Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
unbedingt dabei, daß sie anders war. Trotz allen beifälligen Lächelns und trotz der Zustimmung konnte sie sich eines gewissen Unbehagens nicht erwehren. Sie wußte nicht, wie sie Tronie ihre Frage beantworten sollte. Sie wußte nicht, wie erklären, daß man so viel Zeit hat, wie man will, wenn man alleine ist, um wie ein Vogel flöten zu lernen und zu üben. Wenn es niemand gibt, an den man sich wenden könnte, sind einem ein Pferd, ja, sogar ein Löwe willkommene Gefährten. Wenn man nicht weiß, daß es außer einem selbst noch jemand der eigenen Art gibt, nutzt man jede Gelegenheit, den Kontakt mit anderen Lebewesen aufzunehmen, gleich wer sie sind.
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Am frühen Nachmittag machte sich eine allgemeine Mattigkeit im Löwen-Lager breit. Obwohl die Hauptmahlzeit des Tages für gewöhnlich mittags eingenommen wurde, ließen die meisten sie heute aus oder begnügten sich mit ein paar Happen von dem, was vom Frühstück übriggeblieben war, und das alles nur in freudiger Erwartung einer abendlichen Schmauserei, die um so köstlicher zu werden versprach, als sie nicht im geringsten geplant gewesen war. Die Leute entspannten; einige machten ein Nickerchen, andere sahen gelegentlich nach, wie es mit den jeweiligen Gerichten stand, für die sie verantwortlich waren, und ein paar plauderten halblaut; dennoch hing ein Gefühl gespannter Erwartung in der Luft, und alle freuten sich auf einen besonderen Abend.
Im Inneren des Langhauses lauschten Ayla und Tronie Deegies ausführlichem Bericht über ihren Besuch in Branags Lager sowie über die Vorbereitungen für ihr Zusammengegebenwerden. Anfangs hörte Ayla interessiert zu, doch als die beiden jungen Mamutoi-Frauen anfingen, über diesen Verwandten und jene Freundin zu reden, die sie – Ayla – nicht kannte, stand sie auf, sagte, sie wolle nachsehen, wie es mit den Schneehühnern stand, und ging nach draußen. Deegies Erzählungen von Branag und die auf sie zukommende Feier des Zusammengebens ließ Ayla über ihre Beziehung zu Jondalar nachdenken. Er hatte zwar gesagt, er liebe sie, doch hatte er ihr nie vorgeschlagen, sich mit ihr zusammenzutun, oder von einem entsprechenden Fest gesprochen, und das stimmte sie nachdenklich.
Sie ging hinüber zu der Kochstelle, wo ihre Vögel garten, vergewisserte sich, daß auch genug Hitze vorhanden war, und bemerkte dann, daß Jondalar zusammen mit Wymez und Danug ein wenig abseits an jener Stelle hockte wo sie für gewöhnlich arbeitete und wo die anderen Leute nicht so oft hinkamen. Sie wußte, worüber sie redeten, und selbst wenn sie es nicht gewußt hätte, sie hätte es erraten können. Der Platz, an dem sie saßen, war übersät von Splittern und anderem Flintabfall. Außerdem lagen in Reichweite der drei Werkzeugmacher auf dem Boden Feuersteinknollen, die noch darauf warteten, bearbeitet zu werden. Ayla fragte sich oft, wie die drei nur soviel Zeit damit verbringen konnten, über nichts anderes als über Feuersteine und Steinschlägerei zu reden. Mittlerweile mußte doch wirklich alles gesagt worden sein, was es darüber zu sagen gab!
Bevor Jondalar gekommen war, hatte Ayla ihre eigenen Steinwerkzeuge gefertigt, die ihren Bedürfnissen angemessen gedient hatten. In ihrer Kindheit hatte sie Droog, dem Werkzeugmacher des Clan, oft bei seiner Arbeit zugeschaut und gelernt, indem sie seine Techniken nachahmte. Doch bereits beim ersten Mal, als sie Jondalar bei seiner Arbeit zugesehen hatte, war ihr klargewesen, daß sein Können das ihre bei weitem überstieg; zwar gab es zwischen Droog und Jondalar eine gewisse ähnliche Einstellung dem Handwerk gegenüber, möglicherweise sogar ähnliche Fähigkeiten, doch was Jondalars Methoden sowie die Werkzeuge betraf, die er herstellte, so waren diese mit denen des Clans einfach nicht zu vergleichen. Ayla war nun neugierig, welcher Methoden Wymez sich bediente, und hatte vorgehabt, ihn irgendwann einmal danach zu fragen, und so fand sie jetzt, eigentlich sei dies ein geeigneter Augenblick, das zu tun.
Jondalar war sich ihrer Gegenwart bewußt gewesen von dem Augenblick an, da sie aus der Erdhütte herausgetreten war, bemühte sich aber, sich das nicht anmerken zu lassen. Er war sich sicher, daß sie ihm, seit sie ihr Können mit der Schleuder auf der Steppe vorgeführt hatte, aus dem Weg gegangen war, und er wollte ihr seine Aufmerksamkeit nicht aufzwingen, wenn sie ihn nicht um sich haben wollte. Sein Magen verkrampfte sich daher gewaltig, als sie auf sie zukam, und er hatte Angst,
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