Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
normal, einen lebendigen Wolf zu berühren.
Jondalar grinste. "Wolf hält dich für mich. Es war schon immer davon die Rede, daß wir uns ähnlich sehen. Demnächst sitzt du auch auf Renners Rücken." Er hielt dem Mann die Leine hin.
"Hast du Renners Rücken gesagt?" fragte Dalanar.
"Wir haben einen großen Teil unserer Reise auf dem Rücken dieser Pferde zurückgelegt. Renner ist der Name des Hengstes", erklärte Jondalar. "Aylas Pferd heißt Winnie, und dieses Tier, das dich so ins Herz geschlossen hat, hört auf den Namen Wolf."
"Wie um alles in der Welt seid ihr an einen Wolf und Pferde gekommen?" fragte Dalanar.
"Dalanar, wo sind deine guten Manieren geblieben? Es gibt noch mehr Leute, die Ayla kennenlernen und ihre Geschichte hören wollen."
Ayla, die noch immer über die Ähnlichkeit von Dalanar und Jondalar staunte, starrte auf die Frau, die eben gesprochen hatte. Ihr Anblick war einmalig. Ihr Haar, das sie zu einem Knoten geschlungen hatte, war tiefschwarz und zeigte an den
Schläfen graue Strähnen. Doch am meisten war Ayla von ihrem Gesicht beeindruckt. Es war rund und flach, mit hohen Wangenknochen, einer winzigen Nase und dunklen Schlitzaugen. Das Lächeln der Frau stand im Widerspruch zu ihrer strengen Stimme, und Dalanar strahlte, als er zu ihr hinabblickte.
"Jerika!" sagte Jondalar und lächelte entzückt.
"Jondalar! Schön, daß du wieder da bist!" Sie umarmten sich liebevoll. "Wenn dieser große Bär da, mein Mann, schon keine Manieren hat, stell du mich doch deiner Begleiterin vor! Und dann kannst du mir erklären, warum die Tiere dort stehenbleiben und nicht weglaufen", sagte die Frau.
Sie bewegte sich zwischen den beiden Männern, und beide überragten sie. Sie reichte ihnen kaum bis an die Brust. Mit ihren raschen und energischen Bewegungen erinnerte sie Ayla an einen Vogel.
"Jerika von den Lanzadonii, dies ist Ayla von den Mamutoi", sagte Jondalar und strahlte die kleine Frau mit Dalanars Augen an. "Sie kann dir besser als ich erklären, warum sie nicht weglaufen."
"Du bist willkommen, Ayla von den Mamutoi", sagte Jerika mit ausgestreckten Händen. "Und die Tiere, wenn du dafür einstehst, daß sie sich auch weiterhin so ungewöhnlich benehmen." Sie musterte Wolf, während sie sprach.
"Ich grüße dich, Jerika von den Lanzadonii." Ayla erwiderte das Lächeln. Der Händedruck der kleinen Frau war überraschend fest. "Wolf wird niemandem etwas tun, wenn man uns nicht bedroht. Er ist sanftmütig, aber er beschützt uns. Die Pferde sind Fremden gegenüber etwas scheu und könnten ausschlagen, wenn man sie bedrängt. Es ist besser, sich von ihnen fernzuhalten, bis sie Vertrauen gefaßt haben."
"Gut, daß du uns das gesagt hast", erwiderte die Frau und sah Ayla entwaffnend an. "Du hast eine lange Reise hinter dir. Die Mamutoi leben hinter dem Ende des Großen Mutter Flusses."
"Kennst du das Land der Mammutjäger?" fragte Ayla überrascht.
"Ja. Ich kenne auch Länder, die noch weiter im Osten liegen, obwohl ich mich daran nicht so gut erinnere. Hochaman wird dir gern davon erzählen. Nichts macht ihm mehr Vergnügen als neue Zuhörer für seine Geschichten. Er und meine Mutter kamen aus einer Gegend an der endlosen See, dort, wo das Land im Osten aufhört. Ich wurde unterwegs geboren. Wir lebten bei vielen Stämmen, manchmal über Jahre. Ich erinnere mich noch an die Mamutoi. Gute Leute. Ausgezeichnete Jäger. Sie wollten, daß wir bei ihnen bleiben", sagte Jerika.
"Weshalb seid ihr nicht geblieben?"
"Hochaman wollte sich noch nicht niederlassen. Er hat immer davon geträumt, ans Ende der Welt zu reisen, um zu sehen, wie weit das Land reicht. Kurz nachdem meine Mutter gestorben war, trafen wir Dalanar und beschlossen, zu bleiben und ihm zu helfen, die Feuersteinmine zu schürfen. Aber Hochaman hat sich seinen Traum erfüllt", sagte Jerika und blickte zu Dalanar auf. "Er ist von der endlosen See im Osten bis zu den großen Meeren im Westen gereist. Dalanar begleitete ihn vor einigen Jahren auf dem letzten Teil seiner Reise und trug ihn ein gutes Stück des Weges auf dem Rücken. Hochaman weinte, als er das große westliche Meer sah, und badete sein Gesicht in dem salzigen Wasser. Heute kann er nicht mehr so gut gehen, aber kein Mensch ist so weit gereist wie Hochaman."
"Außer dir, Jerika", fügte Dalanar stolz hinzu. "Du bist fast genau so weit herumgekommen."
"Nun ja." Sie zuckte die Achseln. "Mir blieb gar nichts anderes übrig. Aber da schimpfe ich erst mit Dalanar, und
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