Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
nicht auf einzutreten, woraufhin sie auch ohne erklärende Worte verstanden, daß sie zu spät und mit zuwenig gekommen waren. Freilich, allein ein Angebot abzugeben lohnte bereits. Dadurch verband man sich freundschaftlich mit dem Löwen-Lager, was wiederum den Einfluß erhöhte, und daran
würde man sich später wohlwollend erinnern.
Während sie draußen vorm Zelt standen und
Freundlichkeiten austauschten, bemerkte Frebec, daß Wolf
seine Abwehrhaltung einnahm und in Richtung auf den Fluß
ein bedrohliches Knurren ausstieß. Plötzlich stob er davon. »Ayla!« rief Frebec. »Wolf ist hinter irgend etwas her!« Sie stieß einen lauten, durchdringenden und drängenden Pfiff
aus und lief dann, um den Pfad hinunterzusehen, der zum Fluß
hinabführte. Sie sah Wolf mit einer neuen Gruppe im Gefolge
zurückkehren. Doch bei denen, die jetzt kamen, handelte es sich
nicht um Unbekannte.
»Das ist das Mammut-Lager«, sagte Ayla. »Ich sehe Vincavec.« Tulie wandte sich an Frebec. »Würdest du nachsehen, wo
Talut steckt? Wir sollten sie geziemend willkommen heißen,
und du kannst Marlie oder Valez sagen, sie wären endlich
angekommen.«
Frebec nickte und lief fort.
Die Abordnung, die zuvor gekommen war, ein Angebot
abzugeben, war zu neugierig, um jetzt zu verschwinden.
Vincavec war der erste, der sie erreichte, die Delegation, Ayla
und Tulie beisammen sah und begriff, worum es hier gegangen
sein mußte. Er nahm seine Tragekiepe ab und trat lächelnd vor. »Tulie, es muß glückverheißend sein, daß du die erste bist, der
wir begegnen, denn dich vor allem wollte ich sehen«, sagte
Vincavec, ergriff ihre beiden Hände, legte seine Wange an die
ihre und rieb sie wie ein guter alter Freund.
»Wieso willst du mich unbedingt sehen?« fragte Tulie und
lächelte wider Willen. Er war nun mal ein außerordentlich
liebenswürdiger Mann.
Er ging auf die Frage nicht ein. »Sag, warum sind eure Gäste
in ihre besten Gewänder gekleidet? Sollte es sich etwa um eine
Abordnung handeln?«
Eine Frau ergriff das Wort. »Wir haben ein Angebot
abgegeben, Ayla zu adoptieren«, erklärte sie würdevoll, als wäre
das Angebot keineswegs zurückgewiesen worden. »Mein Sohn
hat keine Schwester.«
Jeder sah, wie es in Vincavecs Kopf förmlich arbeitete, doch
dauerte es nur einen Augenblick, die Situation zu durchschauen
– und einen weiteren Augenblick, die Entscheidung zu treffen
und zu handeln.
»Nun, auch ich möchte später in aller Form ein Angebot
abgeben, doch damit du etwas hast, dir den Kopf darüber zu
zerbrechen, Tulie, möchte ich einen ganz besonderen Vorschlag
machen.« Mit diesen Worten wandte er sich an Ayla und ergriff
ihre beiden Hände: »Ich möchte den Vorschlag machen, mich
mit dir zusammenzutun, Ayla. Ich möchte, daß du zu mir kommst und dafür sorgst, daß der Name ›Herdfeuer des Mammut‹ nicht nur ein Name ist. Das kannst nur du tun, Ayla. Du kannst das Herdfeuer bringen, doch dafür biete ich dir das
Mammut-Lager.«
Ayla war erschrocken und überwältigt zugleich. Vincavec
wußte, daß sie sich bereits jemand anverlobt hatte. Warum hielt
er dann jetzt um sie an? Selbst wenn sie wollte – konnte sie es
sich plötzlich anders überlegen und sich mit ihm
zusammentun? Ließ sich ein Verlöbnis so leicht lösen? »Sie ist bereits Ranec verlobt«, sagte Tulie.
Vincavec sah die große Anführerin offen an und lächelte
vielsagend, dann griff er in einen Beutel und kam mit
geschlossener Hand wieder hervor. Als er sie aufmachte, lagen
auf seiner Handfläche zwei wunderschöne, zueinander passende
polierte Bernsteinstücke. »Ich hoffe, er kann einen guten
Brautpreis zahlen, Tulie.«
Tulie gingen die Augen über. Was er anbot, war
atemberaubend. De facto hatte er ihr bedeutet, ihren Preis zu
nennen, und zwar in Bernstein, wenn sie wollte, wiewohl sie das
nicht tun würde, jedenfalls nicht ausschließlich in Bernstein.
Ihre Augen verengten sich. »Darüber zu entscheiden obliegt
nicht mir, Vincavec. Ayla trifft ihre Wahl selbst.«
»Ich weiß, aber nimm diese als ein Geschenk von mir, Tulie –
für die Hilfe beim Bau meiner Erdhütte«, sagte er und nötigte
ihr die beiden Schmuckstücke auf.
Tulie war hin- und hergerissen. Nahm sie an, räumte sie ihm
einen Vorteil über sich ein; andererseits lag die Entscheidung
bei Ayla, und ob verlobt oder nicht, es stand ihr frei zu tun und
zu lassen, was sie wollte. Warum sollte sie, Tulie, etwas dagegen
haben? Sie schloß die Hand um den Bernstein, sah den triumphierenden Ausdruck auf
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