Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
eine
ganze Zeit bei uns gelebt, und für mich war er immer noch kein
richtiger Mensch – bis Ayla kam.«
»Ich glaube nicht, daß sie der Hochzeit so entgegenfiebert wie
du, Deegie«, sagte Tronie. »Irgend etwas stimmt nicht mit ihr.
Ob sie wohl krank ist?«
»Das glaube ich nicht«, sagte Deegie. »Warum?«
»Sie verhält sich einfach nicht richtig. Da bereitet sie sich
darauf vor, zusammengegeben zu werden, scheint sich aber kein
bißchen darauf zu freuen. Sie erhält eine Menge Geschenke,
scheint aber nicht glücklich zu sein. Sie müßte doch sein wie du!
Jedesmal wenn jemand zu dir von Hochzeit spricht, lächelst du
und bekommst einen verträumten Ausdruck im Gesicht.« »Nicht jeder freut sich auf die gleiche Weise auf seine
Hochzeit«, sagte Fralie.
»Sie hat Rydag sehr nahegestanden«, meinte Deegie. »Und sie
trauert um ihn, genauso wie Nezzie. Wäre er Mamutoi gewesen,
hätte man die Hochzeit vermutlich verschoben.«
»Das mit Rydag tut mir auch in der Seele weh, und er fehlt
mir – wie gut er mit Hartal umging!« sagte Tronie. »Allen tut es
uns leid. Aber er hat doch solche Schmerzen gelitten, daß es eine
Erlösung für ihn war. Ich glaube, da ist noch etwas anderes, das
Ayla bedrückt.«
Was sie nicht sagte, war, daß sie Aylas Verbindung mit Ranec
von Anfang an mit Skepsis betrachtet hatte. Es lag kein Grund vor, daraus jetzt ein großes Problem zu machen, doch meinte Deegie, daß Ayla trotz aller Gefühle, die Ranec ihr entgegenbrachte, mehr für Jondalar empfand – und das, obwohl sie ihm in letzter Zeit aus dem Weg gegangen war. Sie sah den großgewachsenen Zelandonii-Mann aus dem Zelt treten und auf den Mittelpunkt des Versammlungsplatzes zugehen. Er schien bekümmert.
Zwar nickte Jondalar den Leuten zu, die ihn begrüßten, als er vorüberkam, doch waren seine Gedanken nach innen gewendet. Bildete er es sich ein, oder ging Ayla ihm wirklich aus dem Weg? Nach all der Zeit, da er versucht hatte, ihr aus dem Weg zu gehen, konnte er es immer noch nicht ganz glauben, daß sie ihn jetzt, wo er gern allein mit ihr reden wollte, mied. Trotz ihres Verlöbnisses mit Ranec – irgendwie glaubte etwas in ihm immer noch, er brauche bloß aufzuhören, ihr aus dem Weg zu gehen, und schon würde sie wieder für ihn da sein. Nicht daß es so ausgesehen hatte, als brennte sie darauf, aber immerhin schien sie ihm gegenüber offen gewesen zu sein. Jetzt hingegen schien sie verschlossen. Er hatte sich zu der Überzeugung durchgerungen, daß die einzige Möglichkeit, das herauszufinden, darin bestand, offen mit ihr zu reden, nur gestaltete es sich schwierig für ihn, sie zu einem Zeitpunkt und an einem Ort zu finden, wo sie wirklich ungestört miteinander reden konnten.
Er sah Latie auf sich zukommen. Lächelnd blieb er stehen, um sie anzusehen. Die Art, wie sie vorüberging, hatte jetzt etwas Unabhängiges; zuversichtlich lächelte sie den Menschen zu, die ihr grüßend zunickten. Der Unterschied ist deutlich zu erkennen, dachte er. Er war immer wieder erstaunt zu sehen, welche Veränderungen die Ersten Riten nach sich zogen. Latie war weder ein Kind noch ein kicherndes unsicheres Mädchen mehr. Wiewohl immer noch jung, bewegte sie sich mit der Selbstsicherheit der erwachsenen Frau.
»Hallo, Jondalar«, sagte sie und lächelte.
»Hallo, Latie. Du siehst glücklich aus.« Eine bezaubernde junge Frau, dachte er und lächelte. Seine Augen vermittelten, was in ihm vorging. Sie reagierte mit angehaltenem Atem und geweiteten Augen darauf, und dann kam ein Ausdruck auf ihr Gesicht, mit dem sie auf seine unbewußte Aufforderung einging.
»Das bin ich auch. Ich war es nachgerade leid, immer an einem Ort zu sein. Dies ist die erste Gelegenheit, die sich mir bietet, einmal allein spazierenzugehen … oder mit jemand, den ich möchte.« Sie neigte sich ein wenig näher zu ihm und sah zu ihm auf. »Wohin willst du?«
»Ich suche Ayla. Hast du sie nicht gesehen?«
Latie stieß einen Seufzer aus und lächelte dann freundlich.
»Ja, sie hat sich ein bißchen Tricies Baby angesehen. Mamut sucht sie übrigens auch.«
»Du solltest nicht allen Vorwürfe machen«, sagte Mamut. Sie saßen beim warmen Sonnenschein im Schatten eines großen Erlenbuschs. »Es waren ja mehrere, die dagegen waren. Ich zum Beispiel.«
»Ich mach’ dir ja gar keinen Vorwurf. Ich weiß nicht, ob ich überhaupt jemand etwas vorwerfe – aber warum können sie es denn nicht erkennen? Wie kommen die Leute dazu, sie so sehr zu hassen?«
»Vielleicht gerade
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