Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
war. Ich habe es dir nicht gesagt."
"Doch, das hast du. Nur nicht mit Worten. Du hast mir beigebracht, so zu sprechen wie die Leute vom Clan, mit Zeichen und Bewegungen, nicht mit Worten. Ich habe nur versucht, deine Zeichen zu verstehen."
"Aber solche Zeichen habe ich dir nicht beigebracht. Solche Zeichen kenne ich überhaupt nicht. Und du hast schon gewußt, wie du mir Wonnen bereiten kannst, bevor du überhaupt eine Ahnung von der Sprache des Clans hattest." Sie runzelte die Stirn und versuchte so angestrengt ihn zu verstehen, daß er lächeln mußte.
"Das stimmt. aber auch unter Leuten, die sprechen, gibt es eine Sprache ohne Worte, und sie bedienen sich dieser Sprache öfter, als sie selber wissen."
"Ja, das ist mir auch aufgefallen", sagte Ayla und dachte daran, wie gut sie Leute verstehen konnte, indem sie einfach auf die Zeichen achtete, die sie unbewußt gaben.
Sie hatte ihm in die Augen geschaut, in ihnen die Liebe gesehen, die er für sie empfand, und die Freude, die ihm ihre Fragen zu machen schienen, deshalb fiel ihr der abwesende Blick auf, der darin erschienen war. Er blickte ins Leere, als sähe er einen Augenblick lang etwas, das weit fort war, und sie wußte, daß er an jemand anderen dachte.
"Insbesondere, wenn derjenige, von dem du lernen willst, bereit ist, dich zu lehren", sagte sie. "Zolena war eine gute Lehrmeisterin."
Er errötete, schaute sie verblüfft und überrascht an, dann wendete er rasch den Kopf ab.
"Und ich habe viel von dir gelernt", setzte sie hinzu; sie wußte, daß ihre Bemerkung ihn verstört hatte.
Er schien nicht fähig, sie direkt anzusehen. Als er es schließlich doch tat, war seine Stirn tief gerunzelt. "Ayla, woher wußtest du, was ich dachte?" fragte er.
"Ich meine, ich weiß, daß du über besondere Gaben verfügst. Deshalb hat Mamut dich am Herdfeuer des Mammut aufgenommen, als du adoptiert wurdest. Aber manchmal habe ich das Gefühl, als könntest du meine Gedanken lesen. Hast du diese Gedanken aus meinem Kopf geholt?"
Sie spürte seine Betroffenheit und etwas noch Beunruhigenderes, fast eine Angst vor ihr. Eine ähnliche Angst hatte sie beim Sommertreffen bei manchen Mamutoi gespürt, die glaubten, sie besäße übernatürliche Fähigkeiten. Doch dieser Glaube beruhte zumeist auf Mißverständnissen. Wie die Vorstellung, sie hätte eine spezielle Gewalt über Tiere, während sie sie nur in ganz jungem Alter gefunden und wie Kinder aufgezogen hatte.
Aber seit der Clans-Versammlung hatte sich etwas geändert. Sie hatte nicht vorgehabt, etwas von dem geheimen Wurzeltrank, den sie für die Mog-urs hergestellt hatte, zu trinken, aber es war ihr nichts anderes übrig geblieben, und ebensowenig, in die Höhle zu gehen und auf die Mog-urs zu stoßen - es war einfach geschehen. Als sie sie alle im Kreis in der Höhle sitzen sah und in die schwarze Leere stürzte, die in ihr war, glaubte sie, sie wäre für immer verloren und würde niemals den Rückweg finden. Dann hatte Creb irgendwie ihr Inneres erreicht und zu ihr gesprochen. Seit jener Zeit gab es Augenblicke, in denen sie Dinge sah, die sie nicht zu erklären wußte. Wie damals, als Mamut sie mitnahm, als er auf die Suche ging, und sie spürte, wie sie sich erhob und ihm über die Steppe folgte. Doch als sie Jondalar anschaute und den seltsamen Blick sah, mit dem er sie musterte, überkam sie die Angst, daß sie ihn verlieren könnte.
Sie schaute ihn im Licht des Feuers an, dann senkte sie den Blick. Zwischen ihnen durfte es keine Unwahrheit, keine Lüge geben. Nicht, daß sie imstande gewesen wäre, absichtlich etwas zu behaupten, was nicht wahr war, aber nicht einmal das "Ungesagtlassen", das der Clan zur Wahrung persönlicher Geheimnisse gelten ließ, durfte jetzt zwischen sie treten. Sie mußte ihm die Wahrheit sagen, selbst auf die Gefahr hin, daß sie ihn verlor, und herauszufinden versuchen, was ihn so beunruhigte. Sie schaute ihn an und suchte nach den richtigen Worten.
"Ich kann deine Gedanken nicht lesen, Jondalar, aber ich konnte sie erraten. Sprachen wir nicht gerade von den Zeichen, die Menschen machen, wenn sie mit Worten sprechen? Auch du hast solche Zeichen gemacht, und ich - ich achte auf sie, und oftmals weiß ich, was sie bedeuten. Weil ich dich so sehr liebe und dich genau kennenlernen will, achte ich immer sehr genau auf das, was du tust." Sie wendete für einen Moment den Blick ab, dann setzte sie hinzu: "Und gerade das ist es, was die Frauen des Clans lernen müssen."
Sie stellte
Weitere Kostenlose Bücher