Mygie ausgesucht hatte; es ging darum, daß er sie nicht gewählt hatte.
»Wenn er sich nach einer Frau umsieht, ist ein netter Rotfuß das beste«, fuhr Deegie fort. »Rotfüße können keine Verpflichtungen eingehen. Wenn der Sommer vorüber ist, hält das Gefühl den langen Winter meist nicht durch – es sei denn, es wäre außergewöhnlich stark. Und das, glaube ich, ist bei ihm in bezug auf Mygie nicht der Fall, Ayla. Vielleicht hilft sie ihm, zu entspannen und klarer zu denken.«
»Du hast recht, Deegie. Was für einen Unterschied macht es schon? Nach der Mammutjagd zieht er ohnehin weiter – hat er jedenfalls gesagt. Und ich habe mich Ranec anverlobt«, sagte Ayla.
Und während sie durch die Menschen dahingingen, dachte sie: Dann suche ich den Clan auf und hole Durc und bringe ihn hierher. Er kann ein Mamutoi werden und an unserem Herdfeuer leben und sich mit Rydag anfreunden. Ura kann er mitbringen, dann hat er auch eine Gefährtin … und ich werde hier leben mit all meinen neuen Freunden, und mit Ranec, der mich liebt, und Durc, meinem Sohn … meinem einzigen Kind … und Rydag, und den Pferden und Wolf … Und ich werde Jondalar nie wiedersehen, dachte Ayla, und ihr Gemüt verdüsterte sich.
33
Rugie und Tusie kamen kichernd und lachend in den Hauptraum des Zeltes hereingelaufen.
»Draußen wartet noch eine«, verkündete Rugie.
Ayla senkte den Blick, und Nezzie und Tulie sahen einander
vielsagend an. Fralie lächelte, und Frebec grinste.
»Noch eine – was?« fragte Nezzie, um auch ganz
sicherzugehen, daß es sich um das handelte, was sie vermutete. »Noch eine ›Ordnung‹«, sagte Tusie in dem selbstgerechten
Ton dessen, der diesen ganzen Unsinn leid war.
»Zwischen all den Abordnungen und deinen Pflichten als
Vormund kommst du ja gar nicht mehr zur Ruhe, Tulie«, sagte
Fralie und schnitt etwas Fleisch für Tasher klein; dabei war sie
sich sehr wohl bewußt, daß ihre Anführerin sich in dem Glanz
sonnte, im Mittelpunkt all des Interesses zu stehen, das dem
Löwen-Lager und seinen Angehörigen entgegengebracht wurde. Tulie und Ayla gingen hinaus, und Nezzie folgte ihnen, um sie
zu unterstützen; denn alle anderen schienen bereits draußen zu
sein. Fralie und Frebec traten an den Zelteingang, um
hinauszuspähen und zu sehen, wer es denn diesmal wäre. Jetzt
folgte auch Frebec den drei Frauen, doch Fralie blieb zurück,
um dafür zu sorgen, daß die Kinder nicht störten. Am Rande
jenes Territoriums, von dem Wolf bestimmt hatte, daß es dem
Löwen-Lager gehöre, stand eine Gruppe von Leuten. Der Wolf
hatte die unsichtbaren Grenzen mit seinem Duft markiert und
patrouillierte sie regelmäßig. Bis an sie heran konnte jeder
kommen, doch ohne daß sie von irgend jemand, der ihm
bekannt war, zum Nähertreten aufgefordert worden waren,
konnte keiner auch nur einen Fuß hineinsetzen.
Das junge Tier stand zwischen den Leuten und dem Zelt und
nahm eine Abwehrstellung ein, zu der gebleckte Zähne und
tiefes Knurren gehörten, und keiner von den Besuchern war
bereit, es darauf ankommen zu lassen, was geschehen würde,
wenn sie näher kämen. Ayla rief ihn zu sich und machte ihm das
Zeichen ›Freund‹, das von ihr wie von allen anderen
Angehörigen des Löwen-Lagers anzuerkennen sie ihn einen
schwierigen Vormittag lang gelehrt hatte. Wider seine stark
ausgeprägten Instinkte bedeutete das, Außenseiter innerhalb der
Territoriumsgrenzen seines Rudels zu dulden. Obwohl er
Fremde, die häufiger zu Gast waren, bereitwilliger duldete als
völlig Unbekannte, gab er ihnen sehr wohl zu verstehen, daß er
ihre Gesellschaft nicht schätzte, und war immer erleichtert,
wenn sie wieder fortgingen.
Um ihn an größere Menschenmengen zu gewöhnen, nahm
Ayla ihn bei ihren Gängen durchs Lager mit und hielt ihn dabei
dicht bei Fuß. Für die Leute war es noch immer wie ein Schock,
wenn sie eine Frau vertrauensvoll mit einem Wolf an der Seite
dahingehen sahen. Das bereitete Ayla nach wie vor Unbehagen,
aber sie fand, es sei notwendig. So sehr die Lebensweisen von
Wolf und Mensch sich auch ähnelten – wenn es schon so war,
daß sein
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