Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
zurückkehrte, lagen bereits mehrere runde Steine, die Ayla am Flußufer gesammelt hatte, im Feuer und wurden zum Kochen erhitzt, und über den Flammen steckte an einem Spieß ein schönes Stück Wisentfleisch mit brutzelnder Fettschicht. Sie hatte die Wurzeln von Rohrkolben gewaschen und kleingeschnitten und andere weiße, stärkehaltige Wurzeln mit dunkelbrauner Haut, sogenannte Erdkastanien, die sie in einen dicht geflochtenen und halb mit Wasser gefüllten Korb geben wollte, in dem bereits die fettreiche Zunge lag. Daneben
lag ein Häufchen unzerteilter wilder Möhren. Jondalar setzte seine Holzlast ab.
"Es riecht schon jetzt sehr gut", sagte er, "Was machst du?"
"Ich brate das Wisentfleisch, aber das ist vor allem für unterwegs. Kalter Braten läßt sich gut essen. Für heute abend und morgen früh koche ich eine Suppe aus Zunge und Gemüse und dem bißchen, das wir aus dem Federgras-Lager noch übrig
haben", sagte sie.
Mit einem Stock schob sie einen heißen Stein aus dem Feuer und bürstete mit einem Zweig die Asche hoch und ließ ihn in den Korb mit dem Wasser und der Zunge fallen. Er zischte und dampfte, als er seine Wärme an das Wasser abgab. Rasch ließ sie noch mehrere weitere Steine in den Korbtopf fallen, tat etwas von dem Gemüse hinein, das sie kleingeschnitten hatte, und legte einen Deckel auf.
"Was willst du in die Suppe hineintun?"
Ayla lächelte. Er wollte immer Einzelheiten ihrer Kochkunst wissen, sogar welche Kräuter sie für den Morgentee benutzt hatte. Auch das gehörte zu den Eigenheiten, die sie überrascht hatten, denn keinem Mann des Clans wäre es, selbst wenn er neugierig gewesen wäre, auch nur im Traum eingefallen, an etwas Interesse zu bekunden, das zu den Aufgaben der Frauen gehört.
"Außer diesen Wurzeln werde ich noch die grünen Spitzen der Rohrkolben hineingehen, die Knollen, Blätter und Blüten dieser grünen Zwiebeln, Scheibchen von geschälten Distelzweigen, die Erbsen aus den Tragantschoten und noch ein wenig Salbei und Thymianblätter zum Würzen. Vielleicht auch noch etwas Huflattich, damit es ein bißchen salzig schmeckt. Wenn wir in die Nähe des Beran-Sees kommen, können wir uns vielleicht etwas Salz beschaffen. Als ich beim Clan lebte, hatten wir immer Salz. Ich denke, ich werde auch etwas von dem Meerrettich zerstampfen, den ich heute morgen gefunden habe. Daß er gut zu Braten schmeckt, habe ich erst beim Sommertreffen gelernt. Er ist scharf, und man braucht nicht viel, aber er gibt dem Heisch einen besonderen Geschmack. Ich könnte mir denken, daß du ihn magst." '
„Und wozu sind diese Blätter da?“ fragte er und deuteteauf ein Bündel, das sie gepflückt, aber bisher noch nicht er-wähnt hatte. Ihn interessierte immer, was sie verwendete und wie sie über Eßbares dachte. Er genoß ihre Kochkunst, aber sie war ungewöhnlich. Sie hatte einzigartige Methoden, Speisen einen Geschmack und ein Aroma zu geben, und was sie kochte,
schmeckte ganz anders als das, was er von früher gewohnt war.
"Das ist Gänsefuß. Den wickle ich um den Braten, wenn ich ihn abgenommen habe." Sie hielt inne und schaute nach-denklich drein. "Vielleicht streue ich auch noch etwas Holz-asche auf den Braten; die schmeckt auch ein bißchen salzig. Und vielleicht gebe ich von dem Braten, wenn er gebräunt ist, etwas in die Suppe; das gibt ihr Farbe und Geschmack. Mit der Zunge und dem Braten sollte es eine gute, nahrhafte Brühe werden, und für morgen früh könnte ich noch etwas von dem Getreide kochen, das wir mitgebracht haben. Von der Zunge müßte auch noch etwas übrigbleiben, aber das wickle ich in getrocknetes Gras und packe es für später in meinen Fleischbehälter. Da ist noch Platz genug, neben dem rohen Fleisch, das wir für Wolf mitgenommen haben. So lange es nachts kalt bleibt, sollte es sich eine ganze Weile halten."
"Klingt köstlich. Ich kann es kaum abwarten", sagte Jondalar. "Übrigens, hast du einen Korb, den ich benutzen kann?"
"Ja, aber wozu?"
"Das verrate ich dir, wenn ich zurück bin", sagte er. Ayla wendete den Braten, dann holte sie die Steine aus der Suppe und legte weitere heiße hinein. Während das Essen kochte, sortierte sie die Pflanzen aus, die sie als "Wolf-Abschreckmittel" vorgesehen hatte; die Pflanzen, die sie für den eigenen Gebrauch gesammelt hatte, legte sie beiseite. Sie zerstieß ein Stück Meerrettichwurzel für ihre Mahlzeit in ein bißchen Suppenbrühe. Dann machte sie sich daran, den Rest der scharfen Wurzel und die anderen
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