Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
singen:
»A-yh, ah-wihr, Ayla ist willkommen hier. «
Ums Haar hätte sie den Stoßzahn fahren lassen. Diese spontane Freundschaftsgeste hatte sie nicht erwartet, und beim nächsten Stampfen, als das gesamte Löwen-Lager – Männer wie Frauen – den Vers aufgriff und mitsang, mußte sie gegen Tränen ankämpfen. Für Ayla war das mehr als eine schlichte Botschaft, mit der ihr Wärme und Freundschaft übermittelt wurden – sie war akzeptiert worden, in ihren Kreis aufgenommen. Ayla hatte die Anderen gefunden, und diese hatten sie mit offenen Armen aufgenommen.
Tronie löste Nezzie ab, und nach einer Weile schickte Fralie sich an, auf sie zuzutreten, doch schüttelte Ayla den Kopf, und die Schwangere trat nur allzu bereitwillig zurück. Ayla war froh, daß sie das tat, obwohl es ihren Verdacht bekräftigte, daß es Fralie gar nicht gutging. Sie fuhr fort, das Korn zu zerstampfen, bis Nezzie herzutrat, um den Mehlstaub in das Sieb zu schütten und den Mörser wieder zu füllen.
Diesmal war es Jondalar, der vortrat, um einen Teil der mühsamen und kräfteraubenden Arbeit zu übernehmen, die es bedeutete, das Wildkorn mit der Hand zu zerstampfen, wobei freilich die Gemeinschaftsarbeit und der Spaß, den man der Arbeit abgewann, vieles erleichterte. Allerdings runzelte er die Stirn, als es Ranec war, der sich ihm gegenüberstellte. Plötzlich lud die Spannung zwischen dem dunkelhäutigen Mann und dem blonden Besucher die freundliche Atmosphäre, die bisher geherrscht hatte, mit einer leicht feindseligen Unterströmung auf.
Als die beiden Männer, die den schweren Stoßzahn zwischen sich hin- und hergehen ließen, den Rhythmus beschleunigten, merkten das alle. Der Rhythmus wurde immer schneller, die Singsang-Begleitung verstummte, dafür begannen ein paar Leute, auf den Boden zu stampfen und mit den Händen den Takt zu schlagen. Unmerklich legten Jondalar und Ranec immer mehr Kraft in die Stöße, und so wurde aus der gemeinsamen Bemühung ein Wettstreit von Kraft und Willen. Der Stößel wurde von einem Mann derart gewaltsam hinuntergestoßen, daß er dem anderen förmlich in die Hände sprang, mit denen dieser zupackte und den Stampfer seinerseits in den Mörser hineinstieß.
Schweißperlen bildeten sich ihnen auf der Stirn, liefen ihnen das Gesicht hinunter und in die Augen. Ihre Lederhemden saugten sich mit Schweiß voll, doch sie fuhren fort, sich gegenseitig anzutreiben, den Stampfer schneller und immer schneller und machtvoller und immer machtvoller in den Mörser hineinfahren zu lassen. Es schien kein Ende nehmen zu wollen, keiner wollte aufgeben. Beider Atem ging keuchend und ließ erkennen, wie ausgepumpt und erledigt sie bereits waren, doch war keiner von beiden bereit aufzugeben. Keiner wollte dem anderen nachgeben; lieber, so schien es, wären sie vorher gestorben.
Ayla war außer sich. Sie stießen viel zu gewalttätig zu! Panik in den Augen, sah sie Talut an. Dieser nickte Danug zu, und die beiden stellten sich neben die verbissen das Korn stampfenden Männer, die entschlossen schienen, sich gegenseitig umzubringen.
»Es ist Zeit, daß ihr euch ablösen laßt!« erklärte Talut mit Donnerstimmen, stieß Jondalar beiseite und packte den hochspringenden Stößel. Und als er wieder hochschoß, entriß Danug ihn Ranec.
Beide Männer waren fast besinnungslos vor Erschöpfung und schienen kaum mitzubekommen, daß der Wettstreit zu Ende war. Keuchend und nach Atem ringend, wankten sie davon. Alles in Ayla drängte sie, ihnen zu Hilfe zu eilen, doch eine seltsame Unentschiedenheit hielt sie zurück. Dumpf ahnte sie, daß sie der Anlaß zu dieser Auseinandersetzung war; und zu wem von beiden sie auch zuerst ging, der andere würde das Gesicht verlieren. Auch die Angehörigen des Löwen-Lagers schienen ernstlich besorgt; doch auch sie zögerten, den beiden Erschöpften Hilfe anzubieten. Falls sie ihre Besorgnis zum Ausdruck brachten, so fürchteten sie, würde damit anerkannt, daß es sich bei dem Wettstreit zwischen den beiden Männern um mehr denn nur ein Spiel gehandelt hatte; damit unterstützten sie nur eine Rivalität, die keiner so recht ernst nehmen wollte.
Während Jondalar und Ranec sich allmählich wieder erholten, wandte die Aufmerksamkeit sich wieder Talut und Danug zu, die immer noch das Korn stampften – und gleichfalls einen Wettstreit daraus machten. Einen freundschaftlichen, jedoch nicht minder verbissen. Talut grinste seinem jugendlichen Ebenbild zu, als er den schweren Stößel in den
Weitere Kostenlose Bücher