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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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die Wisente von der Pferchfalle wegbewegt haben. Heute wäre es schwerer, sie dorthin zu treiben.«
Joharran blickte enttäuscht drein, doch nur für einen Moment. Als Jäger musste man flexibel sein. Die Tiere zogen, wohin es ihnen beliebte, und richteten sich nicht nach den Wünschen der Menschen. Erfolgreich war ein Jäger, wenn er sich den Gege benheiten anzupassen wusste.
»Gut, wir werden das der Zelandoni mitteilen«, sagte er.
Auf ein Signal hin begaben sich alle zu einer Stelle zwischen dem Feuer und dem hinteren Teil des Platzes und stellten sich mit dem Gesicht zur Felswand auf. Hier war es wärmer, weil man näher am Feuer war und so viele Leute dicht beieinander standen. Ayla war froh darum. Als sie trotz der Dunkelheit in schnellem Schritt zum Versammlungsplatz hinunter gelaufen waren, war ihr durch die Bewegung noch warm gewesen, aber beim Herumstehen und Warten hatte sie zu frösteln begonnen. Wolf drückte sich gegen ihr Bein. Ihm war nicht wohl in der Nähe von so vielen fremden Menschen. Ayla kniete nieder, um ihn zu beruhigen.
Auf der rauen senkrechten Felswand tanzte der Widerschein des großen Feuers, das hinter ihnen brannte. Plötzlich erklang ein lautes Heulen, begleitet von Trommelschlägen. Dann kam ein weiterer Ton hinzu, bei dem Ayla spürte, wie sich ihr die Haare im Nacken sträubten. Es lief ihr kalt den Rücken hinun ter, denn einen solchen Ton hatte sie bislang nur einmal gehört ... beim Clan-Miething! Den Klang des Schwirrholzes würde sie niemals vergessen. Es war der Klang, der die Geister her beirief!
Sie wusste, dass der Ton mit einem flachen, ovalen Stück Holz oder Knochen erzeugt wurde. An einem Ende war ein Loch angebracht und darin eine Schnur befestigt. Das unheim liche Heulen kam zustande, wenn man das Schwirrholz an der Schnur kreisen ließ. Das Wissen darum, wie der Ton entstand, verringerte aber keineswegs die Wirkung. Ein Klang wie dieser konnte nur aus der Geisterwelt kommen. Dass es sie schauder te, hatte jedoch einen anderen Grund: Sie konnte kaum glau ben, dass die Zelandonii die Geister auf ganz ähnliche Weise riefen wie der Clan.
Ayla drängte sich dicht an Jondalar, weil sie sich in seiner Nähe sicherer fühlte. Dann sah sie im Widerschein des Feuers eine Bewegung, die nicht von den Flammen herrühren konnte. Über die Felswand huschte die Schattengestalt eines Riesenhir sches mit großen Geweihschaufeln und einem Buckel am Wi derrist. Sie drehte sich um, konnte aber hinter sich nichts er kennen und wusste nicht, ob sie sich den Schatten nur einge bildet hatte. Doch als sie sich erneut zur Wand drehte, zuckte der Riesenhirsch wieder darüber, und dann ein Wisent.
Der Klang des Schwirrholzes verebbte allmählich, doch mitt lerweile hatte ein leiser, klagender Gesang eingesetzt. Zunächst hatte Ayla ihn kaum wahrgenommen. Er stieg höher, und ein schweres, rhythmisches Dröhnen begann. Das Klagen verwob sich kontrapunktisch mit dem anschwellenden, von der Fels wand widerhallenden Dröhnen, und beide wurden lauter. Aylas Schläfen pochten im Takt des stetigen Born, Born, Bom, und im selben Tempo und ebenso laut hörte sie ihr eigenes Herz schlagen. Es kam ihr vor, als sei ihr ganzer Körper zu Eis ge froren. Die Beine ließen sich nicht bewegen, und sie war wie versteinert. Ihr brach der kalte Schweiß aus. Dann hörte das Dröhnen mit einem Mal auf, und das Klagen formte sich zu Worten.
»O Geist des Riesenhirsches. Wir huldigen dir.«
»Wir huldigen dir«, wiederholten die Umstehenden, deren Stimmen aber noch nicht ganz im Gleichklang waren.
Der Gesang im Hintergrund schwoll an.
»Geist des Wisents, wir wollen, dass du dich näherst. Wir huldigen dir.«
»Wir huldigen dir.« Jetzt war der Chor einstimmig geworden.
»Die Kinder der Mutter wollen, dass du zu ihnen kommst. Wir rufen dich.«
»Wir rufen dich.«
»Unsterbliche Seelen, ihr fürchtet keinen Tod. Wir huldigen euch.«
»Wir huldigen euch.« Der Chor der Jäger wurde immer lau ter, und der Gesang schriller und drängender: »Das Ende eures sterblichen Lebens rückt nahe, wir rufen euch.«
Noch lauter antworteten die Jäger: »Wir rufen euch.«
»Gib sie uns und vergieß keine Tränen. Wir huldigen euch.«
»Wir huldigen euch.«
»Die Mutter will es so, hört ihr uns? Wir rufen euch.« Der Ton war nun fordernd.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, schrie Ayla mit den ande ren: »Wir rufen euch. Wir rufen euch. WIR RUFEN EUCH!«
Sie sah eine kaum erkennbare dunkle Gestalt Bewegungen vollführen, die auf die

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