Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
brauchen nicht nur Nahrungsmittel für uns selbst. Wir reisen nicht allein, sondern mit zwei Pferden und einem Wolf, die wir wohlbehalten über das Eis bringen müssen.
Wir brauchen Vorräte für uns und für sie und, wichtiger noch, Wasser. Ginge es nur um Ayla und mich, so könnten wir Schnee oder Eis in einen Beutel füllen und unter unseren Überwürfen an der Haut schmelzen lassen. Für uns, und vielleicht auch noch für Wolf, würde das genügen. Aber Pferde trinken viel. Mit dem Beutel allein geht das nicht. Wir müssen einen Weg finden, wie wir genug Wasser schmelzen können, um uns alle über den Gletscher zu bringen."
Ein Stimmengewirr erhob sich mit Vorschlägen und Ideen, doch Laduni gebot ihnen Ruhe. "Laß uns morgen darüber nachdenken. Heute wollen wir feiern."
Zur Vorführung des Feuermachens war Madenia an den Zeremonienherd getreten, und Jondalar konnte kaum übersehen, daß sie ihn nicht aus den Augen ließ. Er hatte sie öfter angelächelt, woraufhin sie errötet war und weggeschaut hatte. Als sich die Versammlung auflöste, ging er zu ihr hinüber.
"Nun, Madenia", sagte er. "Was sagst du zu dem Feuerstein?"
Aus Erfahrung kannte er die Anziehungskraft, die er auf schüchterne junge Frauen, die sich vor dem Unbekannten noch ein wenig fürchteten, vor ihren Ersten Riten ausübte. Er hatte es immer genossen, das Geschenk der Mutter während der Ersten Riten weiterzugeben; deshalb hatte man ihn oft ausgewählt und dazu aufgefordert. Madenias Angst war begründeter als die vage Scheu der meisten jungen Frauen, und er hätte es als eine besondere Herausforderung betrachtet, ihr Freude statt Schmerz zu bereiten.
Er sah sie mit seinen blauen Augen an und wünschte, sie
könnten lange genug bleiben, um an den Sommerriten der Losadunai teilzunehmen. Er wollte ihr wirklich gern helfen, ihre Ängste zu überwinden, und fand sie sehr attraktiv, was wiederum seine männliche Anziehungskraft voll zur Geltung brachte. Der gutaussehende und sensible Mann lächelte sie an, bis ihr der Atem wegblieb.
Madenia hatte solch ein Gefühl nie zuvor verspürt. Ihr wurde warm, und sie empfand einen überwältigenden Drang, ihn zu berühren und seine Berührung zu spüren. Aber sie wußte mit solchen Gefühlen noch nichts anzufangen. Sie versuchte ein Lächeln und riß, verwirrt und erschrocken über die eigene Kühnheit, die Augen auf und öffnete den Mund. Dann schrak sie zurück und rannte fast in ihre Wohnhöhle. Ihre Mutter folgte ihr. Jondalar kannte diese Reaktion junger Frauen und fand sie nur noch bezaubernder.
"Was hast du mit dem armen Kind gemacht, Jondalar?" fragte Filonia.
Er sah sie an und schenkte auch ihr ein Lächeln.
"Oder muß ich gar nicht erst fragen? Ich erinnere mich an eine Zeit, als ich vor diesem Blick dahinschmolz. Doch auch dein Bruder hatte seine Reize."
"Und er hat dich gesegnet zurückgelassen", sagte Jondalar. "Du siehst gut aus, Filonia. Glücklich."
"Ja, Thonolan hinterließ mir ein Stück seines Geistes, und ich bin glücklich. Du aber auch, oder? Wo hast du Ayla getroffen?"
"Das ist eine lange Geschichte; sie hat mir das Leben gerettet. Für Thonolan war es allerdings zu spät."
"Ein Höhlenlöwe soll ihn gerissen haben. Es tut mir sehr leid."
Jondalar nickte und schloß die Augen.
"Mutter?" fragte ein Mädchen. Es war Thonolia, Hand in Hand mit Solandias ältester Tochter. "Darf ich an Salias Herdfeuer essen und mit dem Wolf spielen? Er mag Kinder, weißt du."
Filonia sah Jondalar besorgt an.
"Wolf wird ihr nichts tun. Er mag Kinder wirklich. Frag
Solandia. Sie läßt ihn ihr Kind hüten. Wolf ist mit Kindern auf-gewachsen, Ayla hat ihn erzogen, und sie ist wirklich eine bemerkenswerte Frau, besonders im Umgang mit Tieren."
"Also gut, Thonolia. Dieser Mann würde nie zulassen, daß dir etwas zustößt. Er ist der Bruder des Mannes, nach dem man dich genannt hat."
Verdegia beklagte sich bei Laduni.
"Wann tut endlich jemand etwas gegen diesen Charoli? Wie lange muß eine Mutter noch warten? Vielleicht müssen wir den Rat der Mutter zusammenrufen, wenn ihr Männer dazu nicht Manns genug seid. Sie würden die Gefühle einer Mutter sicher verstehen und schnell zu einer Entscheidung kommen."
Losaduna war zu Laduni getreten, um ihm Beistand zu leisten. Die Einberufung eines Mütterrats war normalerweise der letzte Ausweg. Sie konnte ernsthafte Konsequenzen haben und wurde nur getätigt, wenn es gar keine andere Lösung zu geben schien. "Laß uns nichts
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