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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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einige variier ten ihre Melodie in Anlehnung an die Flöten. Da jede Person nach ihrem eigenen Rhythmus einsetzte und abbrach, mussten nie zwei zur gleichen Zeit Atem schöpfen. So entstand ein durchgehender Klang aus sich mischenden Tönen, der sich wandelte, wenn neue Stimmen einsetzten und ein Gewebe un terschiedlicher Melodien bildete. Manchmal klang es atonal, manchmal fast harmonisch, und alles verschmolz zu einer selt sam berückenden, schönen und machtvolle Fuge.
Die anderen drei in Aylas Kreis sangen ebenfalls. Die Erste schuf mit ihrem vollen Alt melodische Tonfolgen. Mejera hielt sich mit ihrer klaren, hohen Stimme an eine einfache Folge von Wiederholungen. Auch Jondalar gab immer die gleiche Folge von Tönen von sich, als hätte er sie geübt und sei mit ihnen zufrieden. Sie wunderte sich, dass er nicht häufiger sang.
Ayla hatte das Gefühl, als solle sie ebenfalls einstimmen, a ber sie hatte es während ihres Lebens bei den Mamutoi schon versucht und wusste, dass sie den Ton nicht halten konnte. Als Kind hatte sie es nie gelernt, und jetzt war es zu spät dazu. Dann hörte sie einen der Männer in der Nähe eintönig brum men. Das erinnerte sie daran, wie sie, als sie allein im Tal ge lebt hatte, sich nachts ein ähnlich monotones Lied vorgesummt hatte, um sich in den Schlaf zu wiegen, während sie den Le derumhang, in dem sie ihren Sohn auf der Hüfte getragen hatte, zu einem Ball zusammengedrückt gegen den Bauch presste.
Sehr leise stimmte sie ein monotones Summen an und stellte fest, dass sie dabei leicht mit dem Oberkörper schaukelte. Die Musik hatte etwas Beruhigendes an sich. Ihr eigenes Summen entspannte sie, und die Geräusche der anderen wirkten tröstlich und behütend, als würden sie sie unterstützen und wären da, wenn sie sie brauchte. Sie machten es ihr leichter, sich der Wirkung des Tranks zu überlassen, die sie immer stärker wahr nahm.
Überdeutlich spürte sie die Hände, die sie hielt. Die Hand der jungen Frau zu ihrer Linken war kühl, feucht und so nachgie big, dass sie ihr fast entglitt. Ayla drückte Mejeras Hand, spür te aber so gut wie keinen Gegendruck; selbst ihr Händedruck war jung und schüchtern. Im Gegensatz dazu war die Hand zu ihrer Rechten warm, trocken und leicht schwielig. Jondalar hielt die ihre fest umschlossen, so wie ihre Hand die seine. Sie konnte den harten Stein zwischen ihnen deutlich und fast un angenehm spüren, dennoch vermittelte seine Hand ihr ein Ge fühl von Sicherheit.
Obwohl sie nichts sah, war sie sicher, dass die flache Seite des Opals in ihrer Handfläche lag, was bedeutete, dass die drei eckige Kante gegen Jondalars drückte. Als sie sich auf den Stein konzentrierte, schien er sich zu erwärmen, bis er ihre Körpertemperatur erreicht hatte und sie sogar überstieg, und ihr schien, als werde er ein Teil von ihnen beiden oder sie ein Teil von ihm. Sie erinnerte sich, wie sie beim Betreten der Höhle ein Schauer überlaufen hatte und wie sich die Kälte beim wei teren Eindringen verstärkt hatte, doch in diesem Moment, auf dem Lederpolster sitzend und in warme Kleidung gehüllt, war ihr überhaupt nicht kalt.
Ihre Aufmerksamkeit wurde von dem Feuer in der Lampe ge fesselt, das sie an die angenehme Wärme eines Herdfeuers denken ließ. Sie starrte in die kleine, flackernde Flamme und nahm sie bald nur noch als kleinen Leuchtpunkt wahr. Alles andere verschwamm. Das kleine, gelbe Licht züngelte und zitterte. Mit jedem Atemzug schien sie auf die Flamme einzuwir ken.
Als sie genauer hinsah, fiel ihr auf, dass das Licht nicht aus schließlich gelb war. Um es ruhig betrachten zu können, hielt sie vorübergehend den Atem an. Das kleine Feuer war in der Mitte rund; das hellste Gelb strahlte am Ende des Dochts und verjüngte sich nach oben. Innerhalb des Gelbs gab es eine dunklere Fläche, die unter der Dochtspitze begann und sich zu einem Zylinder verengte. Unterhalb des Gelbs, dort, wo die Flamme ansetze, schimmerte das Feuer bläulich.
Sie hatte das Feuer in einer Öllampe nie mit solcher Intensität betrachtet. Als sie wieder atmete, schien das flackernde Feuer mit der Lampe zu spielen, als bewege es sich zum Takt der Musik. Als sie über die glänzende Oberfläche des geschmolze nen Talgs tanzte und sich darin spiegelte, wurde sie immer strahlender, erfüllte Aylas Gesichtskreis mit ihrem sanften Glühen, bis sie nichts anderes mehr wahrnahm.
Ayla fühlte sich luftig, gewichtslos, sorglos, als könne sie in die Wärme des Lichtes emporschweben.

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