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Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter

Titel: Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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der Abhang ging in ebenes Gelände über. Vor ihnen lag die Steppe in einer Dunkelheit, die nur durch die von einem verborgenen Mond erhellten Wolken etwas gemildert wurde.
    Sie hielten an, und Ayla stieg ab, damit Winnie verschnaufen konnte. Jondalar folgte ihrem Beispiel, und dann standen sie nebeneinander und versuchten, in die Dunkelheit hinabzu-schauen. Ein weiterer Blitz flammte auf, aber er war weiter ent-fernt, und der Donner, der folgte, war nur ein leises Grollen. Fassungslos starrten sie über den schwarzen Abgrund des Tales hinweg, und obwohl sie nichts sehen konnten, wußten sie, daß dort eine große Verwüstung vor sich ging. Sie begriffen, daß sie einer Katastrophe entkommen waren, aber ihr Ausmaß war ihnen noch nicht klar.
    Ayla spürte ein seltsames Prickeln auf der Kopfhaut und hörte ein schwaches Knistern. Ihre Nase vermerkte den beißenden Geruch von Ozon; ein eigentümlicher Brandgeruch, der aber nicht von einem irdischen Feuer kam. Plötzlich kam ihr der Gedanke, daß es der Geruch des Wetterleuchtens am Himmel sein mußte. Sie riß die Augen vor Staunen und Angst weit auf, und dann griff sie, einen Moment lang von Panik ergriffen, nach Jondalars Arm. Eine hohe Kiefer, in dem Abhang unter ihnen verwurzelt, aber durch eine zutageliegende Felsmasse vor den schneidenden Winden geschützt und hoch in die Steppe aufragend, erglühte in einem gespenstisch blauen Licht.
    Jondalar legte einen Arm um sie, wollte sie beschützen, wurde aber von denselben Gefühlen und Ängsten beherrscht und wußte, daß er gegen dieses unirdische Feuer nichts ausrichten konnte. Er konnte sie nur fest an sich drücken. Dann zuckte ein knisternder Blitz durch die leuchtenden Wolken, verzweigte sich zu einem Netz aus feurigen Pfeilen, fuhr in die hohe Kiefer und tauchte das Tal und die Steppe in taghelles Licht. Das Krachen war so laut, daß Aylas Ohren dröhnten, und sie fuhr zusammen, als das Donnergetöse am Himmel widerhallte. In diesem Augenblick der Helligkeit sahen sie das Chaos, dem sie in letzter Minuteentkommen waren.
    Das grüne Tal war verheert. Die gesamte Talsohle war eine brodelnde, wirbelnde Wassermasse. Ihnen gegenüber, auf dem jenseitigen Abhang, hatte ein Erdrutsch Felsbrocken und Bäume in das tosende Wasser gestürzt und eine rohe Narbe aus rötlicher Erde hinterlassen.
    Die sintflutartigen Niederschläge hatte ihre Ursache in einem nicht ungewöhnlichen Zusammentreffen verschiedener Um-stände. Begonnen hatte es in den Bergen im Westen und tiefem Druck über dem Binnenmeer; warme, sehr feuchte Luft war hochgewirbelt worden und hatte riesige, wogende Wolken mit weißen, windgepeitschten Kuppen gebildet, die dann über den Bergen hängengeblieben waren. In diese warme Luft war eine Kaltfront eingebrochen und hatte ein ungewöhnlich heftiges Gewitter ausgelöst. Der Regen war vom Himmel hernieder-geprasselt, hatte Mulden und Senken gefüllt, die sich in Bächen entleerten, hatte Felsbrocken überflutet und war in Flüsse ge-strömt, die die Wassermassen nicht zu fassen vermochten. Die reißende Flut, durch den anhaltenden Wolkenbruch verstärkt, gewann an Kraft, raste steile Abhänge hinunter, ergoß sich über Hindernisse, füllte weitere Flüsse und vereinigte sich zu einer Sturmwoge von wütender, alles vernichtender Kraft.
    Als die Flutwelle das grüne Tal erreichte, ergoß sie sich über den Wasserfall und begrub mit Donnergetöse das ganze Tal unter sich. Aber die üppige grüne Senke hielt für das brodelnde Wasser eine Überraschung bereit. Zu jener Zeit hoben ausge-dehnte Erdbewegungen das Land an, bewirkten, daß das kleine
    Binnenmeer im Süden flacher wurde, und öffneten Durchlässe zu dem größeren Meer, das noch weiter im Süden lag. Im Laufe der vorausgegangenen Jahrzehnte hatte diese Anhebung das Tal abgeriegelt; es war ein flaches Becken entstanden, das der Fluß gefüllt hatte, und hinter dem natürlichen Damm hatte das Wasser einen Abfluß gefunden; das kleine Wasserreservoir
     
    hatte sich entleert, aber genügend Feuchtigkeit für ein bewaldetes Tal inmitten der trockenen Steppe hinterlassen.
    Ein zweiter Erdrutsch weiter flußabwärts hatte die Abflußrinne wieder verstopft: die tosende Flut konnte das Tal nicht verlassen und hatte es überschwemmt.
    Jondalar hatte das Gefühl, als könnte die Szene unter ihm nur einem Alptraum entstammen; er konnte kaum glauben, was er sah. Das ganze Tal war ein wildes Gewirbel aus Schlamm und Felsbrocken, das in alle Richtungen toste und

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